Backnang-Technik steckt in vielen Satelliten

Reinhard Schnabel informiert die Besucher des 236. Altstadtstammtischs über die Historie der Hochtechnologie aus Backnang. Die Technik für die Stromversorgung der Leistungsverstärker als zentrale Bauteile der Satelliten entsteht in Backnang.

Das Publikum lauschte im Backnanger Helferhaus den Ausführungen des Ehrenvorsitzenden des Deutschen Zentrums für Satellitenkommunikation, Reinhard Schnabel. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Das Publikum lauschte im Backnanger Helferhaus den Ausführungen des Ehrenvorsitzenden des Deutschen Zentrums für Satellitenkommunikation, Reinhard Schnabel. Foto: Alexander Becher

Von Klaus J. Loderer

Backnang. In der Sonde Juice, die in siebeneinhalb Jahren einen der Jupitermonde erreicht haben soll, ist ebenso Technik aus Backnang enthalten wie in der Sonde Juno, die schon um den Jupiter kreist. Die Firma Tesat-Spacecom ist Weltmarktführer bei Leistungsverstärkern für Satelliten. Von Hochtechnologie aus Backnang berichtete Reinhard Schnabel einem staunenden Publikum beim 236. Altstadtstammtisch des Heimat- und Kunstvereins Backnang. Den langjährigen Vorsitzenden und inzwischen Ehrenvorsitzenden des Deutschen Zentrums für Satellitenkommunikation (Desk) stellte Horst Schildknecht im Backnanger Helferhaus als ausgewiesenen Kenner der Materie vor. AEG-Telefunken, ANT, Bosch Telecom Raumfahrt und Hughes Spaces waren die beruflichen Stationen Schnabels.

In Backnang baute er ab 2008 das Desk auf, bei dem es sich um ein Netzwerk in Form eines Vereins mit heute 40 Mitgliedern handelt, zu denen etliche Firmen im Bereich Satellitentechnik und Universitäten gehören. Die Deutschlandkarte mit der Lokalisierung der Mitglieder, die Schnabel zu Beginn seines Vortrags zeigte, wies in Backnang eine deutliche Ballung auf. Schnabel erläuterte, dass neben Tesat mit AFT Microwave, Hiltron und Telent weitere wichtige Firmen im Bereich Satelliten, Netze und Bodenstationen ihren Sitz in Backnang haben. Insgesamt decken die Mitgliedsfirmen die komplette Wertschöpfungskette der Satellitenkommunikation ab.

Infozentrum in Backnang

Seit 2013 unterhält das Desk in der Schillerstraße einen Ausstellungsraum, um eine Vernetzungsplattform für Firmen und ein Informationszentrum für Profis aus dem Hightechbereich und Interessierte anzubieten, das aber auch Jugendliche an das Thema heranführen soll. So ist die Nachwuchsförderung ein ebenso wichtiges Thema wie die Abhaltung von Fachveranstaltungen.

Bevor Reinhard Schnabel auf die Dinge einging, die in Backnang hergestellt werden, erläuterte er erst einmal, was Satelliten machen und wo sie sich befinden. Bezogen auf die Entfernungen der Umlaufbahnen von der Erde unterschied er zwischen LEO, MEO und GEO. Dort wurde 1964 der erste Satellit eingesetzt. In 36000 Kilometern Entfernung von der Erde benötigt ein Satellit dort 24 Stunden um die Erde. Schnabel erläuterte die Bedeutung der Satelliten etwa für Navigationssysteme wie GPS und Galileo. Er ging auf die unterschiedlichen Nachrichtenübermittlungssysteme ein, die teilweise mit Licht oder mit Mikrowellen funktionieren. Zum Boden erfolge die Übermittlung in der Regel mit Mikrowellen, da man für Licht eine direkte Verbindung und einen wolkenlosen Himmel benötigt.

Tesat an Satellitensystem Kopernikus beteiligt

Tesat stellt komplette Kommunikationssysteme für Satelliten her. „In Backnang kann man auf eine langjährige Erfahrung zurückblicken“, betonte Schnabel, der seit den 1960er-Jahren in Backnang in diesem Bereich tätig ist. Für die Leistungsverstärker, die auch als Wanderfeldverstärker bekannt sind, als zentrale Bauteile eines Satelliten entsteht die Stromversorgung in Backnang, die Röhre kommt aus Ulm. In Backnang wird beides zusammengefügt.

Auch an LEO, einem militärischen Satellitensystem der USA, ist Tesat beteiligt. Nähere Informationen darüber hat Schnabel aber auch nicht, da das Projekt einer entsprechenden Geheimhaltung unterliegt. Auch für das Satellitensystem Kopernikus kommen Komponenten aus Backnang. Am Starlink-Satellitensystem, das Elon Musks Raumfahrtunternehmen betreibt, ist Backnang allerdings nicht beteiligt. „4000 Satelliten hat Starlink in den Himmel geschossen“, erzählt Schnabel. Das provozierte geradezu die Frage aus dem Publikum, wie viele Satelliten denn um die Erde kreisen. 7000 aktive Satelliten und 2000 alte zählte Schnabel auf. Auch warum man denn in Deutschland mühevoll Breitbandkabel verlege, wenn man doch von oben viel leichter Daten übertragen könnte, war eine Frage aus dem Publikum. Schnabels Antwort, dass die Post das in den 1980er-Jahren so festgelegt hat und kein Interesse an einem System aus dezentralen Bodenstationen hat, sorgte dann für Kopfschütteln.

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Erstellt:
27. September 2023, 06:00 Uhr

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