Tag des Amazonas

Brasiliens Regenwald steht lichterloh in Flammen

Im brasilianischen Amazonasgebiet wurden seit Jahresbeginn über 70 000 Brände gezählt. Verschärft wird die Lage durch eine extreme Dürre. Umweltschützer warnen vor fatalen Folgen für das Weltklima.

Rund 20 Prozent des ursprünglichen Regenwaldes wurden nach Angaben von WWF bereits zerstört.

© AP/dpa/Eraldo Peres

Rund 20 Prozent des ursprünglichen Regenwaldes wurden nach Angaben von WWF bereits zerstört.

Von Markus Brauer/dpa

Im brasilianischem Amazonasgebiet toben die schwersten Brände seit fast 20 Jahren. Seit Jahresbeginn wurden in der Region exakt 70 402 Feuer registriert, wie aus Daten des für die Satellitenüberwachung zuständigen Instituts für Weltraumforschung (Inpe) hervorgeht. Das war der höchste Wert für den Zeitraum bis Anfang September seit 2005.

„Seit Jahrzehnten wird der Wald für Rinderweiden und zunehmend für Sojaplantagen abgefackelt“, sagt der Lateinamerika-Experte der Umweltschutzorganisation WWF, Roberto Maldonado, anlässlich des Amazonas-Tags am 5. September.

Morgen ist Tag des Amazonas. Dort brennt es lichterloh. Von Januar bis August 2024 gabs im brasilianischen Teil des Amazonas laut INPE 63.189 Feuer. Die höchste Zahl seit zwei Jahrzehnten. Die Region ist Klimakipppunkt. Wir müssen das also stoppen. https://t.co/cEJI61QSlFhttps://t.co/KA0dnb4REt — Wiebke Elbe (@ElbeWWF) September 4, 2024

Grüne Lunge der Erde steht unter Dauerstress

Der Amazonas-Regenwald ist der größte seiner Art. Er ist als grüne Lunge der Erde für den Klimaschutz von zentraler Bedeutung. Unter dem ultrarechten brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro hatte die Vernichtung dieses unschätzbaren Naturjuwels jedoch dramatisch zugenommen.

Die Folgen des Klimawandels treffen das ohnehin gestresste Biotop mit voller Wucht. Normalerweise kann der tropische Regenwald ausbleibende Niederschläge und Dürren relativ gut kompensieren. Doch es gibt in einigen Regionen des Amazonas Probleme, die sehr beunruhigend sind.

 

 

Amazonas erreicht Kipppunkt ab 25 Prozent vernichteten Waldes

Rund 20 Prozent des ursprünglichen Regenwaldes wurden nach Angaben von WWF bereits zerstört. Wissenschaftler rechnen nach Angaben der Umweltschutzorganisation damit, dass bei einer zerstörten Fläche von 25 Prozent vernichteten Waldes ein Kipppunkt erreicht wird. Der Amazonas würde sich dann zu großen Teilen in eine Steppe verwandeln.

  • Zur Info: Unter Kipppunkten versteht man in der Klimaforschung, wenn durch kleine Veränderungen ein Domino-Effekt ausgelöst wird, dessen Folgen unter Umständen nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Das Konzept der Kipppunkte und damit verbundene Unsicherheiten werden unter Wissenschaftlern weltweit intensiv und zum Teil konträr diskutiert. Im Amazonasgebiet droht der Regenwald dann unaufhaltsam zu Savanne zu werden, wie Wissenschaftler befürchten.

Existenziell bedrohte Klimaanlage

Von Juni bis Oktober ist in Brasilien Waldbrandsaison. Meist werden zunächst die Bäume gefällt und die abgeholzten Flächen dann in Brand gesteckt, um neue Weideflächen und Ackerland für den Soja-Anbau zu schaffen. Weil der Regenwald im Amazonasgebiet immense Mengen des Klimagases CO2 binden kann, hat er auch für das Weltklima große Bedeutung.

„Der Regenwald ist eine gigantische Klimaanlage, Regenmaschine und eine gewaltige Kohlenstoffsenke. Wenn es nicht gelingt, den Wald zu retten, wird sich der Süden des Kontinents in eine Art Sahelzone in Lateinamerika verwandeln“, erklärt WWF-Experte Maldonado.

 

 

Jahrhundert-Dürre trocknet Amazonasgebiet aus

Verschärft wird die Lage in diesem Jahr durch eine schwere Dürre. In Brasilien, wo sich der größte Teil des Amazonasgebiets befindet, sind mehr als ein Drittel des Staatsgebiets, über drei Millionen Quadratkilometer, derzeit von der extremen Trockenheit betroffen, wie das Nachrichtenportal G1 zuletzt unter Berufung auf Daten des Nationalen Zentrums für die Überwachung von Naturkatastrophen (Cemaden) berichtete. Dabei handle es sich um die schwerste Dürre seit Beginn der systematischen Messung im Jahr 1950.

 

 

  • Dürre sorgt auf zweierlei Wegen für das Absterben von Pflanzen: Beim sogenannten Hydraulikausfall kommt es in Wasser leitenden Gefäßen infolge des Wassermangels zu Verengungen und Verstopfungen. Zudem schließen Pflanzen bei Trockenheit ihre Spaltöffnungen, damit weniger Wasser verdunstet.
  • Dadurch kann weniger Kohlendioxid aus der Umgebungsluft in die Pflanze gelangen, die das Gas für die Fotosynthese benötigt. Sie verbraucht dann mehr Energie als sie erzeugt und stirbt allmählich ab. Der Hydraulikausfall ist den Forschern zufolge besonders bei intensiven Dürren bedeutsam, der CO2-Mangel eher bei lang andauernden Dürren.

Natürlicher Lebensrhythmus gerät aus dem Takt

Der größte Regenwald der Erde hat globale Bedeutung: Er beherbergt eine einzigartige Artenvielfalt, beeinflusst die Niederschläge in ganz Südamerika und sein Schwinden setzt Treibhausgase frei, die zur Erderwärmung beitragen.

Lange zog der Amazonaswald Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Doch für die Zeit von 2010 bis 2018 wurde bereits gezeigt, dass er mehr freisetzte als er aufnahm. Gründe seien die Waldvernichtung und die stärker ausgeprägte Trockenzeit, hatte ein Team des brasilianischen Nationalen Instituts für Weltraumforschung (INPE) berichtet.

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Erstellt:
5. September 2024, 09:48 Uhr

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