Sparprogramm von Daimler Truck

Betriebsversammlung im SI-Centrum endet mit einem Knall

1800 Beschäftigte der Zentrale wollen wissen, wie das Ein-Milliarden-Euro-Sparprogramm von Daimler Truck aussehen soll. Dem Betriebsrat sind die Antworten des Vorstands zu allgemein und er bricht das Treffen im Stage-Apollo-Theater ab.

Viel Unterstützung für  die Daimler-Truck-Betriebsräte Michael Brecht (2. v.r.) und Carmen Klitzsch-Müller (3.v.r.).

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Viel Unterstützung für die Daimler-Truck-Betriebsräte Michael Brecht (2. v.r.) und Carmen Klitzsch-Müller (3.v.r.).

Von Peter Stolterfoht

Wo normalerweise „Die Eiskönigin“ für eine unterkühlte Atmosphäre sorgt, herrscht am Dienstag eine hitzige Stimmung. Und die führt dazu, dass die Daimler-Truck-Betriebsversammlung im Stage-Apollo-Theater des Stuttgarter SI-Centrums vorzeitig für beendet erklärt wird. Das beschließt Carmen Klitzsch-Müller um 10 Uhr. Die Betriebsratsvorsitzende der Zentrale des Leinfelder Nutzfahrzeugherstellers bekommt dafür von den anwesenden 1800 Standortbeschäftigten lautstark Zustimmung. Die Aussagen des Vorstands, der unter anderem durch den Mercedes-Benz-Trucks-Chef Achim Puchert vertreten ist, seien zu unkonkret, so die Erklärung.

Vereinbarung zur Jobsicherung bleibt unberührt

Den Grund für die Betriebsversammlung lieferte die Ende Januar gemachte Ankündigung der Daimler-Truck-Geschäftsführung, bis 2030 eine Milliarde Euro einsparen zu wollen. Fest stand bisher nur, dass die bis dahin geltende Vereinbarung „Zukunftssicherung“, die betriebsbedingte Kündigungen noch fünf Jahre lang ausschließt, unberührt vom Eine-Milliarde-Ziel bleibt. Und dass vom Sparprogramm vor allem Mercedes-Benz Truck und die 34 000 Beschäftigten in Deutschland betroffen sind. Die wollen wissen, wie das größte Sparprogramm des 2021 von der Daimler AG abgespaltenen Unternehmens aussehen soll.

Der Geschäftsleitung aber geht es zunächst einmal darum, das Warum zu erklären. Und das macht in diesem Fall Jörg Howe, bei Daimler Truck Generalbevollmächtigter für Kommunikation und politische Außenbeziehungen. „Wir müssen ganz dringend Geld in die unterschiedlichen Antriebsarten investieren“, sagt Howe und verweist dabei auf neue Konkurrenz im Lkw-Sektor. „Machen wir uns nichts vor, die Chinesen werden auch hier kommen.“

Bereits da ist eine Wirtschaftsschwäche, unter der auch Daimler Truck leidet. Der Absatz des Unternehmens, an dessen Spitze seit Oktober Karin Radström steht, ging 2024 um 12 Prozent auf 460 400 Fahrzeuge zurück. In Europa sind es sogar 20 Prozent. „Alles muss jetzt auf den Prüfstand“, sagt Jörg Howe. „Wir sind kein Sanierungsfall“, sagt dagegen der Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht: „Andere in der Branche wären froh, wenn sie so dastehen würden wie wir.“

Gleichzeitig zeichnet Carmen Klitzsch-Müller ein düsteres Bild von der Stimmungslage am Standort Leinfelden. „Die Leute fühlen sich vor den Kopf gestoßen, es herrscht Wut, Enttäuschung und Angst“, sagt die Chefin des Betriebsrats der Unternehmenszentrale. Sie verweist darauf, dass sich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dem jungen Unternehmen mit Begeisterung angeschlossen hätten oder extra angeworben worden seien. Bei denen herrsche Unverständnis, dass so schnell so drastische Einschnitte kämen. „Wir alle sind der Meinung, dass wir weiter auf einem guten Weg sind“, sagt Carmen Klitzsch-Müller.

Ein Denkanstoß soll gegeben werden

Es gibt auch Hoffnung, die von dieser Veranstaltung ausgeht und von einer Beschäftigten geäußert wird. „Der Betriebsrat und die vielen Beschäftigten haben hier einen Denkanstoß gegeben“, sagt sie. Es sei insgesamt ein Plädoyer gegen die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland gewesen und dafür, auf lokales Know-how zu setzen. Sie glaube außerdem, dass der Gesprächsfaden zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung bald wieder aufgenommen werde.

Dass noch keine fertigen Lösungen präsentiert werden, begründet Unternehmenssprecher Jörg Howe damit, dass diese Gegenstand von Beratungen seien, in die man jetzt eintreten wolle. Nach dem ersten großen Knall, sozusagen.

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Erstellt:
4. Februar 2025, 14:50 Uhr
Aktualisiert:
4. Februar 2025, 15:05 Uhr

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