Bei den Umstiegen in Marbach ist noch Sand im Getriebe

Auch zwischen Backnang und Marbach rollen seit Mitte Mai Ersatzverkehrsbusse. Bei den Anschlussverbindungen ist viel Luft nach oben.

Auch in Backnang starten Busse des Schienenersatzverkehrs. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Auch in Backnang starten Busse des Schienenersatzverkehrs. Foto: Alexander Becher

Von Kai Wieland

Rems-Murr. Angesichts des Kraftakts, den die über 90 aus ganz Deutschland zusammengetrommelten Busse und Fahrer zwischen Waiblingen und Bad Cannstatt zu stemmen haben, gerät die Lage auf der sogenannten kleinen Murrbahn bisweilen aus dem Blick. Dabei stellt diese für Einwohner der Gemeinden Burgstetten und Kirchberg an der Murr die größere Einschränkung dar. Seit 12. Mai verkehren auch zwischen Backnang und Marbach am Neckar nämlich nicht mehr die S-Bahnen der Linie 4, sondern die Busse des Schienenersatzverkehrs.

Aber wieso wirken sich die Sperrungen überhaupt auf diese Strecke aus? Viele Bahnreisende fühlen sich unzureichend informiert, was für zusätzlichen Frust sorgt. „Generell ist es fragwürdig, warum S4 und S3 gleichzeitig vom Umbau betroffen sind“, schrieb ein Backnanger unserer Zeitung. „Wenn man schon eine Ausweichstrecke hat, warum führt man so etwas genau gleichzeitig durch?“ Hintergrund für den Entfall der Linie S4 zwischen Backnang und Marbach ist die Umleitung eines Teils der Regionalzüge über die kleine Murrbahn und die eingleisige Strecke in diesem Abschnitt, was den zusätzlich Betrieb der S4 aus Kapazitätsgründen ausschließt.

Die Busse treffen häufig unpünktlich ein

Während Reisende aus Backnang, Sulzbach an der Murr oder Murrhardt nach Marbach, Ludwigsburg und Stuttgart relativ unproblematisch die umgeleiteten Regionalzüge nutzen können, werden die S-Bahn-Stationen Burgstall und Kirchberg nur durch die Busse des Schienenersatzverkehrs bedient. Die Abstimmung zwischen Bus und Bahn scheint dabei oft nicht zu funktionieren.

Matthias Baier, der üblicherweise mit der S4 von Backnang nach Stuttgart pendelt, hat dank der Regionalzüge bisweilen kaum Zeitverlust gegenüber dem normalen Bahnbetrieb. „Ich hatte mich schon auf mehrere Wochen Homeoffice eingestellt, aber der SEV funktioniert in der Regel recht gut“, berichtet er. Er sei allerdings auch schon in Marbach „gestrandet“. Da fingen dann die Probleme an, denn Bus und Bahn warteten oftmals nicht aufeinander. „Die Ampelschaltung in Marbach und die sehr enge Straße bei Kirchberg verhindern fast immer ein pünktliches Eintreffen. So verpasst man öfters die Anschlussbahn oder muss rennen. Für ältere oder gehbeeinträchtigte Menschen besteht kaum eine Chance, den Anschluss zu schaffen“, kritisiert er. Zudem mangle es an Kommunikation, vor allem die Anzeigen in den Zügen, Bussen und an den Bahnsteigen stimmten oftmals nicht.

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Ronny Haase aus dem Burgstettener Ortsteil Erbstetten findet sie Situation insbesondere für seine 15-jährige Tochter, die das Friedrich-Schiller-Gymnasium in Marbach besucht, untragbar: „Sie geht normalerweise um 6.15 Uhr aus dem Haus und braucht zirka eine Stunde“, erzählt er. „Weil der Ortsverkehr Burgstetten nicht mit dem SEV gekoppelt ist, müsste sie nun in der Ortsmitte um 5.57 Uhr abfahren und das Haus schon um 5.45 Uhr verlassen.“ Stattdessen fahren die Eltern das Mädchen nun am Morgen nach Burgstall zum Bahnhof.

Mangelnde Abstimmung zwischen Bussen und Bahnen

Gudrun Wilhelm aus Kirchberg sitzt im Kreistag und setzt sich dort für die Belange der Anrainergemeinden auf der Linie S4 ein. Sie erhält viele Rückmeldungen aus der Bürgerschaft, welche die fehlende Abstimmung zwischen Ortsverkehr, SEV-Bussen und Bahnen beanstanden. Daraus ergibt sich ein Protokoll, das annähernd täglich Verspätungen und daraus resultierende verpasste Anschlusszüge auflistet. „Planmäßige Abfahrt: 7.06 Uhr, tatsächliche Abfahrt: 7.08 Uhr“, lautet etwa der Eintrag für einen Dienstagmorgen. „Durch das hohe Verkehrsaufkommen und roten Ampeln in Marbach wurde der S-Bahn-Anschluss nicht erreicht, eine Wartezeit von 30 Minuten war die Folge“ – offenbar kein Einzelfall und somit ein Versäumnis in der Planung.

Neben den zu knapp bemessenen Umstiegszeiten in Backnang und Marbach würden insbesondere die sich ändernden Verkehrsbedingungen in den Planungen nicht angemessen berücksichtigt, sagt Gudrun Wilhelm. Außerdem mangle es an Abstimmung zwischen den Bussen und Bahnen: „Teilweise fährt der SEV bei Einfahrt der S-Bahn los.“ Ein Manko bleiben zudem die Fahrplanauskünfte via DB-Navigator oder VVS-App, bei denen immer wieder falsche Angaben gemeldet werden.

Ein verpasster Anschluss bedeutet im Einzelfall häufig eine versäumte Prüfung, einen zu späten Dienstantritt bei der Arbeit oder ein langes Ausharren am Bahnhof. Nicht nur Gudrun Wilhelm hofft daher, dass sich die Verantwortlichen dieser Verantwortung bewusst sind und an einer Verbesserung der Situation arbeiten.

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Erstellt:
31. Mai 2023, 11:00 Uhr

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