Backnangs Erster Bürgermeister Siegfried Janocha geht in den Ruhestand
Die schwäbische Hausfrau war sein Vorbild. Der Finanzfachmann war für seine Sparsamkeit und Vorsicht bekannt, doch Janocha war nicht nur ein Mann der Zahlen.
Von Kornelius Fritz
Backnang. Auf der Zielgeraden seiner beruflichen Laufbahn stand Siegfried Janocha dann doch noch einmal in der ersten Reihe. 2020 war das, als sich der damalige Oberbürgermeister Frank Nopper erst in den Stuttgarter OB-Wahlkampf stürzte und sich dann ein halbes Jahr später endgültig Richtung Landeshauptstadt verabschiedete. Bis zum Amtsantritt von Maximilian Friedrich im Juni 2021 hatte der Stellvertreter damals das Kommando im Backnanger Rathaus.
Für Janocha war’s eine Herausforderung, denn in der Coronapandemie war er gleich als Krisenmanager gefragt, doch der Erste Bürgermeister fand Gefallen an seiner neuen Rolle. „In dieser Zeit konnte ich selbst entscheiden. Das hat mir Spaß gemacht“, erinnert er sich. Und so fragt er sich heute, wenn er auf mehr als 45 Berufsjahre zurückblickt, ob er in jüngeren Jahren nicht doch den Schritt hätte wagen sollen, in einer Gemeinde als Bürgermeister zu kandidieren. Anfragen habe es einige gegeben, erzählt Janocha, aus familiären Gründen entschied er sich damals jedoch dagegen.
Ob’s ein Fehler war, lässt sich heute nicht mehr klären. Stattdessen hat er eben Karriere in der zweiten Reihe gemacht, was auch ganz gut gepasst hat, weil Siegfried Janocha sich selbst immer als Verwaltungsfachmann und nicht als Politiker gesehen hat. Deshalb ist er auch nie Mitglied in einer Partei geworden: „Ich habe mich entschieden, mich aus dem Politischen rauszuhalten und für alle Richtungen offen zu sein.“ Damit sei er immer gut gefahren.
Im zweiten Anlauf klappt es mit der Wahl zum Ersten Bürgermeister
Die Verwaltungslaufbahn war für Siegfried Janocha nur Plan B. „Ich wollte eigentlich Lehrer werden“, erzählt der 65-Jährige, der im hohenlohischen Langenburg aufgewachsen ist. Weil die Berufsaussichten für Pädagogen damals aber düster waren, entschied er sich dagegen. Stattdessen folgte er dem Rat von Freunden und entschied sich für den gehobenen Verwaltungsdienst, obwohl er nicht wirklich überzeugt war, dass dies das Richtige für ihn ist. Doch die Zweifel waren schnell verflogen und auch das Berufsziel stand nach dem Studium an der Verwaltungshochschule in Stuttgart fest: „Ich wollte Kämmerer werden.“
Allerdings war das damals kein Job für einen Berufseinsteiger. Für eine so verantwortungsvolle Arbeit musste man sich erst einmal bewähren. Das tat Siegfried Janocha acht Jahre lang als Sachbearbeiter und Sachgebietsleiter in der Backnanger Bauverwaltung, ehe er 1990 als Kämmerer nach Auenwald wechselte. Bürgermeister war dort übrigens Peter E. Friedrich, der Vater von Backnangs OB Maximilian Friedrich.
Janocha hatte ein Haushaltsvolumen von zwei Milliarden Euro zu verantworten
Nach neun Jahren in der Täles-Gemeinde, wo Janocha heute noch lebt, wechselte er als Abteilungsleiter Finanzen zum Landeswohlfahrtsverband nach Stuttgart. Ein Karrieresprung: Janocha hatte dort ein Haushaltsvolumen von zwei Milliarden Euro zu verantworten, doch der Verband wurde aufgelöst. So kehrte er 2005 als Kämmerer nach Backnang zurück.
