Backnang: Neues Gesicht für die Sulzbacher Straße
Die Stadt Backnang will die wichtige Ausfallstraße in den kommenden Jahren umgestalten. Vor allem für Fußgänger und Radfahrer soll sie attraktiver werden. Bei einem Ortstermin machte sich der Verkehrsausschuss des Gemeinderats ein Bild von der Situation.
Von Kornelius Fritz
Backnang. Was es heißt, als Fußgänger in der Sulzbacher Straße unterwegs zu sein, konnten die Mitglieder des Verkehrsausschusses am Donnerstagabend selbst erleben. Auf schmalen Gehwegen mussten sich die Stadträtinnen und Stadträte teilweise im Gänsemarsch bewegen und gleichzeitig aufpassen, dass sie von den Autos, die mit hoher Geschwindigkeit durch die Pfützen am Straßenrand fuhren, nicht nass gespritzt wurden. Dass man hier nicht viele Fußgänger trifft, ist verständlich.
Auch Baubürgermeister Stefan Setzer hält die Situation in der Sulzbacher Straße für „stark verbesserungsbedürftig“. Beim Ortstermin mit dem Verkehrsausschuss erläuterte er zusammen mit Tobias Großmann, dem Leiter des Stadtplanungsamts, die Defizite. So wird die wichtige Ausfallstraße bisher stark vom Autoverkehr dominiert, für Radfahrer gibt es zwar Schutzstreifen, diese sind aber an etlichen Stellen zu schmal und führen teilweise direkt an parkenden Autos vorbei. Fahrradfahrer, die hier unterwegs sind, müssen deshalb stets auf der Hut sein, damit sie nicht gegen eine plötzlich geöffnete Autotür fahren.
Auch für Fußgänger ist die Situation nicht sehr attraktiv. Zwar gibt es Gehwege, doch die sind nicht nur schmal, sondern bieten im Sommer auch keinerlei Schatten. Bäume findet man entlang der Sulzbacher Straße so gut wie keine.
Die Fahrspuren sollen schmaler, die Gehwege breiter werden
Für die Stadtplaner ist deshalb klar, dass hier in den nächsten Jahren etwas passieren muss. Was genau, wissen sie aber noch nicht. „Die Problemlagen sind sehr komplex. Sobald wir etwas verändern, hat das Auswirkungen auf Dritte“, erklärt Stefan Setzer. Um Bäume am Straßenrand pflanzen zu können, müssten beispielsweise Parkplätze wegfallen, die von Anwohnern und Gewerbetreibenden aber dringend benötigt werden. Der Stadt sei es deshalb wichtig, die Betroffenen anzuhören und in den Planungsprozess miteinzubeziehen, sagte der Erste Bürgermeister. Der Ortstermin am Donnerstag diente dazu, die Probleme zu beschreiben und über erste Verbesserungsvorschläge zu diskutieren.
„Wir wollen den Straßenraum neu aufteilen“, erklärte Tobias Großmann die Grundidee. So könnte man etwa im unteren Bereich nahe der Bleichwiese die Fahrbahnbreite reduzieren und gleichzeitig die Gehwege von 2,20 Meter auf mehr als vier Meter verbreitern. Das würde Gastronomen die Möglichkeit geben, in diesem Bereich auch draußen Tische aufzustellen. Großmann kann sich sogar vorstellen, diesen Abschnitt nach einem entsprechenden Umbau in einen verkehrsberuhigten Geschäftsbereich umzuwandeln. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit läge dort dann nur noch bei 20 Kilometern pro Stunde.
Im weiteren Verlauf der Sulzbacher Straße würde man Platz gewinnen, wenn Parkplätze wegfallen. Dafür könnte man dort dann die Radwege verbreitern und Baumbeete anlegen. Letzteres würde dem Stadtklima guttun und auch vor Überschwemmungen schützen. Simulationen hatten nämlich gezeigt, dass die Gefahr einer Überflutung bei Starkregen in der Sulzbacher Straße besonders hoch ist.
