Auenwald: Firma Lorch ist jetzt in japanischer Hand

Der Daihen-Konzern aus Osaka übernimmt den Hersteller von Schweißgeräten aus Auenwald. Das weltweit agierende japanische Unternehmen mit 3800 Mitarbeitern garantiert die Arbeitsplätze der 280 Lorch-Beschäftigten und investiert in den Standort in Mittelbrüden.

Auch künftig wird die Firma Lorch unter diesem Namen Schweißanlagen in Mittelbrüden fertigen. Foto: Lorch

© bildhuebsche Fotografie - Andrea

Auch künftig wird die Firma Lorch unter diesem Namen Schweißanlagen in Mittelbrüden fertigen. Foto: Lorch

Von Florian Muhl

Auenwald. Die Stimmung beim Pressetermin gestern Nachmittag bei Lorch in Mittelbrüden könnte besser nicht sein. Zufriedene und strahlende Gesichter auf beiden Seiten, sowohl bei der kleinen Delegation aus dem japanischen Osaka mit Firmenchef Shoichiro Minomo an der Spitze, als auch bei den Verantwortlichen der Lorch Schweißtechnik GmbH unter der Leitung des Geschäftsführenden Gesellschafters Wolfgang Grüb. Firmenübernahme? Da klingen den Betroffenen meist die Ohren. Häufig die Angst vor einem Investor, der nur Geld abschöpfen will. Viele befürchten auch, dass Arbeitsplätze in Gefahr sind.

Die jetzt erfolgte Übernahme des Herstellers von Schweißanlagen ist ein gutes Beispiel dafür, dass so ein von beiden Seiten gewollter Zusammenschluss ganz anders laufen kann. Nachdem die Geschäftsführung am Mittwochnachmittag rund 250 anwesende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von insgesamt 280 Beschäftigten von der Übernahme in Kenntnis setzt und die Gründe und Ziele dafür intensiv erläutert und sich auch die neuen Eigner aus Osaka vorstellen und sich erklären, gibt es stehenden Applaus, „Standing Ovations“, berichtet Wolfgang Grüb. Denn ihnen wurde verständlich und überzeugend vermittelt, dass jetzt an der Spitze ein sehr verlässlicher und vertrauenswürdiger neuer Gesellschafter agiert, der sich im Kern nicht anders verhalten wird, wie der seitherige Eigentümer.

Unternehmen können ewig jung bleiben

Wie kam es zu der Übernahme? „Das hat im Prinzip zwei Gründe“, sagt Wolfgang Grüb. „Unternehmer werden immer älter. Dann besteht die Gefahr, dass auch das Unternehmen irgendwann alt und langsam wird“, so der 60-Jährige. „Das Gute ist, dass Unternehmen nicht mit einem älter werdenden Unternehmer sterben müssen, sondern Unternehmen können ewig jung bleiben“, so der Geschäftsführer, der zusammen mit seinem Vater Helmut Grüb im Jahr 1986 den Betrieb übernommen hat, den Bruno Lorch 1957 in Fellbach gegründet hatte.

Aber wie gestaltet man die Nachfolge? „Macht man’s in der Familie oder gibt es eine andere Lösung?“ laute in so einer Situation die Frage. Stelle man den Erfolg des Unternehmens in den Mittelpunkt, was die Mitarbeiter verdient hätten, dann sollte die Blutsverwandtschaft nicht unbedingt das Auswahlkriterium für eine Nachfolgeregelung sein. Wichtiger sei die Antwort auf die Frage: Was braucht das Unternehmen, um in der nächsten Generation erfolgreich sein zu können.

Das Thema Unternehmensnachfolge, über das Grüb viele Jahre nachdachte, wollte er bis zu seinem 60. Geburtstag geregelt wissen. Das hat er geschafft. Wenn sich der Unternehmer den Markt anschaut, die Technologietrends, auf das blickt, was da passiert, dann sei es nur logisch gewesen zu sagen: „Die nächste Wachstumsgeneration allein aus eigener Kraft zu bewältigen, das wäre riskant und vielleicht auch vermessen.“ Deswegen müsse man sich die Frage stellen: „Ist man nicht gemeinsam stärker, als verbissen alleine? Das haben wir entschieden als Familie.“

