Backnanger Förderprogramm für Balkonkraftwerke verlängert
Die Nachfrage nach dem städtischen 100-Euro-Zuschuss ist groß, der Fördertopf schon fast leer. Doch der Gemeinderat gewährt Nachschlag.
Von Kornelius Fritz
Backnang. Als der Backnanger Gemeinderat im März ein Förderprogramm für sogenannte Balkonkraftwerke beschloss, hatten etliche Stadträte noch Zweifel. Würde ein städtischer Zuschuss von 100 Euro wirklich genug Anreiz bieten, um in eine solche Fotovoltaikanlage zu investieren?
Ein halbes Jahr später lässt sich diese Frage mit einem klaren Ja beantworten, denn das Förderprogramm hat tatsächlich einen kleinen Boom ausgelöst. Wie die städtische Klimamanagerin Simone Lebherz nun bei einer Ausschusssitzung des Gemeinderats berichtete, haben bereits 98 Haushalte in Backnang einen Förderantrag gestellt. „Man hat gemerkt, dass viele auf diese Förderung gewartet haben“, sagte die Klimamanagerin. Auffällig war aus ihrer Sicht, dass oft mehrere Anträge aus derselben Straße kamen. „Wenn einer damit anfängt, zieht es Kreise“, schließt Lebherz daraus. Und genau das sei auch das Ziel des Förderprogramms gewesen. So habe die Stadt zum Beispiel allein in Maubach 18 neue Balkonkraftwerke bezuschusst.
Von den 98 Antragstellern waren laut Lebherz 85 Eigentümer und 13 Mieter. Auch viele ältere Menschen hätten sich getraut. „Wir wollen auch einen Beitrag zur Energiewende leisten“, sei ein Satz gewesen, den sie dabei immer wieder gehört habe, berichtete Lebherz. Nicht aufgegangen ist allerdings die Rechnung, mit einem erhöhten Zuschuss auch einkommensschwache Haushalte zu ködern. Auf Antrag der Grünen hatte der Gemeinderat im Frühjahr beschlossen, dass Besitzer des Backnanger Familien- und Kulturpasses sogar 200 Euro Zuschuss für ein Balkonkraftwerk erhalten. Bisher hat aber niemand aus diesem Personenkreis einen Förderantrag gestellt.
Klage über „Informationschaos“
Trotzdem ist der Fördertopf von 10000 Euro, der eigentlich für das Programm vorgesehen war, inzwischen fast leer. Im Gemeinderat war man sich allerdings einig, dass das erfolgreiche Programm weiterlaufen sollte. Deshalb stimmte das Gremium einstimmig einem Vorschlag von Simone Lebherz zu. Diese hatte angeregt, nicht ausgeschöpfte Mittel aus einem Kühlschranktauschprogramm, das die Stadt zusammen mit der Caritas anbietet, stattdessen für die Balkonkraftwerke einzusetzen. Damit ist der 100-Euro-Zuschuss mindestens bis zum Jahresende gesichert. Wie es danach weitergeht, wird der Gemeinderat bei den Haushaltsberatungen für 2024 entscheiden.
Die Stadträte zeigten sich erfreut darüber, dass das Förderprogramm so gut angenommen wird. „Der Werbeeffekt war wichtig und notwendig“, meinte Grünen-Fraktionschef Willy Härtner. Auch einstige Skeptiker wie Rolf Hettich (CDU) äußerten sich positiv, auch wenn natürlich niemand wisse, wie viele Balkonkraftwerke ohne den 100-Euro-Zuschuss angeschafft worden wären, wie Hettich anmerkte. Simone Lebherz ist allerdings davon überzeugt: „Dieser Betrag war wirklich ein Kaufanreiz.“
Kritisch äußerte sich nur AfD-Stadtrat Michael Malcher. Aus der Tatsache, dass es sich bei der großen Mehrheit der Antragsteller um Eigentümer handelt, schließt er: „Wir unterstützen die, die eh schon Geld haben.“ Ein anderes Problem sprach Pia Täpsi-Kleinpeter (SPD) an: Viele Personen, die in eine Fotovoltaikanlage investierten, wüssten nicht, wie und wo sie diese anmelden müssen. Sie sprach von einem „Informationschaos“. Thomas Steffen kann da nicht widersprechen. Das Anmeldeverfahren beim Netzbetreiber sei auch ziemlich komplex und aufwendig, berichtet der Geschäftsführer der Stadtwerke Backnang. Er setzt darauf, dass der beschlossene Solarpaket I (siehe Infotext) ab 2024 Erleichterungen bringt. Schließlich soll die Energiewende nicht an der Bürokratie scheitern.
Anträge Weitere Informationen zum Förderprogramm sowie das Antragsformular findet man online unter https://t1p.de/278rkSolarboom Nicht nur das städtische Förderprogramm, auch die gestiegenen Strompreise und die neue Fotovoltaik-(PV)-Pflicht für neue Wohngebäude und bei größeren Dachsanierungen haben in Backnang einen Solarboom ausgelöst. Wie Stadtwerke-Chef Thomas Steffen mitteilt, wurden bis Ende September bereits 318 neue PV-Anlagen angemeldet, darunter 122 Balkonkraftwerke. 2022 waren es lediglich 88, davon nur acht auf Balkonen.
Engpass Die große Nachfrage bringt die Stadtwerke allerdings in die Bredouille, denn sowohl bei der Bearbeitung der Anträge als auch beim notwendigen Austausch der Stromzähler sind die Kapazitäten begrenzt. Zum Ärger der Kunden hat dies zu langen Wartezeiten geführt, die im Extremfall mehrere Monate dauern konnten. Laut Steffen wurde das Personal inzwischen aber aufgestockt. Nun wolle man den Antragsstau möglichst schnell auflösen.
Aussichten Verbesserungen verspricht sich der Stadtwerke-Chef auch vom sogenannten Solarpaket I, das zum 1. Januar 2024 in Kraft treten soll. Das Verfahren zur Anmeldung einer PV-Anlage wird dann deutlich vereinfacht. Für Balkonkraftwerke soll die Anmeldung beim Netzbetreiber dann ganz entfallen. Außerdem soll eine Einspeisung ins Netz vorübergehend auch mit den alten Stromzählern möglich sein. Diese laufen dann rückwärts.