Backnang: Krav Maga für Kids
Bambinikurs in der Selbstverteidigungstechnik Krav Maga in der Backnanger Tausschule. Im Vordergrund steht nicht der Kampf, sondern das Training, sich der eigenen Stärken bewusst zu werden und sie in entsprechenden Situationen auch einsetzen zu können.
Von Simone Schneider-Seebeck
Backnang. Mit großer Begeisterung wuseln die Kleinen durch den Gymnastikraum an der Tausschule. Insgesamt fünf kleine Jungs und ein Mädchen zwischen vier und fünf Jahren sind es, die, begleitet von Mama, Papa oder Oma, auf spielerische Weise lernen, sich gegenüber anderen zu behaupten. Und das nicht einfach, indem man auf einen möglichen Gegner einschlägt.
Für Trainer Felix Remppel von Krav Maga Body&Mind hat dabei der Aufbau des Selbstbewusstseins Priorität und nicht das Kämpfen: „Jeder Kampf, der erst gar nicht zustande kommt, ist ein gewonnener Kampf.“ Er möchte seinen Schülerinnen und Schülern, und seien sie auch noch so klein, ein Bewusstsein für ihr eigenes Können vermitteln: „Was kann ich tun?“
Die Macht der Stimme war im letzten Kurs Thema
An drei Nachmittagen findet der Krav-Maga-Bambinikurs statt. Den ersten Nachmittag haben die Kinder noch gut in Erinnerung. Als Trainer Remppel nachfragt, kommt die Antwort fix – um die Macht der Stimme war es beim letzten Mal gegangen. Und auch an diesem Nachmittag wird der Einsatz dieser Superkraft wieder geübt. Doch zunächst geht es mit motorischen Übungen los. Sie steigern sich von Mal zu Mal im Schwierigkeitsgrad. Immer wieder motiviert Remppel dabei: „Ihr könnt mehr, als ihr denkt.“
Start für den Stopptanz. Doch da wird nicht einfach getanzt, nach jedem Stopp verwandeln sich die Kinder und natürlich auch ihre Begleitpersonen in Tiere. Als Springböcke hüpfen sie elegant durch die Halle, als Löwen laufen sie auf Händen und Füßen und brüllen, was das Zeug hält. Vor allem das Brüllen macht den Kleinen großen Spaß. Lustig auch, als sie sich in Affen verwandeln. Da werden die Eltern zum Baum, der beklettert wird, ohne den Boden zu berühren. Geschickt sind die Kinder, eines schwingt wie ein Äffchen an Papas Arm. Spaß macht auch das Entenwatscheln: „Als wenn ich im Wald aufs Klo muss“, erläutert Trainer Felix Remppel und kann sich selbst ein Lachen nicht verkneifen.
Kinder dürfen sich wehren,wenn sie ein ungutes Gefühl haben
Nach einem weiteren Bewegungsspiel kommt wieder die Stimme zum Einsatz. „Was kann ich mit der Stimme machen?“, fragt Remppel seine kleinen Schüler. „Die Eltern fernsteuern.“ – „Mich verteidigen. Stopp!“ – „Nein, das will ich nicht!“ – „Jemand zu Hilfe holen.“ Wichtig ist ihm, den Kindern zu vermitteln, dass sie sich durchaus wehren dürfen, wenn sie ein ungutes Gefühl haben, wenn ihnen etwas unangenehm ist. So ermuntert er sie dazu, gern etwas mehr Abstand zu halten, denn „bei einer Armlänge könnte man sich trotzdem eine Ohrfeige einfangen“. Wieder wird auch geübt, laut „Nein“ zu sagen. Erst zaudern die Kinder noch, doch bald hallt die Halle vom lauten und bestimmten „Nein!“ wider. Den Lärmpegel sieht Felix Remppel dabei gelassen: „Es kann ruhig auch laut werden.“
Bei der nächsten Übung muss man sich ziemlich konzentrieren – die Eltern flüstern den Kindern einen Begriff zu, sie müssen sich den merken, einen kleinen Parcours zurücklegen und den Begriff dann laut herausrufen. Das wird mit jeder Runde gesteigert, durch immer mehr Begriffe und verschiedene Arten, sich fortzubewegen. Konzentration auf etwas Bestimmtes, auch wenn es ringsherum laut ist und Ablenkung droht, ist hier das Übungsziel.
Vielleicht der Höhepunkt dieser Stunde ist die nächste Aufgabe. Jedes Kind erhält eine Wäscheklammer, die am T-Shirt befestigt wird, und die Eltern müssen die Klammer klauen. Das Kind soll lernen, die Hand abzuwehren. „Hierbei ist schlagen okay. Das tut den Eltern auch nicht weh“, ermuntert Trainer Remppel. Erst zögerlich, dann immer selbstbewusster verteidigen die Kinder ihre Klammer.
„Es ist wichtig, dass ihr es sagt, wenn etwas nicht in Ordnung ist“, betont der Trainer immer wieder. Und so geht es auch beim vorletzten Spiel darum, ein Kissen vor den Eltern zu „schützen“: „Lass meine Kokosnuss in Ruhe!“, erschallt es laut und selbstbewusst. Schnell ist die Stunde vorbei.
Der Unterricht stärkt auch die Eltern-Kind-Bindung
Den gemeinsamen Kurs für Kinder und Eltern sieht Remppel nicht nur als Beitrag, um das Selbstbewusstsein und die Selbsteinschätzung der Kinder zu verbessern. „Diese eine Stunde stärkt die Eltern-Kind-Bindung“, ist der Instruktor überzeugt, der selbst Kinder hat. „Die Kinder werden durch das Training selbstbewusster, lernen aber auch soziale Kompetenz.“ Wichtig ist es ihm zu vermitteln, dass jeder seine Stärken hat, die man einsetzen kann. In Kindern stecke oft mehr, als sie selbst glauben.
Ursprung Krav Maga ist als Selbstverteidigungssystem der israelischen Armee bekannt. Die Ursprünge sind gar nicht so alt – es wurde entwickelt von Imrich Lichtenfeld, der Anfang des 20. Jahrhunderts in der Slowakei aufwuchs und eine Selbstverteidigungstechnik mit Elementen des Ju-Jutsu, Boxens und Ringens entwickelte, die es ihm und seinen jüdischen Mitbürgern ermöglichen sollte, sich vor antisemitischen Übergriffen zu schützen. Lichtenfeld hatte von seinem Vater, einem Polizisten, die Techniken des Ju-Jutsu erlernt und war später als Boxer und Ringer erfolgreich. 1940 gelang ihm mithilfe der britischen Armee die Flucht ins Exil nach Palästina. Dort wurde er Nahkampfausbilder für die israelische Armee.
Anwendung Heutzutage findet es in drei Bereichen Anwendung: für Sicherheitspersonal und Polizei sowie für das Militär wie auch für Privatpersonen. Hierbei wird vor allem Wert auf Selbstverteidigung, Stressresistenz und Deeskalation gelegt.