„Backnang blüht auf“: Zukunftsvisionen vom Garten-Youtuber
Mit Gartenwettbewerben, Workshops und Vorträgen sowie Patenschaften für öffentliche Flächen macht die städtische Initiative von sich reden. Zur Jahresabschlussfeier im Technikforum referiert mit Max Herczog ein bekannter Youtuber.
Von Carmen Warstat
Backnang. Ob Pilzbestimmung per App, das richtige Befüllen eines Hochbeets, der Anbau von Ingwer oder Selbstversorgerküche – auf dem beliebten Youtube-Kanal @dergartenkanal von Max Herczog erfahren Interessierte allerhand Wissenswertes rund um das Gärtnern und das Dasein als Selbstversorger. Im Rahmen der Abschlussfeier der städtischen Initiative „Backnang blüht auf“, die Bürgerinnen und Bürger durch Aktionen und Veranstaltungen zur Schaffung insektenfreundlicher Gärten, Terrassen und Balkone inspirieren möchte, war der junge Gartenfreund nun im Backnanger Technikforum zu Gast.
Zuvor fand zum Auftakt des Abends eine Pflanzen- und Samentauschbörse statt, bei der auch der Naturschutzbund und der Naturgartenverein mit Ständen vor Ort waren, um interessierte Bürger zu informieren und ins Gespräch über naturnahes Gärtnern zu kommen. Der Ortsverein des Naturgarten e.V. nennt sich Brommhommel (was schwäbisch für brummende Hummel ist.) Er wurde 2019 von Margit Kraubmann und Frank Ehret gegründet. Auf Anfrage suchen die Mitglieder gern Leute in ihren Gärten auf, um sie zu beraten und Ideen zu vermitteln. Hier geht es nicht um große Planungen, sondern um kleine Anstöße, denn ein Umrichten des gesamten Gartens ist gar nicht nötig, um Lebensräume für Tiere zu schaffen. „Man muss nur ein wenig Unordnung zulassen“, sagt Margit Kraubmann. Stein- oder Laubhaufen, Brach- und Wasserflächen bieten ideale Lebensräume für viele Arten und erfordern zum Teil wenig Aufwand.
So kamen die Fachleute mit den Besucherinnen und Besuchern ins Gespräch, dabei ging es beispielsweise um Brennnesseln und Ameisenjungfern, um Wildbienen und kleine Echsen. Eine Besucherin hatte Kerne der „Indianerbanane“ dabei. Die Früchte dieses Frostkeimers hätten einen „Geschmack zwischen Banane und Mango“, berichtete die Dame und lud Interessierte zur Besichtigung der relativ kleinen, aber wertvollen Pflanze in ihren Garten ein.
Auch andere Bürgerinnen und Bürger hatten Saatgut mitgebracht: Kartäusernelke und Tagetes, Zaunrübe und Wegwarte oder Mariendistel standen unter anderem zur Auswahl, und die Stadt hatte Mischungen für Blühwiesen ausgelegt – da ergab sich der Erfahrungsaustausch wie von selbst. An ihren grünen Schürzen sofort erkennbar, standen die städtischen Mitarbeiter für Gespräche bereit. Austausch, Information und Bereicherung stünden im Mittelpunkt der Tauschbörse, erläuterten Annegret Klose vom Tiefbau- und Edith Reihle vom Stadtplanungsamt.
Überlegungen zur Selbstversorgungund zur Zukunft des Gärtnerns
Diesem Anliegen folgte auch der zweite Teil der Veranstaltung: Max Herczog sprach vor den knapp 100 Gästen zum Thema „Selbstversorgung im 21. Jahrhundert“ und stellte sogleich klar, dass er sich keineswegs als Influencer verstehe, gleichwohl er vorab als solcher angekündigt wurde. Das seien doch diese Schmink-Ladys, die Produkte verkauften mit dem Versprechen, dass sie das Leben „super“ machten. Er aber sei ein Content Creator, ein Sinnstifter also, oder wenn man so wolle ein „Sinnfluencer“.
Herczog berichtete von seiner frühen Kindheit in Opas Garten im Raum Karlsruhe, sein Interesse an der Gärtnerei sei stetig gewachsen, und als die erste Freundin ins Boot kam, wurde auch Kulinarik ein Thema. Gelbe oder grüne Tomaten sollten auf den Speisezettel – nur ein Beispiel für die Experimentierfreude des jungen Mannes. Er begann sich selbst bei der Arbeit zu filmen und online zu gehen. Obwohl anfangs nur seine Hände sichtbar waren, war der Erfolg überwältigend und bestärkte Herczog, dessen Youtube-Kanal seit Januar 2015 mehr als 23 Millionen Aufrufe verzeichnet, in seinem Tun. „Auch wir gehen inzwischen crossmedial“, formulierte der Erste Bürgermeister Stefan Setzer bei der Begrüßung des Referenten und kündigte an, dass die Veranstaltung live gestreamt werde und auch weiterhin auf dem Youtube-Kanal der Stadt zu sehen sei.
Wer sich von den Ausführungen Max Herczogs praktische Tipps über Selbstversorgung erhofft hatte, wurde etwas enttäuscht, denn der referierte eher über theoretische Grundlagen. Die Fallbeispiele und Analysen waren jedoch informativ und die Erläuterungen zu modernen Formen des Gärtnerns wie Guerilla-Gardening beziehungsweise Urban Gardening sehr aufschlussreich. Der Referent bezeichnete die Backnanger Initiative „Backnang blüht auf“ als legales Gegenstück zum Guerilla-Gardening und lobte die Resonanz: Schon 160 Bürger sind dabei, wie Vertreter der Stadt mitteilten. Fragen der Zuhörer an Max Herczog betrafen unter anderem die Zukunft des Gartenbaus. Herczog prophezeite sinngemäß: Wir werden hier kein Wüstenklima kriegen. Trotzdem werde die Gärtnerei in 50 Jahren ganz anders aussehen.
Im dritten und letzten Teil der Veranstaltung erfolgte die Preisverleihung an die Gewinner der Gartenwettbewerbe. Wobei laut Annegret Klose das Motto galt: „Jeder gewinnt!“ Aufgrund der hohen Qualität der Ergebnisse würden nur erste und zweite Preise sowie Anerkennungen verliehen, sagte die städtische Mitarbeiterin und erläuterte, dass die Jury durch Berater von Nabu, BUND und Naturgartenverein unterstützt wurde.