Einspruch gegen Wahlergebnis

BSW pocht auf Neuauszählung – So geht es jetzt weiter

Das Bündnis Sahra Wagenknecht hat einen Einspruch gegen das Ergebnis der Bundestagswahl eingereicht. Die Partei hofft auf einen nachträglichen Einzug in das Parlament. Wie stehen dabei ihre Chancen?

Amira Mohamed Ali, Co-Parteivorsitzende des BSW, hat im Bundestag den Wahleinspruch ihrer Partei abgegeben.

© dpa/Fabian Sommer

Amira Mohamed Ali, Co-Parteivorsitzende des BSW, hat im Bundestag den Wahleinspruch ihrer Partei abgegeben.

Von red/AFP

Nur rund 9500 Stimmen haben dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zum Einzug in den Bundestag gefehlt. Die Partei scheiterte mit äußerst knappen 4,981 Prozent an der Fünfprozenthürde und pocht deshalb auf eine Neuauszählung. Gegen das Wahlergebnis reichte das BSW deshalb am Mittwoch einen Einspruch beim Wahlprüfungsausschuss des Bundestags ein. Wie geht es nun weiter?

Welche Rechtsschritte unternahm das BSW bislang?

Schon kurz nach der Wahl vom 23. Februar kündigte BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht eine rechtliche Prüfung des knappen Wahlergebnisses an. Rund zwei Wochen später reichte die Partei dann Eilanträge beim Bundesverfassungsgericht ein, um eine Neuauszählung zu erlangen – allerdings ohne Erfolg.

Das Gericht erklärte, dass ein Rechtsschutz vor Feststellung des endgültigen Ergebnisses nur begrenzt möglich sei. Bei etwaigen Zählfehlern müsse das normale Wahlprüfungsverfahren eingehalten werden – und für dieses ist der Bundestag zuständig.

Mit einem weiteren Eilantrag vor dem hessischen Verwaltungsgericht gegen die Bundeswahlleiterin – die ihren Sitz in Wiesbaden hat – scheiterte das BSW ebenfalls. Das Gericht erachtete sich nicht für zuständig und verwies ebenfalls auf den Bundestag.

Was passiert jetzt mit dem Wahleinspruch?

Für die Prüfung der Bundestagswahl ist gemäß Artikel 41 des Grundgesetzes der Bundestag selbst zuständig. Einspruch gegen die Wahl kann innerhalb von zwei Monaten nach dem Wahltag jeder Wahlberechtigte einlegen - diese Frist läuft am Mittwoch ab, weshalb das BSW nun seinen Einspruch einreichte. Dabei handelt es sich konkret um drei Einsprüche: jeweils von der Partei selbst, Parteimitgliedern sowie Wählern.

Über die Beschwerden berät zuerst der Wahlprüfungsausschuss – konstituiert hat sich dieser aber noch nicht. Dies dürfte erst Mitte Mai erfolgen. Das neunköpfige Gremium muss dann Beschlussempfehlungen zu den Einsprüchen erarbeiten, über die anschließend das Plenum des Bundestags abstimmt. Erst gegen diese Entscheidung kann das BSW eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht erheben.

Wie lange dauert die Prüfung?

Der Wahlprüfungsausschuss kann laut Wahlprüfungsgesetz Auskünfte einholen, Zeugen und Sachverständige vernehmen. Auch eine mündliche Verhandlung ist möglich. Dabei kann sich der Ausschuss Zeit lassen: Eine Frist, innerhalb der geprüft werden muss, gibt es nicht.

Zum Vergleich: Die ersten Einsprüche gegen die pannenbehaftete Wahl 2021 hatte das Gremium nach rund fünf Monaten fertig geprüft, die letzten nach fast anderthalb Jahren. Allerdings mussten auch insgesamt über hundert Einwände bearbeitet werden.

Welche Fehler sieht das BSW?

„Wir glauben nicht, dass wir betrogen wurden oder dass manipuliert wurde“, sagte Co-Parteichefin Amira Mohamed Ali AFP vor der Abgabe des Einspruchs. „Wir glauben, dass Fehler passiert sind.“ 

Die Partei sieht „extreme Anomalien“. So hätten Wähler mitgeteilt, dass sie das BSW gewählt haben, aber in ihrem Wahlbezirk keine Stimmen für das BSW ausgewiesen wurden. Es seien Stimmen vertauscht und anderen Parteien zugeschlagen worden, folgert das BSW auf Basis eigener Recherchen. Zudem habe es Übertragungs- und Auszählungsfehler gegeben.

Die Partei hofft auf bis zu 32.000 zusätzliche Stimmen. Sie ist sich deshalb sicher, bei einer Neuauszählung den Einzug in den Bundestag zu schaffen.

Wie stehen die Chancen für die Partei?

Der Verfassungsrechtler Ulrich Battis erachtet die Chancen als eher gering. „Die Hürden für eine erfolgreiche Wahlanfechtung sind hoch“, sagte er AFP. „Weil es völlig unstrittig ist, dass bei jeder Wahl Fehler gemacht werden.“

Diese müssten mandatsrelevant sein, sich also auf die Sitzverteilung im Parlament auswirken. Es würden mit Sicherheit Fehler gefunden werden, so Battis. Ob das BSW dadurch aber über 9000 Stimmen hinzugewinnen kann, sei sehr unsicher. „Es werden sicher auch viele Fehler zu Ungunsten der Partei gefunden.“

Kritik an der Wahlprüfung durch den Bundestag?

Sowohl im Wahlprüfungsausschuss als auch im Plenum entscheiden Abgeordnete der im Bundestag vertretenen Fraktionen über die Einsprüche. Das BSW sieht hier einen Interessenkonflikt - die übrigen Parteien hätten kein Interesse, dass das BSW doch noch in den Bundestag einzieht, heißt es von der Wagenknecht-Partei.

Jurist Battis bemängelt ebenfalls, dass der Bundestag für die Wahlprüfung zuständig ist. Damit entscheide der von einer möglichen Nachzählung oder Nachwahl Betroffene in eigener Sache – „das ist sicherlich eine Fehlkonstruktion. Es wäre sicher sinnvoll, das zu ändern“.

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Erstellt:
23. April 2025, 15:50 Uhr

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