Trinkwasser aus dem Bodensee
Bekommt Bayern Bodenseewasser zu trinken?
In einer Machbarkeitsstudie wird untersucht, ob trinkwasserarme Gebiete mitversorgt werden könnten.
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© Hildegard Nagler/Hildegard Nagler
Ulrich Müller, ehemals baden-württembergischer Umwelt- und Verkehrsminister(CDU), hat jetzt eine Lösung der anderen Art ins Gespräch gebracht.
Von Hildegard Nagler
2021 hatte Bayern gemeinsam mit den Fernwasserversorgern das Projekt „SüSWasser“ mit Kosten von mehr als einer Million Euro ins Leben gerufen. Das Ziel: Die Zukunft der öffentlichen Wasserversorgung in Bayern sichern. Thorsten Glauber (Freie Wähler), bayerischer Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, sagte bei der Präsentation des Projekts auf einer Pressekonferenz im Juli 2023: „Auch in Zukunft soll in Bayern jederzeit und überall das Lebensmittel Nummer 1 in bester Qualität und in ausreichender Menge aus dem Wasserhahn fließen. Die öffentliche Trinkwasserversorgung hat bei der Wasserverteilung immer Vorrang. Neben dem weiteren Ausbau von regionalen Verbundleitungen und der damit verbundenen finanziellen Förderung ortsnaher Strukturen haben wir gemeinsam mit allen Fernwasserversorgern die Idee einer erweiterten Fernwasserstruktur entwickelt.“ Weiter hieß es auf der Pressekonferenz: „Die vorliegenden Zwischenergebnisse des Grobkonzepts zeigen, dass als mögliche Varianten der Wassereinspeisung beispielsweise der Bodensee oder das Lechmündungsgebiet infrage kommen. Denn hier liegen sehr leistungsstarke Wasserreservoire. Eine überregionale Wasserspange könnte etwa am Bodensee oder im Lechmündungsgebiet beginnen und über die fränkischen Regierungsbezirke bis nach Niederbayern führen.“
Laut Angaben von Dr. Harald Hetzenauer, Leiter des Instituts für Seenforschung, gibt es für die Fernwasserversorgung Bayerns „viele Optionen“, die im Rahmen einer Machbarkeitsstudie geprüft würden, wie er im Sommer 2024 beim Förderverein Seenforschung Bodensee meinte. Eine Leitung vom Bodensee durch Bayern in nicht gut mit Wasser versorgten Gebiete sei „de facto die teuerste und aufwendigste Lösung“, sagte der Institutsleiter.
Wäre Ulrich Müller, baden-württembergischer ehemaliger Umwelt- und Verkehrsminister (CDU), für die Wasserversorgung in Bayern zuständig, „würde ich anstatt mit großem Aufwand unterirdische Leitungen zu bauen parallel zur A 6 bis Nürnberg Rohre verlegen. Dort könnten die Rohre dann von der Autobahn wegführen und das Bodensee-Wasser auf relativ kurzem Weg in trinkwasserarme Gebiete transportieren“.
Aus dem Bodensee entnehmen derzeit 16 Wasserwerke Wasser. Eines ist die Bodensee-Wasserversorgung. Sie entnimmt pro Tag durchschnittlich 356 000 Kubikmeter Wasser für 320 Städte und Gemeinden und versorgt damit rund vier Millionen Menschen. Maximal darf sie 670 000 Kubikmeter Rohwasser pro Tag entnehmen. Es gibt drei Entnahmetürme, das Wasser kommt aus 60 Metern Tiefe. Der den Entnahmestellen am nächsten gelegene Belieferungsort ist Sipplingen, der am weitesten entfernte Bad Mergentheim. Bis zu sieben Tage lang ist das Wasser bis zum letztgenannten Ort unterwegs.
4,6 Milliarden Euro kostet das Projekt „Zukunftsquelle. Wasser für Generationen“. Doch bis zur Umsetzung des Mammutprojekts der Bodensee-Wasserversorgung zum voraussichtlichen Baubeginn 2029 müssen zahlreiche Vorarbeiten erfolgen. Drei Realisierungsstufen sind vorgesehen, die Fertigstellung ist für 2046 geplant.
Mit der dabei geplanten Ultrafiltrationstechnologie soll die Filtration des Wassers optimiert werden. „Ultrafeine Membranen lassen Feststoffe wie Gletscherschliff, Mikroorganismen wie Bakterien und auch die winzigen Larven der Quaggamuschel nicht passieren“, heißt es bei der Bodensee-Wasserversorgung. „Wir rechnen damit, dass Reinigungsintervalle verlängert werden können und Maßnahmen somit seltener notwendig sind.“
Allein in Baden-Württemberg ist derzeit die Nachfrage nach Bodensee-Wasser bereits größer als das Angebot. Das Ergebnis der bayerischen Machbarkeitsstudie war für Ende 2024 angekündigt worden. Auch wenn der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) einen Anteil für Bayern fordern sollte, ist die Umsetzung schwierig. Sowohl eine unterirdische wie auch eine überirdische Lösung bedürften einer neuen Vereinbarung Deutschlands mit den anderen Bodensee-Anrainern Österreich und Schweiz. Experten gehen von Jahrzehnten aus.