Land plant Verordnung
Bis zu 10 000 Euro Bußgeld: Waffenkontrollen in Bus und Bahn?
Baden-Württemberg plant ein landesweites Messer- und Waffenverbot im öffentlichen Nahverkehr. Bisher sind die Regelungen uneinheitlich. Doch was könnte das konkret für Fahrgäste und Sicherheitskräfte bedeuten?

© Lichtgut/Achim Zweygarth
Hier kontrolliert die Polizei im Dezember 2021 in Stuttgarter Stadtbahnen die Maskenpflicht. Gibt es solche Aktionen künftig auch im Hinblick auf Messer und andere Waffen?
Von Jürgen Bock
Der ein oder andere kennt die Szenerie. Man sitzt in einer Stuttgarter Stadtbahn – und plötzlich bleibt die an einer Haltestelle länger stehen als geplant. Eine große Zahl von Kontrolleuren und Sicherheitskräften überprüft die Fahrscheine. Vorzugsweise abends am Wochenende finden solche Großaktionen statt – und jedes Mal stehen danach reichlich Schwarzfahrer zu Buche. Auch zu Coronazeiten gab es größere Polizeieinsätze im öffentlichen Nahverkehr, um etwa die Einhaltung der Maskenpflicht zu kontrollieren.
Doch jetzt drängt ein neues Kontrollthema in den Vordergrund. Die Landesregierung plant ein flächendeckendes Messer- und Waffenverbot für ganz Baden-Württemberg im öffentlichen Nahverkehr. Die Verordnung von Innenminister Thomas Strobl (CDU) ist auf den Weg gebracht, dürfte aber noch etwas Zeit brauchen, weil sie noch in die Anhörung muss, wo sich zum Beispiel die kommunalen Verbände oder Verkehrsverbünde dazu äußern können.
Zahl der Vorfälle steigt
„Gerade im ÖPNV, wo in Bussen und Bahnen viele Menschen auf engstem Raum zusammenkommen, sind Messerangriffe besonders gefährlich“, sagte Strobl der Deutschen Presse-Agentur. „Das nun beschlossene Waffen- und Messerverbot im ÖPNV ist daher ein weiterer wichtiger Schritt, um die Sicherheit der Menschen im öffentlichen Raum weiter zu erhöhen.“ Im vergangenen Jahr, so das Ministerium, habe die Polizei in Baden-Württemberg im Nahverkehr 222 Messerangriffe erfasst – 16,8 Prozent mehr als zu Beginn der separaten Erfassung zwei Jahre zuvor.
Die derzeitige Lage ist uneinheitlich. Sie variiert von Verkehrsverbund zu Verkehrsverbund, zumindest bei der Formulierung. „In den Beförderungsbedingungen für den ÖPNV ist das Mitführen von Schusswaffen und gefährlichen Gegenständen zum Teil bereits ausgeschlossen“, sagt etwa ein Sprecher der Deutschen Bahn in Stuttgart. Jeder formuliere den sogenannten Mitnahmeparagraf anders. „Gefährliche Stoffe und Gegenstände sind aber nahezu überall ausgeschlossen. Und zu denen gehören natürlich auch Messer und andere Waffen.“
Beim Innenministerium betont man, es gehe darum, eine einheitliche Regelung zu schaffen mit den entsprechenden Möglichkeiten, härter durchzugreifen – ein klares Verbot in Form einer Verordnung. „Damit darf dann auch überall kontrolliert werden“, sagt eine Sprecherin. Man mache sich Gedanken mit Partnern, etwa der Bundespolizei, um die konkrete Umsetzung. Denn klar ist: Wenn die Verordnung greifen soll, muss auch überprüft werden. „Es wird Kontrollen geben“, so die Sprecherin. Verstöße können als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von bis zu 10 000 Euro geahndet werden.
Wie das alles in der Praxis aussehen soll, ist noch offen. Müssen Fahrgäste in Bus und Bahn künftig mit Großkontrollen rechnen, in denen sie nach Waffen durchsucht werden? Das klingt zunächst martialisch – und kompliziert. Denn es gibt zahlreiche Ausnahmen. Ausgenommen vom Verbot sollen Einsatzkräfte des Rettungsdienstes, der Feuerwehr und des Zivil- und Katastrophenschutzes sein, sofern sie im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit unterwegs sind. Außerdem Personen, die Messer im Zusammenhang mit der Jagd, der Fischerei, der Brauchtumspflege oder dem Sport bei sich tragen – ein weites Feld voller Grauzonen.
Klar ist aber, dass auch Alltagsgegenstände wie Schweizer Taschenmesser oder gerade gekaufte Küchenmesser unter das Verbot fallen – solange sie griffbereit sind. Eingewickelt und verpackt, etwa zum Transport, sieht das anders aus. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) äußerte sich dazu am Dienstag eher launig. „Wir erwarten uns davon, dass weniger Straftaten geschehen“, sagte er. Und zur Umsetzung: „Kontrolliert wird durch Kontrollen.“
Bei der Deutschen Bahn betont man, man trage das neue Konzept mit. „Wir setzen um, was die Politik beschließt, und begrüßen Maßnahmen, die die Sicherheit und das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste erhöhen“, sagt der Sprecher. Andere Bundesländer hätten bereits vergleichbare Regelungen. Für das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste seien aber auch andere Dinge wichtig. „Die Fahrgäste in Baden-Württemberg bewerten subjektiv die Sicherheit in Zügen der DB Regio gut. Zum Beispiel im Metropolverkehr der S-Bahn Stuttgart geben die Fahrgäste der Sicherheit in den S-Bahnen die Schulnote 2,3“, so der Sprecher. Das liege in erster Linie an sichtbaren Maßnahmen wie Sicherheitspersonal oder Videokameras in den Zügen.