Stadt im Schwarzwald

Bürgermeisterwahl von Alpirsbach wird vor Gericht verhandelt

Wurde bei der Bürgermeisterwahl in Alpirsbach getäuscht? Der Wahlsieger wehrt sich mit einer Klage gegen die Annullierung der Wahl. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe prüft.

Die Brauerei und Häuser der Stadt Alpirsbach im Schwarzwald.

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Die Brauerei und Häuser der Stadt Alpirsbach im Schwarzwald.

Von red/dpa/lsw

Vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe hat ein Prozess zur Gültigkeit der Bürgermeisterwahl von Alpirsbach im Schwarzwald begonnen. Bei der Stichwahl in dem 6.000-Einwohner-Ort im Kreis Freudenstadt hatte der parteilose Polizeihauptkommissar Sven Christmann vor neun Monaten knapp 56 Prozent der Stimmen erhalten. Die Wahl wurde aber annulliert. Dagegen klagt Christmann. Damit die Wähler möglichst schnell Klarheit haben, ob sie noch einmal einen Bürgermeister wählen müssen, will das Gericht schon am Mittwoch einen Tenor bekanntgeben und noch vor März das Urteil begründen.

Der Vorwurf

Das Landratsamt Freudenstadt wirft Christmann vor, die Wähler in Hinblick auf sein Dienstverhältnis bei der Polizei getäuscht zu haben. Das Amt hatte die Wahl nach Einsprüchen geprüft und war zu dem Schluss gekommen, dass Christmann die Führung seiner Dienstgeschäfte verboten worden sei - das Amt bezeichnete das als Suspendierung. Christmanns Dementi, er sei nicht suspendiert worden, wertete das Amt als Täuschung der Wähler.

Was ist unter Suspendierung zu verstehen?

Doch eine Suspendierung, also Dienstenthebung, gab es nicht. „Ich halte fest, dass Herr Christmann nicht getäuscht hat“, betonte sein Anwalt. Sein Mandant habe objektiv nicht die Unwahrheit gesagt und vielmehr volle Transparenz geschaffen sowie die Vorwürfe aufgeklärt. Hintergrund sind Ermittlungen wegen möglicher Bestechlichkeit bei der Beschaffung von Trocknungsschränken für die Polizei.

Aus Sicht des Landratsamtes kommt es aber nicht auf den Rechtsbegriff an, sondern wie „Suspendierung“ gemeinhin verwendet und verstanden wird. Wenn jemand als Bürgermeister kandidiere, erwarte der Wähler eine integre Person - als Polizeibeamter anzutreten habe „vertrauensbildende Wirkung“. Christmann hätte aus Sicht der Behörde darüber aufklären müssen, dass er wegen der Vorwürfe nicht aktiv im Dienst ist. Das Amt ordnete eine Neuwahl an.

Gericht: Christmann war wählbar

Der Vorsitzende Richter Stephan Neidhardt stellte fest: Christmann sei für den Dienst „gesperrt“, aber er sei nicht suspendiert und habe auch nicht seine beamtenrechtliche Stellung verloren. „Bis zum heutigen Tag ist Herr Christmann grundsätzlich wählbar.“

Fraglich ist, inwieweit der Durchschnittswähler um die genaue Bedeutung des Wörtchens „Suspendierung“ wusste und wie das Dementi ankam. Ein Ehepaar, das Einspruch gegen die Wahl erhoben hatte und als Beteiligte die Verhandlung verfolgte, fühlte sich jedenfalls falsch von Christmann informiert. Er habe die Vorwürfe „heruntergespielt“.

Das Gericht verwies auf eine hohe Schwelle bei der Frage der Wahltäuschung - und auch auf das Beispiel Amerika: Nicht jede Lüge im Wahlkampf mache eine Wahl ungültig, so Neidhardt. Was Christmanns Anwalt zu der Feststellung veranlasste: „Der Kläger ist nicht Donald Trump.“ Christmann, der die Verhandlung in Karlsruhe gespannt verfolgte, wollte sich zunächst nicht äußern.

Wer hat das letzte Wort?

Das letzte Wort wäre es möglicherweise nicht: Rechtsmittel könnten noch beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) in Mannheim und beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingelegt werden.

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Erstellt:
28. Januar 2025, 12:04 Uhr
Aktualisiert:
28. Januar 2025, 16:10 Uhr

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