Bekenntnisse für die Demokratie

Die Gemeinderäte in Allmersbach im Tal und in Sulzbach an der Murr beschließen beide eine Erklärung für Demokratie und Menschenrechte. In Allmersbach haben derweil die Gremiumsmitglieder über eine Formulierung in der Erklärung diskutiert und sie geändert.

„Die Demokratie lebt“, solche und ähnliche Bekenntnisse gab es auch auf vielen Friedensdemonstrationen wie der in Backnang. Symbolfoto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

„Die Demokratie lebt“, solche und ähnliche Bekenntnisse gab es auch auf vielen Friedensdemonstrationen wie der in Backnang. Symbolfoto: Tobias Sellmaier

Von Anja La Roche

Allmersbach im Tal/Sulzbach an der Murr In ihren jüngsten Sitzungen haben sowohl der Gemeinderat von Allmersbach im Tal als auch der von Sulzbach an der Murr eine Erklärung für Demokratie und Menschenrechte beschlossen. Diese lehnt sich an das Bündnis für Demokratie und Menschenrechte an (siehe Infotext), ein überparteiliches, zivilgesellschaftliches Bündnis in Baden-Württemberg, das sich für die Werte der Demokratie und des deutschen Grundgesetzes einsetzt und dem sich schon viele Kommunen und Landkreise angeschlossen haben. Auf dieser Webseite findet man den Wortlaut der Erklärung in einem Dokument.

In Allmersbach im Tal beschloss der Gemeinderat die Erklärung einstimmig. „Wir vonseiten der Gemeindeverwaltung erachten es für richtig und wichtig, dass wir uns zu diesem Thema auch bekennen. Wir als direktdemokratisches Gremium im Gemeinderat stehen für Demokratie und Menschenrechte“, betonte Patrizia Rall.

Vor dem Beschluss sorgte folgende Formulierung im zweiten Punkt der Erklärung für eine kurze Diskussion: „Wir stehen an der Seite der vielen Menschen, die sich von Rechtsextremen bedroht fühlen.“ In einer Vorbesprechung und auf Wunsch von Gemeinderat Timo Herbst von der Fraktion Unabhängige Wählervereinigung (UWV) hin wurde „Rechtsextreme“ durch „jegliche Form von Extremismus“ ausgetauscht. Linksextremismus sei genauso schlimm wie Rechtsextremismus, erklärte Herbst in der Sitzung seinen Änderungswunsch. Der Anpassung widersprach Eberhard Bauer von der Fraktion Neue Liste Allmersbach-Heutensbach (NLAH): „Natürlich ist Extremismus von allen Seiten zu verurteilen. Aber im Augenblick bedroht uns der Rechtsextremismus ganz gewaltig.“ Wenn man das nun gleichsetze, werde man den aktuellen Problemen nicht gerecht. Rall betonte nach der Kritik von Bauer, dass sich der Haupttenor der Erklärung aufgrund der neuerlichen Entwicklungen durchaus gegen Rechtsextremismus richte und dass es nicht beabsichtigt sei, diesen zu verharmlosen, „aber uns war wichtig, dass das andere auch nicht vergessen wird, um klarzustellen, dass wir gegen jegliche Formen von Extremismus sind“. Die Bürgermeisterin betonte überdies, dass die Gemeinde zur Neutralität verpflichtet sei.

Dazu äußerte sich auch Wolfgang Semmler (NLAH): „Auch wenn ich Herrn Bauer recht gebe, dass im Augenblick der Rechtsextremismus unser großes Problem ist, glaube ich, dass wir als Gemeinde nicht einseitig eine Form von Extremismus verurteilen können.“ Es gebe etwa auch das Problem des Linksextremismus und des islamistischen Fundamentalismus, auch wenn diese derzeit nicht im Fokus stünden.

Werner Wötzel (NLAH) warnte in dem Zusammenhang, dass er es für gefährlich halte, sich in der Debatte nur auf eine Partei einzuschießen und gleichzeitig zu vergessen, dass ein gesamtgesellschaftliches Problem dahinterstecke – immerhin würde die Gemeinde sonst einen großen Teil der Bevölkerung, welcher die AfD wählt, als rechtsextrem abstempeln. Kai Tröbensberger (UWV), sagte, dass er die Erklärung zwar gut finde, „aber im Moment ist die AfD demokratisch gewählt und die AfD mehrfach in diesem Zusammenhang zu erwähnen ist nicht richtig“. In der Erklärung ist die Partei nicht namentlich genannt, das Bündnis positioniert sich aber klar gegen die AfD. Schließlich stimmten alle Räte und Rätinnen für die Erklärung inklusive der Änderung auf Wunsch von Timo Herbst.

In Sulzbach an der Murr ging dieser Punkt auf der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung ohne Debatte über die Bühne und wurde ohne eine Anpassung einstimmig beschlossen. Auf Nachfrage der Redaktion teilt Bürgermeisterin Veronika Franco Olias mit, dass in der Sitzung lediglich angemerkt wurde, dass es nicht bei dem Statement bleiben dürfe, sondern dass dieses nun auch mit Leben gefüllt werden müsse. Franco Olias nennt als Beispiel die Kundgebung für Demokratie in Murrhardt, an der auch viele Sulzbacher teilgenommen haben. „Ich denke, es ist wichtig, dass wir grundsätzlich an diesem Thema dranbleiben.“

Die erste stellvertretende Bürgermeisterin, Edelgard Löffler, sieht in der Erklärung ein gutes Signal. „Als Außenwirkung finde ich das grundsätzlich gut, dass man deutlich macht, wo man steht“, sagt sie. „Und Demokratieförderung im Wahljahr, etwas Besseres kann man eigentlich nicht machen.“ Ob unter den Gremiumsmitgliedern eine ähnliche Debatte wie in Allmersbach aufgekommen sei? Löffler verneint und sieht auch keine Notwendigkeit, die eine Formulierung in der Erklärung abzuwandeln, bei der explizit von einer rechtsextremistischen Bedrohung gesprochen wird. „Linksextremismus haben wir bei uns in den Teilorten nicht, zumindest ist noch nie etwas passiert. Rechtsextremismus ist eher die Seite, die uns hier beschäftigt.“

Das Bündnis für Demokratie

Gründung Das überparteiliche Bündnis für Demokratie und Menschenrechte hat sich am 25. Januar gegründet. Nach den Berichten über Pläne von AfD-Politikern und Rechtsextremisten zur massenhaften Ausweisung von Migranten wurde es von Landeschef Andreas Stoch initiiert. Die AfD ist ausdrücklich nicht zum Bündnis eingeladen.

Erklärung In der Erklärung bekennen sich die Bündnispartner zu ihren gemeinsamen Werten. „Indem wir als demokratische Mehrheit unsere Kräfte bündeln, stellen wir uns gemeinsam gegen jegliche Form von Extremismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Menschenfeindlichkeit und verteidigen die Grundwerte unserer Demokratie“, heißt es darin unter anderem.

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Erstellt:
26. März 2024, 06:00 Uhr

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