Von einer attraktiveren Sulzbacher Straße erhofft sich die Stadt auch positive Effekte auf die Gebäude und ihre Nutzung. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Investitionen im öffentlichen Raum oft private nach sich ziehen und sich in der Folge attraktivere Geschäfte und Dienstleister ansiedeln. Zuletzt konnte man in der Sulzbacher Straße eher den gegenteiligen Effekt beobachten: Die Straße ist inzwischen zu einer Art Hotspot für Wettbüros geworden.
Idee einer Tempo-20-Zone stößt auf Skepsis
Handlungsbedarf sehen auch die Mitglieder des Verkehrsausschusses. „Es ist wichtig, die Straße für Fußgänger zu attraktivieren“, findet Meike Ribbeck (Christliche Initiative Backnang). Allerdings stoßen manche Überlegungen auch auf Skepsis. So warnte Gerhard Ketterer (CDU) vor einer Tempo-20-Zone in der Sulzbacher Straße, denn das würde auch bedeuten, dass es in diesem Bereich weder Zebrastreifen noch Fußgängerampeln geben dürfte. „Ich habe Bedenken, ob dann noch alle über die Straße kommen würden“, sagte Ketterer. Wichtig ist dem CDU-Stadtrat außerdem, dass die Leistungsfähigkeit der Straße erhalten bleibt.
Diskutiert wurde auch darüber, ob es vertretbar ist, Parkplätze zu opfern, die eigentlich gebraucht werden. Neben den Anwohnern und Firmen müsse man auch an Besucher und Lieferverkehr denken, mahnte Siglinde Lohrmann (SPD). Volker Dyken (Backnanger Demokraten) brachte deshalb die Idee ins Spiel, die parkenden Autos an einer oder mehreren Stellen zu bündeln, etwa in einem zentralen Parkhaus.
Noch sind das aber nur Gedankenspiele und klar ist auch, dass die Stadt die mehr als zwei Kilometer lange Sulzbacher Straße nicht auf einmal umbauen kann. „Da würden wir uns übernehmen“, weiß Stefan Setzer. Er plädiert deshalb dafür, sich zunächst einmal den unteren Bereich bis zur Einmündung der Christophstraße vorzunehmen. Auch hier wird es aber frühestens 2025 losgehen. Zuvor will sich die Verwaltung ausreichend Zeit für die Planung und den Dialog mit der Bürgerschaft nehmen. Eine erste Informationsveranstaltung ist für Ende November geplant.
Von Kornelius Fritz
Wer in einer Stadt lebt, gewöhnt sich mit der Zeit an das, was er sieht. Der Fachwerkcharme der Altstadt versetzt einen dann nicht mehr täglich in Verzückung, aber auch die hässlichen Ecken fallen nicht mehr auf. So geht es wohl vielen Backnangern mit der Sulzbacher Straße, die sich wie eine Schneise durch den Backnanger Norden bis in die Innenstadt zieht.
Nun muss eine Ausfallstraße, auf der täglich etwa 10000 Autos fahren, nicht unbedingt schön sein, aber sie sollte zumindest sicher sein, auch für Fußgänger und Radfahrer. Und im innenstadtnahen Bereich, wo es ein Kino und mehrere Lokale gibt, sollte auch die Aufenthaltsqualität stimmen. Dass sich die Stadt jetzt darum kümmern möchte, ist zu begrüßen.
Allerdings sollte keiner erwarten, dass die Sulzbacher Straße in zwei oder drei Jahren in neuem Glanz erstrahlt. Denn das Projekt ist nicht nur komplex, sondern auch teuer und die Stadt hat noch viele andere Vorhaben auf ihrer Agenda. Im Investitionsprogramm für die Jahre 2024 bis 2027 wird die Sulzbacher Straße noch nicht mal erwähnt. Der Ortstermin mit dem Verkehrsausschuss sollte deshalb wohl vor allem ein Signal setzen und zeigen: Wir haben die Probleme in der Sulzbacher Straße erkannt. Bis sie auch gelöst werden, dürfte allerdings noch viel Zeit ins Land gehen.
k.fritz@bkz.de