Ein Job, den man mit vielen Zahlen verbindet, doch die Arbeit einer Kämmerei sei viel mehr als nur Buchhaltung, erklärt Janocha: „Man bestimmt die finanzpolitischen Leitlinien und kann dadurch sehr viel gestalten.“ Während sich Frank Nopper im Rampenlicht sonnte, erledigte Janocha die Arbeit im Hintergrund. Dabei hat er sein Amt als Kämmerer und später auch als Finanzbürgermeister immer mit besonderer Vorsicht ausgeübt. Sein Vorbild war die „schwäbische Hausfrau“, die er gerne in seinen Reden zitierte. So war er im Gemeinderat schon dafür bekannt, dass er die finanzielle Zukunft der Stadt in möglichst düsteren Farben malte, um dann ein Jahr später zu verkünden, dass es zum Glück doch nicht ganz so schlimm gekommen sei.
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„Das ist vielleicht eine Mentalitätsfrage“, sagt Janocha im Rückblick. Doch diese Vorsicht hat ihn auch davor bewahrt, städtische Gelder in riskante oder undurchsichtige Finanzanlagen zu investieren, wie es andere Kämmerer getan haben. „Auch uns wurde da vieles angeboten. Aber wenn ich die Anlagen selbst nicht verstanden habe, dann haben wir es lieber gelassen.“
Erster Bürgermeister wollte Siegfried Janocha schon 2009 werden, doch bei der geheimen Wahl im Gemeinderat unterlag er deutlich dem damaligen Baubürgermeister Michael Balzer. An dieser Niederlage hatte Janocha eine Weile zu knabbern, trotzdem probierte er es acht Jahre später noch einmal. Diesmal hatte er seine Chancen bereits im Vorfeld bei den Fraktionen ausgelotet und wurde gewählt.
Die vielen Krisen der vergangenen Jahre haben Spuren hinterlassen
Die fünf Jahre als Nummer zwei im Rathaus hat Siegfried Janocha als erfüllend, aber auch als herausfordernd erlebt. Zu den verwaltungsinternen Aufgaben kamen jetzt noch viele Repräsentationstermine, oft abends und an den Wochenenden. Doch der kontaktfreudige Hohenloher pflegte gerne den Kontakt mit der Bürgerschaft.
Was ihn hingegen belastet hat, waren die vielen Krisen der vergangenen Jahre: von der Coronapandemie über die Flüchtlingsunterbringung bis zur Energiekrise. „Wir sind kaum noch zu unseren eigentlichen Aufgaben gekommen, weil wir ständig im Krisenmodus waren“, sagt Janocha.
Außerdem hat er oft die nötige Unterstützung aus Berlin und Stuttgart vermisst. Statt die Städte und Gemeinden zu entlasten, bekämen diese immer noch zusätzliche Aufgaben aufgehalst: „Bürokratieabbau wird immer propagiert und wäre auch dringend notwendig. Tatsächlich ist es in den vergangenen Jahren aber nicht weniger, sondern immer mehr geworden.“ Auch das hat dazu beigetragen, dass Siegfried Janocha seine Ankündigung von 2017, für eine volle achtjährige Amtszeit anzutreten, nun doch nicht wahr gemacht hat. Mit 65 Jahren geht er in den Ruhestand, Freitagabend wird er offiziell verabschiedet.
Für die kommenden Monate stehen erst mal ein paar Projekte in Haus und Garten auf seiner Liste. Als Sohn eines Handwerkers kann Janocha nämlich nicht nur mit Bleistift und Taschenrechner umgehen. Außerdem will er mehr Zeit für seinen pflegebedürftigen Vater und die vier Enkelkinder haben. Ein ehrenamtliches Engagement schließt er für die Zukunft nicht aus, möchte sich damit aber Zeit lassen: „Jetzt will ich erst mal ein bisschen runterkommen.“
Foto: Alexander BecherNachfolge Oberbürgermeister Maximilian Friedrich hat am Dienstag den bisherigen Baudezernenten Stefan Setzer als neuen Ersten Bürgermeister der Stadt Backnang vereidigt. Setzer war bereits im Dezember vom Gemeinderat für acht Jahre gewählt worden und hat sein neues Amt gestern angetreten. Der 51-Jährige ist Diplom-Ingenieur für Raum- und Umweltplanung. Seit 2008 war er Leiter des Stadtplanungsamtes in Backnang und seit 2017 Leiter des Baudezernats.