Daihen als strategischer Investor

Für Wolfgang Grüb stand fest: „Wir brauchen einen strategischen Investor, der gut mit meinem Baby umgeht. Der also nicht das Ding kauft und dann platt macht, sondern diesen Weg, den das Lorch-Team hinter sich gebracht hat, weitergeht.“ Er habe schon eine Wunschliste im Kopf gehabt. „Und da stand OTC ganz oben.“ OTC, wie die Brancheninsider den Daihen-Konzern nennen, steht für Osaka Transformer Company. Mit Transformatoren hatte das 1919 gegründete Unternehmen begonnen, dann kamen Schweißanlagen dazu und dann die Robotertechnik.

„Daihen ist unglaublich stark im asiatischen Markt und unglaublich stark als Roboterhersteller, aber nicht so stark in Europa“, erklärt Wolfgang Grüb. Daihen wiederum will in Europa wachsen und investieren und suchte sich deshalb das Unternehmen, das als Hersteller von Lichtbogenschweißmaschinen in Deutschland auf Platz 2 und in Europa auf Platz 5 steht. Der 60-Jährige nennt es eine „Erfolgsstory“, dass sich diese beiden Partner gefunden haben.

Auenwald: Firma Lorch ist jetzt in japanischer Hand

Lorch wird auch künftig als deutscher Premiumanbieter eigenständig agieren. Die Zentrale in Auenwald mit Entwicklung, Produktion, Verwaltung und Vertrieb bleibt unverändert erhalten und soll weiter ausgebaut werden. Wolfgang Grüb wird nach einer Übergangsphase als Geschäftsführer in den Beirat des Unternehmens wechseln. Neuer Geschäftsführer wird Mitte nächsten Jahres Jens Gauder, der derzeit Vertriebsleiter ist. Die Geschäftsführung wird zudem noch erweitert werden. Das technologische Know-how von Daihen und Lorch soll genutzt werden, um zukünftig noch bessere High-end-Lösungen für den europäischen und weltweiten Markt zu entwickeln und anzubieten. Um dies zu erreichen, soll sehr stark in die Entwicklung neuer Produkte investiert werden. Auch die Auslandsgesellschaften von Lorch bleiben unverändert bestehen und das leistungsfähige Partnernetz wird weiterhin durch den Lorch Vertrieb betreut.

„Die Übernahme von Lorch in die Daihen-Gruppe stellt für uns einen bedeutenden strategischen Schritt dar, um unsere Präsenz auf dem europäischen Markt und darüber hinaus zu stärken“, erklärt Shoichiro Minomo. Der Chef des Daihen-Konzerns versichert, dass die Arbeitsplätze gesichert sind und durch die Übernahme auch der Standort in Mittelbrüden. An eine Verlagerung der Produktion sei nicht gedacht. „Made in Germany ist uns wichtig“, so Shoichiro Minomo.

Daten und Fakten zu den beiden Unternehmen Auenwald und Osaka

Lorch Die Lorch Schweißtechnik GmbH ist nach eigenen Angaben einer der führenden Hersteller von Lichtbogen-Schweißanlagen für industrielle Anwendungen, das anspruchsvolle Metallhandwerk sowie für den Einsatz in der Automation mit Robotern und kollaborativen Robotersystemen. Für optimale Schweißergebnisse sorgen zudem selbstentwickelte Helm- und Brenner-Systeme. Seit über 65 Jahren werden Qualitätsanlagen von Lorch in Deutschland (Auenwald) in einer der weltweit modernsten Schweißanlagenfertigungen hergestellt und in mehr als 60 Länder exportiert.

Das in Auenwald ansässige Unternehmen mit einem Jahresumsatz von rund 55 Millionen Euro hat 280 Beschäftigte, davon 220 am Standort Mittelbrüden.

Daihen Die Daihen Corporation mit Sitz in Osaka/Japan ist ein weltweit agierender Konzern mit über 3800 Mitarbeitern mit einem jährlichen Umsatz von etwa 1,2 Milliarden Euro. Die Grundlagenforschung in den Entwicklungsschwerpunkten Schweißtechnik, Mechatronik und Roboterfabrikation sowie deren Produktion und weltweiter Vertrieb gehören zu den Kernkompetenzen.

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Erstellt:
1. September 2023, 06:00 Uhr

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