Bleibt Ian Schölzel Weissach im Tal erhalten?

Der Bürgermeister denkt darüber nach, sich in Bietigheim-Bissingen zur Wahl des Ersten Bürgermeisters aufstellen zu lassen.

Im Rathaus Unterweissach könnte bald der Chefsessel leer werden.Archivfoto: E. Layher

© Edgar Layher

Im Rathaus Unterweissach könnte bald der Chefsessel leer werden.Archivfoto: E. Layher

Von Melanie Maier

WEISSACH IM TAL. Für die meisten, die an der Gemeinderatssitzung am Donnerstag teilgenommen haben, kam das, was der Weissacher Bürgermeister Ian Schölzel unter dem Punkt „Verschiedenes“ – ganz am Ende der Sitzung – bekannt gab, mehr als überraschend. In seinen nunmehr 14 Jahren als Bürgermeister der Gemeinde, fing Schölzel an, habe er immer wieder Anfragen bekommen, ob er nicht andernorts Bürgermeister oder Oberbürgermeister werden wolle. „Das hat mich aber nie gereizt“, sagte er. „Ich habe mich nie intensiver damit beschäftigt.“

Nun sei aber in Bietigheim-Bissingen unvermutet die Stelle des Ersten Bürgermeisters vakant geworden. Und die Vorzeichen haben sich geändert. Bietigheim-Bissingen – die Stadt, in der er selbst schon wohnte und in der seine Schwester nach wie vor lebt – sei die einzige Stadt, zu der er einen persönlichen Bezug habe, sagte Schölzel. Mit etwa 43000 Einwohnern ist die Große Kreisstadt die zweitgrößte Stadt im Landkreis Ludwigsburg. Die frei gewordene Stelle ist die des ehemaligen Baubürgermeisters Joachim Kölz, der seit 1. Februar dieses Jahres – nach zwölf Jahren im Amt – als Vorstandsvorsitzender der Felsengartenkellerei Besigheim tätig ist.

Mit neun weiteren Kandidaten wurde Schölzel im Bietigheim-Bissinger Stadtrat vorstellig. Zur Wahl am kommenden Dienstag soll allerdings nur er aufgestellt werden – falls er sich für die Kandidatur entscheidet. Denn das ist bei Weitem noch keine beschlossene Sache, ließ der Bürgermeister die Gemeinderäte wissen. „Ich gebe zu: Seitdem ich das weiß, bin ich im Gefühlschaos“, so Schölzel. Die Herzensgemeinde auf der einen Seite, der Karrieresprung auf der anderen – wofür wird er sich entscheiden?

In einer spontan einberufenen Sitzung hatte Schölzel am vergangenen Montag bereits den Ältestenrat informiert. Seitdem sei er immer noch sprachlos, sagte Günter Sanzenbacher (CDU/FWV).
Luciano Longobucco (LWB) sagte: „Wir waren am Montag unisono betroffen.“ Er hätte die Entscheidung am liebsten gleich für Schölzel gefällt. Er könne nur für sich und seine Fraktion sprechen, so Longobucco, „aber wir sind wahnsinnig froh, dass Sie in Weissach bleiben“. Dabei war das vor dem Wochenende noch nicht ausgemacht. Den gestrigen Freitag hat Schölzel sich freigenommen, um in Ruhe über die bevorstehende Entscheidung nachzudenken. Die Gemeinderatssitzung sei sehr eindrücklich für ihn gewesen, so die stellvertretende Hauptamtsleiterin Madelaine Fischer. Sie und ihre Kollegen im Rathaus hoffen weiterhin darauf, dass Schölzel sich für die Gemeinde Weissach im Tal als seinen Wirkungsort entscheidet. „Wir arbeiten alle sehr gerne mit ihm zusammen“, sagte sie, die Entscheidung müsse er jedoch natürlich mit seiner Familie treffen.

Auch Kämmerer Alexander Holz ließ es sich am Donnerstag nicht nehmen, zu versuchen, seinen Chef zum Bleiben zu bewegen: „Ich spreche für das ganze Rathaus, denke ich“, sagte er. „Das Arbeiten in der Verwaltung macht großen Spaß, und das liegt – wie Sie wissen – immer auch an der Führung. Wir haben einen besonderen Menschen als Chef“, betonte er und fügte hinzu: „Wir würden es sehr, sehr bedauern, wenn Sie gehen würden!“

Dem schlossen sich die Gemeinderäte ausnahmslos an. Ein Großteil meldete sich zu Wort. „Wir gehen jetzt auf etwas unsichere, schwierige Zeiten zu“, sagte zum Beispiel Thomas Obermüller (LWB). „Da wäre es schwierig, wenn bei rauer See der Steuermann das Schiff verlässt.“ „Sie haben Weissach gut vorangebracht“, fügte Carl Höfer (CDU/FWV) hinzu. Wilhelm König (UBL) meinte, „mir würde es – für uns alle natürlich – unendlich leid tun, wenn Sie gehen würden!“ Ralf Noack (SPD) sagte, die Gemeinde könne sich glücklich schätzen, einen solchen Bürgermeister zu haben: „Wir haben in den vergangenen Jahren für so eine kleine, ländliche Gemeinde viel auf die Beine gestellt.“ Josef Konrad (ULB) sagte, es würde ihm „sehr weh tun, wenn Sie gehen würden“. Sogar Jürgen Gerst, Kommandant der freiwilligen Feuerwehr, der eigentlichwegen eines Sachvortrags im Gemeinderat war, wandte sich an Schölzel: Es sei ein ganz normaler Prozess, dass man sich einmal nach dem Marktwert umschauen würde, sagte er. „Aber ich würde mich sehr freuen, wenn Sie bleiben würden.“

Schölzel war von den zahlreichen Bestärkungen sichtlich bewegt, „ich musste schon eine Träne verdrücken“, gab er nach der öffentlichen Sitzung zu. Seine Entscheidung möchte der Bürgermeister am kommenden Montag mitteilen.

Bleibt Ian Schölzel Weissach im Tal erhalten?

© Janine Kyofsky

„Ich gebe zu: Seitdem ich das weiß, bin ich im Gefühlschaos.“

Ian Schölzel,

Bürgermeister Weissach im Tal

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Erstellt:
27. März 2021, 06:00 Uhr

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