Bald vier Gruppen im neuen Tageselternhaus in Backnang

Die Stadt Backnang übernimmt die Kaltmiete im künftigen Tageselternhaus in der Mühlstraße 11 in Höhe von rund 86700 Euro und verdoppelt zudem den Zuschuss für den Trägerverein Kinder- und Jugendhilfe Backnang auf 110000 Euro.

Die Betreuung im Tageselternhaus des Vereins Kinder- und Jugendhilfe ist eine Stütze für viele Familien. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Betreuung im Tageselternhaus des Vereins Kinder- und Jugendhilfe ist eine Stütze für viele Familien. Foto: Alexander Becher

Von Matthias Nothstein

Backnang. Das Tageselternhaus stellt in Backnang „eine ganz wichtige Säule bei der Kinderbetreuung“ dar, betonte Sozialdezernentin Regine Wüllenweber in der jüngsten Sitzung des Jugend- und Sozialausschusses. Sie ebnete damit den Ausschussmitgliedern das Feld, damit diese einer Erhöhung der Zuschüsse leichteren Herzens zustimmen konnten. Denn diese Erhöhung hatte es durchaus in sich. Die Stadt Backnang ermöglicht die Betreuung künftig in dem neu gebauten Haus Mühlstraße 11. Dort werden von Verein Kinder- und Jugendhilfe Backnang ab 1. Januar 2024 insgesamt vier Betreuungsgruppen angeboten. Zudem unterhält der Verein dort ein Büro. Die Stadt übernimmt die gesamte Kaltmiete, die dafür fällig wird, pro Jahr stolze 86676 Euro. Zudem überweist die Stadt dem Verein als Zuschuss für den Betrieb des neu errichteten Tageselternhauses 110000 Euro pro Jahr. Das ist zwar doppelt so viel wie bisher, aber es gilt zu berücksichtigen, dass der bisherige Zuschuss seit 2011 nicht mehr erhöht wurde und sich nur auf zwei Gruppen bezogen hat. Der Ausschuss beschloss einstimmig, dieses Vorgehen dem Gemeinderat zu empfehlen.

Betreuung findet inwohnungsähnlichen Räumen statt

Im vergangenen Jahr wurden alleine im U-3-Bereich 96 Kinder in der Tagespflege betreut, die meisten bei Tagesmüttern oder Tagesvätern in deren Zuhause. Ein kleinerer Teil der Kinder wird jedoch von Tageseltern außerhalb von deren Wohnung versorgt. Für sie muss der Organisator der Betreuung – in Backnang der Verein Kinder- und Jugendhilfe – wohnungsähnliche Räume zur Verfügung stellen. Solche Unterkünfte gab es schon einmal über dem Juze, dann kurzfristig im Famfutur und wenige Jahre in einem Gebäude in Germannsweiler. Danach hatte der Verein ein Haus im Seehofweg angemietet, wo zwei Gruppen untergebracht waren. Der aktuelle Stand ist jedoch, dass dort seit Herbst 2021 nur eine Gruppe betrieben wird, da der Raum für die zweite Gruppe wegen Eigenbedarf vom Vermieter gekündigt wurde.

Unabhängig davon hatte sich schon seit Langem abgezeichnet, dass der Bedarf an Betreuung selbst mit zwei Gruppen nicht abgedeckt werden kann. Schon 2018 hat der Gemeinderat die Verwaltung beauftragt, das Angebot in der Tagespflege zu erweitern. Damals wurden 45 Kinder unter drei Jahren und 22 Kinder über drei Jahren auf diese Weise betreut. Im Tageselternhaus betreuten Tagesmütter zwei Gruppen mit jeweils sieben Kindern. Beschlossen wurde daher schon damals die Aufstockung auf vier Gruppen, schließlich standen im vergangenen Jahr trotz der Betreuung von 96 Kindern noch weitere 15 Kinder auf einer Warteliste.

Doch nun naht Besserung. Am 1. Januar soll das neue Tageselternhaus Mühlstraße 11 mit vier Gruppen für insgesamt 28 Kinder unter drei Jahren in Betrieb gehen. Das neue Haus hat laut Wüllenweber viele Vorteile. Das Angebot ist sehr flexibel, die Örtlichkeit am Rande der Innenstadt und des künftigen IBA-Areals sehr zentral und gut erreichbar. Viele Familien im Bezirk könnten das Haus zu Fuß erreichen.

Spezielle Anforderungen an den Brandschutz sind Kostentreiber

Kritik, mehr oder weniger deutlich, wurde von mehreren Stadträten an der Höhe der Kaltmiete geäußert. 18,50 Euro pro Quadratmeter sind kein Pappenstiel. Kämmerer Alexander Zipf räumte frank und frei ein: „Damit reißen wir den Mietspiegel.“ Doch seine Erklärung leuchtete ein. Das Gebäude war – von der städtischen Wohnbau errichtet – ursprünglich als Wohngebäude geplant, nicht als klassischer Kindergarten. Das hat immerhin den Vorteil, dass es wieder zu Wohnungen umgewidmet werden kann, wenn der Bedarf wegbrechen sollte. Wobei Zipf sogleich anmerkte: „Ich kann aber nicht erkennen, dass der Bedarf geringer wird.“ Die Kosten sind auch deshalb so hoch, weil das Gebäude als Sonderbau eingestuft wurde und spezielle Anforderungen an den Brandschutz gestellt wurden.

Auch Erster Bürgermeister Stefan Setzer verteidigte die Kosten. Er räumte zwar ein, dass die Miethöhe auch ihn überrascht habe, „aber wenn man die Kalkulation sieht, dann kann man es nachvollziehen. Da ist kein Luxus oder etwas Außergewöhnliches entstanden, sondern ein sehr gutes, nachhaltiges Haus, das unter den gegebenen aktuellen Voraussetzungen leider so viel kostet“. Zipf ergänzte einige kostentreibende Punkte. So seien etwa der benachbarte Spielplatz erweitert, ein Weg neu angelegt und ein hochwertiger Zaun errichtet worden. Zudem seien die Zinsen von einem Prozent beim Baubeginn auf nunmehr vier Prozent gestiegen. Auch die Holzpreise kletterten gehörig. Und leider gebe es keinen Landes- oder Bundeszuschuss, „wir sind mit unserem Antrag nicht zum Zug gekommen“. Zipf verteidigte den Bau: „Es war die richtige Entscheidung.“ Zuvor schon hatte Wüllenweber einen Vergleich gezogen: Würden die Kinder in einer Krippe betreut werden, so wären drei Krippen nötig und der städtische Zuschuss würde sich gar auf 390000 Euro belaufen. Als Basis für diese Berechnung war sie von einer Halbtagsbetreuung ausgegangen. Das Resümee der Sozialdezernentin: „Die Stadt Backnang fährt mit diesem Angebot sehr gut.“

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Erstellt:
4. Juli 2023, 06:00 Uhr

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