Bund und Länder wollen Ganztags-Streit lösen
dpa/lsw Berlin/Stuttgart. Die Zeit läuft. Der geplante Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler wackelt. Anfang September könnten Bund und Länder den Streit noch abräumen. Die Baden-Württemberger wollen aber deutlich mehr Geld aus Berlin.
Bund und Länder wollen quasi in letzter Minute einen neuen Anlauf nehmen, um den Finanzstreit um die Ganztagsbetreuung von Grundschülern noch vor der Bundestagswahl zu lösen. Am kommenden Freitag soll eine informelle Arbeitsgruppe einen möglichen Kompromiss ausloten, hieß es am Montag aus Kreisen der Großen Koalition in Berlin. Gelinge dies, könne am kommenden Montag der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat zusammenkommen. Die Zeit drängt, weil der Bundestag am Dienstag nächster Woche seine letzte Sitzung vor der Bundestagswahl hat, in der das Gesetz neu beschlossen werden könnte. Der Bundesrat hatte dem Gesetz Ende Juni die Zustimmung verweigert und den Vermittlungsausschuss angerufen.
Eigentlich war geplant, dass jedes Kind, das ab Sommer 2026 eingeschult wird, in den ersten vier Schuljahren Anspruch auf einen Ganztagsplatz bekommt. Um diesen Rechtsanspruch gewährleisten zu können, müssen die Länder Hunderttausende neue Ganztagsplätze schaffen. Sie fordern vom Bund deutlich mehr Hilfe für die Investitions- und langfristigen Betriebskosten.
Zuletzt hatte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) weitere finanzielle Zugeständnisse verlangt. „Was wir vom Bund fordern, ist ein faires und solidarisches Finanzierungsmodell. Nicht mehr und nicht weniger.“ Der Grünen-Politiker untermauerte die Forderung der Länder nach mehr Geld vom Bund mit einem konkreten Vorschlag. „Das bisherige Angebot des Bundes ist vollkommen unzureichend.“ Die Länder fordern, dass sich der Bund langfristig zur Hälfte an den Betriebskosten beteiligt. Kretschmann mahnte an, den Ausgleich über einen höheren Anteil der Länder an der Umsatzsteuer zu regeln. „Jetzt kann der Bund zeigen, ob er es ernst meint.“
Der einklagbare Rechtsanspruch müsse „finanziell hinterlegt und leistbar sein“, sagte der Grünen-Regierungschef. Er befürchtet, dass allein auf Baden-Württemberg im Endausbau Kosten von jährlich einer Milliarde Euro zukommen könnten, wenn der Bund nicht nachbessert. Länder und Kommunen wüssten aus den Erfahrungen beim Ausbau von Kitas und Krippen: „Ohne fortlaufende Investitionen in Qualität und Fachkräfte bleiben die bildungspolitischen Verheißungen des Bundes reine Worthülsen.“ Das bisherige Angebot des Bundes würde die durch Corona ohnehin stark belasteten Haushalte von Kommunen und Länder viel zu sehr belasten.
© dpa-infocom, dpa:210830-99-26026/3