Bundesweit einziges Nachtangelverbot gekippt

dpa Stuttgart. Erfolg für sechs Kläger gegen das einzige Nachtangelverbot in Deutschland: Sie haben nicht nur für sich, sondern für alle Angler in Baden-Württemberg das Aus für die ungeliebte Verordnung erstritten.

Nachts im Mondschein angeln und die Ruhe genießen - diesen Traum können sich baden-württembergische Angler in Kürze erfüllen. Denn Deutschlands einzig verbliebenes Nachtangelverbot gehört bald der Vergangenheit an. Der Grund: Sechs Angler haben mit ihrer Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart Erfolg gehabt und das Ministerium für Ländlichen Raum zum Umdenken gezwungen.

„Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nehmen wir an und werden sie umsetzen, indem wir die Norm zeitnah anpassen“, hieß es in einer knappen Mitteilung vom Mittwoch. Wenige Stunden nach der Veröffentlichung des Tenors der Entscheidung der 5. Kammer lenkte das Land ein. Bei den Klägern breitete sich Euphorie aus. „Super - ich bin sprachlos“, sagte etwa Hans-Hermann Schock, Vorsitzender des Württembergischen Anglervereins.

Künftig können 150 000 Angler zwischen Main und Bodensee auch nachts ihre Ruten auswerfen. Bislang dürfen sie laut Landesfischereiverordnung bis eine Stunde nach Sonnenuntergang und ab einer Stunde vor Sonnenaufgang fischen - mit Lockerungen für das Fischen auf Wels, Flusskrebs und Aal. In baden-württembergischen Gewässern gibt es um die 40 Fischarten.

Das Gericht hatte Schock und fünf weiteren Klägern aus dem Vorstand des Landesfischereiverbandes Recht gegeben, allerdings klargestellt: „Das Nachtangelverbot ist damit nicht generell aufgehoben.“ Nach Auffassung der 5. Kammer verstößt die Verordnung gegen höherrangiges Recht für die Kläger, die Eigentums- und Grundrechte geltend gemacht hatten.

Um den Weg für alle Angler frei zu machen, hatten die Kläger mit mühsamen Gesprächen mit dem Ministerium gerechnet. Schock vom Württembergischen Anglerverein hatte sogar angedroht, er werde im Ernstfall alle Angler im Land aufrufen, individuell zu klagen und damit das Ministerium in Bedrängnis zu bringen - denn dieses müsse für die Kosten der Prozesse aufkommen.

Das ist nun nach dem Einlenken des Ressorts von Peter Hauk (CDU) nicht mehr nötig. Schock würdigte das: „Hut ab vor den Politikern, die ideologische Interessen zurückstellen und sich der Rechtsprechung unterordnen.“ Er hoffe, dass die Verordnung wirklich in den nächsten Wochen geändert werde.

Noch am Vortag hatte eine Vertreterin des Ministeriums den Klägern das absichtliche Begehen einer Ordnungswidrigkeit empfohlen, um Rechtssicherheit herzustellen - worauf die Kläger nicht eingehen wollten. Das Ministerium hatte zuvor betont, die Verordnung trage dem Bedürfnis der Fische und anderer Tiere wie am Ufer lebenden Vögeln nach Nachtruhe Rechnung. In diesem Punkt hatten auch die Tierrechtsorganisation Peta und die Umweltorganisation Nabu Verständnis für die Position des Landes geäußert.

Die Angler fühlen sich durch die Verordnung als ruhige Naturgenießer gegängelt - während andere nachts uneingeschränkt an Ufern Hunde baden, Party machen oder grillen dürften. Angler könnten nachts sogar eine positive Aufsichtsfunktion am Gewässer erfüllen und hätten im Gegensatz zu anderen nächtlichen Naturnutzern eine spezielle Ausbildung in Form der amtlichen Fischerprüfung, erklärte der Landesfischereiverband.

© dpa-infocom, dpa:210714-99-381326/3

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Erstellt:
14. Juli 2021, 14:57 Uhr

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