Weniger Weinbau

Bauernverband sieht Existenz gefährdet

Die Weinbauern müssen bei den Einkommen erhebliche Rückschläge verkraften. Den Schweinehaltern geht es dagegen nach mageren Jahren wieder besser.

Weinlesen ist ein anstrengendes Geschäft.

© dpa/Uwe Anspach

Weinlesen ist ein anstrengendes Geschäft.

Von Ulrich Schreyer

Der Bauernverband in Baden-Württemberg sieht den heimischen Weinanbau in Gefahr. „Der Weinbau in Baden-Württemberg steckt in einer existenziellen Krise“, sagte der Präsident des Landesbauernverbandes, Joachim Rukwied. Schon seit einiger Zeit werden Rebflächen stillgelegt. Wenn es hier in den nächsten keine Wende gebe, „wird sich dieser Trend verstärkt fortsetzen“. Im vergangenen Landwirtschaftsjahr, das am 30. Juni endete, seien die Unternehmensergebnisse bei den Wengertern um 58 Prozent eingebrochen. Wegen eines Rückgangs im Konsum und günstiger Importweine stehe der Weinmarkt unter Druck. Die Winzerfamilien benötigten deshalb dringend eine Entlastung bei den Kosten. Ein wichtiger Schlüssel sei auch eine bessere Vermarktung der Weine aus dem Lande, sagte Rukwied, der auch Präsident des Deutschen Bauernverbands ist. „Hier sind vor allem die Weinbranche und die Akteure im Handel gefordert“. In der Vergangenheit hatte es um die Werbung für den heimischen Wein immer wieder Diskussionen gegeben. Lang Zeit herrschte auch die Ansicht vor, hier müsse es keine besonderen Anstrengungen geben: „Mir trinket onseren Trollinger selber“.

Auch insgesamt gingen die Einkünfte in der Landwirtschaft im Südwesten im vergangenen Wirtschaftsjahr zurück. Im Durchschnitt aller Sparten sei das Unternehmensergebnis je Betrieb um 8000 Euro auf 63 435 Euro gesunken. Vom Unternehmensergebnis müssen neben der Entlohnung der Familienarbeitskräfte beispielsweise auch noch Sozialabgaben, persönliche Steuern sowie die Tilgung des Fremdkapitals und eventuell auch noch Verpflichtungen gegenüber der Vorgängergeneration abgezogen werden. Das Unternehmensergebnis ist also keineswegs der Gewinn, sondern eher mit dem Umsatz in anderen Branchen vergleichbar. Insgesamt zeigten sich nach den Worten von Rukwied in einem „durchwachsenen“ Landwirtschaftsjahr deutliche Unterschiede zwischen den Betriebsarten.

Schweinehalter haben wieder Schwein

So ging es den Schweinehaltern nach schlechten Jahren mit einem deutlichen Rückgang der Zahl der Betriebe wieder besser. Bei diesen stieg das Unternehmensergebnis um 38 Prozent auf etwas mehr als 155 000 Euro. In den vergangenen zehn Jahren hat sich nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes die Zahl der Schweinehalter auf nur noch 16 500 halbiert. In Baden-Württemberg werden aktuell noch auf etwa 1400 Höfen Schweine gehalten gegenüber noch 2600 Höfen vor zehn Jahren. Jetzt müsse die Politik für Planungssicherheit sorgen, so dass die Schweinehalter auch wieder investieren könnten. Möglicherweise sei der Trend zu einem geringeren Fleischverzehr inzwischen gestoppt. Bei Geflügelfleisch gebe es sogar eine steigende Nachfrage.

Saure Stimmung bei Milchbauern

Schlechter als bei den Schweinehaltern lief das vergangene Wirtschaftsjahr bei den Milchviehbetrieben. Dort ging das Unternehmensergebnis um beinahe 25 Prozent auf 79 935 Euro zurück. Ein Grund dafür seien die um 14 Prozent gesunkenen Milchpreise. Die Ackerbaubetriebe hätten ihr Betriebsergebnis dagegen auf dem niedrigen Niveau der Vorperiode halten können und knapp 51 000 Euro erzielt. Gefallene Preise für Getreide und Raps sowie weiter hohe Produktionskosten seien der Grund für das geringe Ergebnis.

Obstbauern verdienen wieder mehr

Eine „Verschnaufpause“ habe es für die Obstbaubetriebe gegeben. Diese hätten ihr Betriebsergebnis um 38 Prozent auf 55 000 Euro steigern können. Dies reiche aber nicht aus, um gestiegene Lohnkosten oder den wachsenden Aufwand für die Sicherung der Qualität zu bewältigen.

Schwierig ist nach Meinung des Bauernpräsidenten die immer wieder in die Diskussion gebrachte Überlegungen nach längerfristigen Lieferverträgen. Die Befürworten meinen, dies könne die Planungssicherheit erhöhen. Entscheidend sei allerdings wie sich die Preise entwickelten, auch auf dem Weltmarkt. Bei längerfristigen Verträgen sei dies ein Risiko. Werde Ware eingelagert, um sicher liefern zu können, kämen zusätzliche Kosten hinzu.

Wettbewerbsfähigkeit muss mehr in den Fokus rücken

Im Vorfeld der Bundestagswahl sagte Rukwied, die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft müsse wieder stärker in den Vordergrund rücken. Die politischen Vorgaben der EU, aber auch auf Bundesebene „gefährden die Wirtschaftlichkeit unserer landwirtschaftlichen Betriebe und somit auch die Ernährungssicherung Europas“, kritisierte der Bauernpräsident. Die Wettbewerbsfähigkeit müsse neben Fragen des Klima-, Umwelt-, und Tierschutzes wieder stärker in Blickfeld der Verantwortlichen rücken. Der Bauernverband sei aber politisch neutral. Der Präsident des bayerischen Bauernverbands und Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, Günther Felßner, kandidiert bei der Bundestagswahl für die CSU. Felßner kann sich offenbar Hoffnungen machen, von CSU-Chef Markus Söder als Bundeslandwirtschaftsminister vorgeschlagen zu werden.

Die heftigen Proteste der Bauern zum Jahreswechsel 2023/24 seien ein Erfolg gewesen, hatte Rukwied vor kurzem bei der Mitgliederversammlung des Landesbauernverbandes in Fellbach gesagt. Damit habe der Verband „eine nie dagewesene Aufmerksamkeit für unsere Anliegen geschaffen“, meinte Rukwied. Der Landesbauernverband vertritt rund 30 000 Betriebe. Etwa 60 Prozent davon werden als Nebenerwerbsbetriebe geführt.

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Erstellt:
16. Dezember 2024, 18:08 Uhr

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