Banken gegen Abschaffung der Honorarberatung
dpa/lsw Stuttgart. Am Verkauf von Finanzprodukten verdienen Banken normalerweise mit. Kritiker unterstellen der Branche, daher häufig am Kundenbedarf vorbei zu vermitteln. Ist eine unabhängige Beratung gegen Honorar der bessere Weg?
Die Volks- und Raiffeisenbanken warnen die Politik davor, die Beratung für Finanzprodukte gegen Honorar zum Standard zu machen. „Dies würde breite Bevölkerungskreise gravierend benachteiligen“, sagte der Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes, Roman Glaser, in Stuttgart. Vor allem Verbraucher mit geringen und mittleren Anlagebeträgen würden durch die Honorarberatung von der Beratung abgeschnitten, da sie zu teuer wäre.
Glaser sagte weiter, man fordere daher ganz eindeutig, dass Anleger weiterhin die freie Wahl zwischen einer Beratung auf Provisions- oder Honorarbasis haben müssten. Vor allem Verbraucher mit geringeren Sparbeträgen seien auf fachkundige Beratung angewiesen. Zudem seien die meisten Menschen gar nicht bereit, für eine Beratung zu bezahlen.
Für Banken und Sparkassen sind Provisionen, die sie zum Beispiel für den Vertrieb von Produkten oder im Immobiliengeschäft kassieren, eine wichtige Einnahmequelle - erst recht im seit Jahren anhaltenden Zinstief. Während der Zinsüberschuss sank, konnten die Volks- und Raiffeisenbanken 2020 ihren Provisionsüberschuss leicht steigern. Mit 1,14 Milliarden Euro machte diese Position etwa ein Drittel des Gesamtüberschusses der genossenschaftlichen Institute aus.
Nach Angaben der Sparkassen gibt es Signale, dass eine künftige Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP sich zugunsten der Honorarberatung positionieren könnte. Im Grünen-Programm zur Bundestagswahl hieß es etwa, häufig würden Bankkunden „Finanz- und Versicherungsprodukte vermittelt, die am persönlichen Bedarf vorbeigehen“. Und weiter: „Wir wollen weg von der Provisionsberatung und schrittweise zu einer unabhängigen Honorarberatung übergehen.“
Sparkassenpräsident Peter Schneider sagte: „Unsere Kundinnen und Kunden haben im Durchschnitt einen Anlagebetrag zwischen 5 000 und 20.000 Euro zur Verfügung.“ Wenn man ihnen sagen würde, sie müssten zunächst mal für eine erste, umfassende Beratung rund 300 bis 400 Euro zahlen, würden sie dies verständlicherweise sofort ablehnen. „Das wäre einfach für sie zu teuer. Stattdessen legen wir bei der Provisionsberatung von der ersten Minute an offen, wie viel als Provision einbehalten wird und wie das Produkt funktioniert.“
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