Böse Buchstaben im Nummernschild
Bestimmte Kombinationen sind seit Mitte der 80er-Jahre nicht mehr erlaubt, aber im Landkreis gibt es sie trotzdem noch
Wer mit offenen Augen im Landkreis unterwegs ist, sieht sie vielleicht noch hier und da: Autokennzeichen, die eigentlich verboten sind. Die BKZ hat herausgefunden, welche das sind, wieso es sie trotz Verbots noch gibt und wie viele Autos mit „bösen Buchstaben“ auf dem Nummernschild unterwegs sind.

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Eigentlich sind sie nicht mehr erlaubt, es gibt sie aber trotzdem noch: Die Kombinationen SS, SA, KZ, HJ und NS als Autokennzeichen. Grafik: BKZ/Fotolia/rare/snehit
Von Silke Latzel
BACKNANG/WAIBLINGEN. Mehr als jeder zweite Autofahrer fährt mit einem eigenen Wunschkennzeichen, wobei 30,8 Prozent die Initialen des eigenen Namens beinhalten. An zweiter und dritter Stelle folgen mit großem Abstand das eigene Geburtsdatum (12,5 Prozent) sowie Initialen von Familienmitgliedern (10,2 Prozent). Das geht aus einer Statistik der Autozeitschrift „GW-trends“ hervor.
Doch was, wenn die eigenen Initialen oder die der Familienmitglieder einer Buchstabenkombination entsprechen, die nicht als Autokennzeichen verwendet werden darf? Dieser Fall träfe etwa bei Personen zu, die zum Beispiel Karl Ziegler, Sandra Schwarz, Nadine Scheufele, Steffi Abele oder Horst Jäckle heißen – sie dürfen ihre Initialen nicht als Autokennzeichen verwenden. Und wieso nicht? Weil die jeweils ersten Buchstaben ihrer Vor- und Nachnamen die Kombinationen KZ, SS, NS, SA und HJ ergeben – und somit Bezug auf den Nationalsozialismus nehmen, nämlich für Konzentrationslager, Schutzstaffel, Nationalsozialismus, Sturmabteilung und Hitlerjugend stehen können.
Edgar Neumann, Pressesprecher des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg, erklärt: „Schon seit der Einführung des neuen, bundesweiten Kennzeichensystems Ende der 50er-Jahre haben sich Bund und Länder darauf verständigt, dass die Zuteilung von Kennzeichen mit anstößigen Buchstabenkombinationen unterbleibt. Hierzu zählte auch die Verwendung bestimmter Buchstabenkombinationen, die an die nationalsozialistische Gewaltherrschaft erinnern.“ Die Richtlinien aus dem Jahr 1956 seien mit Erläuterungen auch für die Zulassungsbehörden in Baden-Württemberg entsprechend umgesetzt und mit Erlassen in der Folgezeit konkretisiert worden. „Hierzu gehört unter anderem ein Erlass von 1985“, so der Pressesprecher. „Als Folge dessen dürfen die Buchstabenkombinationen KZ, SA, SS, HJ und NS nicht mehr vergeben werden und sind im landeseinheitlichen EDV-Programm gesperrt.“ Er ergänzt: „Grundsätzlich dürfen gemäß der bundesweiten Regelung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung Zeichenkombinationen der Erkennungsnummer sowie die Kombination aus Unterscheidungszeichen und Erkennungsnummer nicht gegen die guten Sitten verstoßen.“
Im Rems-Murr-Kreis gibt es noch
Kennzeichen mit NS und HJ
In Baden-Württemberg nicht verboten, in manchen Augen aber dennoch fragwürdig, sind die Kombinationen AH und HH, die für „Adolf Hitler“ oder „Heil Hitler“ stehen könnten. Auch die Zahlenkombinationen 18, 28 und 88 sind erlaubt. Diese können laut einem Papier des Bundesverfassungsschutzes aber ebenfalls eine rechtsextreme Bedeutung haben: 18 steht für den ersten (A) und achten (H) Buchstaben des Alphabets und als Abkürzung für „Adolf Hitler“. 28 steht für den zweiten (B) und achten (H) Buchstaben des Alphabets und als Abkürzung für die verbotene Organisation „Blood&Honour“ (zu Deutsch: „Blut und Ehre“). Diese ist eine in vielen Staaten aktive neonazistische Bewegung, die sich nach der Losung der Hitlerjugend benannt hat. Im Sommer 2000 wurden B&H und deren Jugendorganisation White Youth in Deutschland verboten. Und die Zahl 88 steht für den achten (H) Buchstaben des Alphabets und wird von Neonazis als Abkürzung für die Grußformel „Heil Hitler“ verwendet.
