Teurer Ökostrom
Bund muss zusätzliche Milliarden zur Ökostrom-Förderung bezahlen
Bei Ökostrom gibt es für die Erzeugung eine feste Vergütung. Dafür gibt es ein Konto. Das aber wird zu einem immer größeren Risiko für den Bundeshaushalt. Es geht um richtig viel Geld.
Von Andreas Hoenig (dpa)/Markus Brauer
Die Kosten für die staatliche Förderung der erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne drohen völlig aus dem Ruder zu laufen. Die Bundesregierung muss in diesem Jahr Mehrkosten von rund neun Milliarden Euro schultern. Das geht aus einem Schreiben von Finanzstaatssekretär Florian Toncar (FDP) an Helge Braun (CDU) hervor, den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des Bundestages.
Regierung muss EEG-Konto ausgleichen
Das Bundeswirtschaftsministerium beantragte laut Schreiben eine überplanmäßige Ausgabe von 8,769 Milliarden Euro. Die Mittel dienen der Förderung erneuerbarer Energien. Dafür ist nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ein Konto eingerichtet, das von den Übertragungsnetzbetreibern geführt wird.
Das EEG fördert die Nutzung von Ökostrom durch Einspeisevergütungen an die Anlagenbetreiber. Auch private Haushalte bekommen eine Vergütung, wenn sie zum Beispiel eine Solaranlage auf dem Dach haben und Strom ins öffentliche Netz einspeisen. Das EEG war im Jahr 2000 beschlossen worden, um den Ausbau des Ökostroms zu fördern.
Früher wurden Differenzen zwischen Ausgaben und Einnahmen von den Stromkunden über die EEG-Umlage finanziert. Diese Umlage über die Stromrechnung wurde abgeschafft, um Stromkunden zu entlasten. Die Mittel zum Ausgleich des EEG-Kontos kommen nun durch einen Zuschuss des Bundes, konkret aus dem Klima- und Transformationsfonds – einem Sondertopf.
Sinkende Börsenstrompreise vergrößern Finanzlücke
Wegen eines sinkenden Preisniveaus im Stromgroßhandel wird die Differenz zwischen den Einnahmen aus dem Verkauf des Ökostroms und den EEG-Vergütungen immer größer. Je niedriger der Strompreis an der Strombörse, desto niedriger sind die Einnahmen der erneuerbaren Energien – entsprechend höher ist der EEG-Finanzierungsbedarf.
Toncar schrieb, die stark rückläufige Entwicklung der Strompreise und der damit einhergehende hohe Finanzierungsbedarf sei zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Haushalts 2024 nicht vorhergesehen gewesen. Nach aktuellem Stand seien die Mittel auf dem EEG-Konto bereits jetzt nahezu vollständig aufgebraucht. Bislang seien 9,8 Milliarden Euro der verfügbaren Mittel in Höhe von 10,6 Milliarden Euro ausgezahlt.
Netzbetreiber warnen vor Liquiditätsengpässen
Stefan Kapferer, Chef des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz, erklärte: „Den gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleich aus dem Bundeshaushalt begrüßen wir. Mittelfristig muss ein Weg gefunden werden, damit verlässlich EEG-Mittel aus Bundesmitteln zur Verfügung stehen.“ Die Betreiber der Stromübertragungsnetze hatten bereits im Januar vor einer „fehlenden Liquidität“ auf dem EEG-Konto ab Juli gewarnt.
Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte, derzeit liefen Gespräche zum Haushalt. Dabei spiele auch die Finanzierung des Klima- und Transformationsfonds (KTF) und damit des EEG-Kontos eine Rolle.
Bundesfinanzminister will Reform
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) spricht von schätzungsweise 19 Milliarden Euro an Subventionen aus dem EEG in diesem Jahr. „Das EEG kommt aus einer Zeit, als Erneuerbare eine Nische waren. Heute ist das ein Massenmarkt, der insbesondere bei der Anlage auf dem Dach auch ohne Subvention funktioniert und deshalb brauchen wir da ein Update.“
FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer betonte: „Die Steuerzahler müssen vor dem Kostenrisiko der garantierten Einspeisevergütung bei den erneuerbaren Energien geschützt werden. Die Dauersubventionierung der erneuerbaren Energien muss jetzt auslaufen. Die brauchen keine teuren, staatlich finanzierten Preisgarantien mehr.“
Kommt ein Nachtragshaushalt?
Das Bundesfinanzministerium hatte sich bereits die Möglichkeit eines Nachtragshaushalts für dieses Jahr offengehalten. Weil die Konjunktur in Deutschland schwächer als erwartet läuft, lässt die Konjunkturkomponente in der Schuldenbremse eine größere Nettokreditaufnahme zu.
Dabei könnte es um bis zu elf Milliarden Euro gehen. Bisher ist für das laufende Jahr im Rahmen der Schuldenbremse eine Nettokreditaufnahme von 39 Milliarden Euro geplant.