Neben den erlaubten, aber auffälligen Kennzeichen wie etwa AH, gibt es aber auch in Backnang und Umgebung nach wie vor Autos, die mit verbotenen Buchstabenkombis im Nummernschild durch die Straßen fahren. „Im Rems-Murr-Kreis sind noch elf Fahrzeuge mit WN-HJ-Kennzeichen, 14 mit WN-NS-Kennzeichen und eines mit BK-HJ zugelassen“, so Martina Keck, Pressesprecherin des Landratsamts Rems-Murr-Kreis. „Auch bei uns sind diese Kennzeichen seit den 80er-Jahren verboten. Vereinzelt gibt es aber noch Altfahrzeuge, die vor der Gesetzesänderung zugelassen wurden und die nach wie vor eines dieser Kennzeichen haben. Ein Beispiel hierfür sind landwirtschaftliche Fahrzeuge – hier gab es auch vor der Wiedereinführung der BK-Kennzeichen noch vereinzelt BK-Kennzeichen auf den Straßen. So erklärt sich auch der eine Fall mit ,BK-HJ‘.“ Sie ergänzt: „Wichtig ist: Bei einer Ummeldung oder Änderung muss das Kennzeichen abgegeben werden.“
Dass Autofahrer ihre Initialen nicht als Kennzeichen benutzen dürfen, kommt häufiger vor, als man im ersten Moment denken mag. Ob man deswegen traurig ist oder nicht, ist dabei eine persönliche Sichtweise. Aber beispielsweise sind gleich zwei Mitarbeiter der 13 Personen umfassenden BKZ-Redaktion davon betroffen: Sarah Schwellinger (SS) und Nicola Scharpf (NS) haben beide kein Kennzeichen mit ihren Initialen.
Für Sarah Schwellinger wurde dieser Umstand schon Thema, als sie weder Führerschein noch Auto hatte: „Bei der Anmeldung in der Fahrschule hat mein Fahrlehrer gleich zu mir gesagt: ,Oh, deine Initialen sind SS – da kannst du dann ja gar keine Kennzeichen draus machen.‘ Ich vermute, er hat das gesagt, weil vor allem viele junge Leute solche persönlichen Kennzeichen wollen.“ Für sie sei das Thema dann „eigentlich auch gegessen“ gewesen: „Als ich dann mein erstes eigenes Auto angemeldet habe, habe ich einfach irgendein Kennzeichen genommen. Mir ist auch einfach nicht so wichtig, dass da meine Initialen drauf sind, was auf meinem Autokennzeichen steht, hat keine Bedeutung für mich.“ Auch Nicola Scharpf hat kein Problem damit, dass sie ihre Initialen nicht auf ihrem Kennzeichen haben darf: „Ich finde es sogar gut, dass das nicht erlaubt ist. Ich würde auch gar nicht mit dem Kennzeichen ,NS‘ fahren wollen. Und wenn doch, könnte ich die Buchstaben ja immer noch umdrehen und ,SN‘ daraus machen“, sagt sie lachend. „Ich persönlich würde für ein Wunschkennzeichen sowieso kein Geld ausgeben, ich lege keinen Wert auf so etwas. Unser Auto trägt die Initialen unserer Tochter nur, weil mein Mann das unbedingt wollte.“
BK-Kennzeichen beliebt Info Seit bei der Gebietsreform 1973 der Altkreis Backnang aufgelöst wurde, wurde das Kennzeichen BK nicht mehr ausgegeben und die Backnanger bekamen bei der Neuanmeldung ihrer Autos die Kürzel SHA, WN und AA. Mittlerweile ist das BK-Kürzel in drei Landkreisen gültig: Seit 2007 im Bördekreis in Sachsen-Anhalt, seit Dezember 2013 im Rems-Murr-Kreis und seit September 2018 im Landkreis Schwäbisch Hall. Der Rems-Murr-Kreis sowie die Landkreise Börde und Schwäbisch Hall haben in kooperativer Zusammenarbeit eine Aufteilung gefunden, die die jeweiligen Interessen der Landkreise berücksichtigt .Im Rems-Murr-Kreis können die Buchstaben B, F, G, I, O und Q deshalb nicht mit dem BK-Kennzeichen kombiniert werden. Im Rems-Murr-Kreis gibt es, Stand Oktober dieses Jahres, 26363 zugelassene BK-Kennzeichen und 2055 reservierte. Im Kreis Schwäbisch Hall wurden in den ersten zwei Monaten bislang 35 BK-Kennzeichen zugelassen und 92 reserviert.