CDU und CSU kommen einander in Seeon näher
Harmonischer Auftritt von Kramp-Karrenbauer und Dobrindt bei Winterklausur der CSU
Winterklausur Seeon - Der Auftritt von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer kam gut an bei der CSU-Landesgruppe. Das neue Führungspersonal auf beiden Seiten soll die Union neu zusammenschweißen.
Kloster Seeon Die über Jahre bis an den Rand des Bruchs zerstrittenen Unionsparteien wollen zu neuer Gemeinsamkeit finden. Bei der traditionellen Winterklausur der CSU-Bundestagsgruppe im oberbayerischen Seeon haben sie am Wochenende damit bereits angefangen: Der Vorsitzende der CSU-Gruppe, Alexander Dobrindt, und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer traten in „absoluter Weltpremiere“ zusammen vor die Presse. Die Nachfolgerin von Angela Merkel im Parteivorsitz wies dabei auch auf „die neue personelle Konstellation“ hin, in der die Schwesterparteien das Jahr angehen wollten. Auch die CSU bekommt demnächst ja einen neuen Vorsitzenden: Markus Söder löst Horst Seehofer ab.
Kramp-Karrenbauer hatte die CSU-Klausur, was als starkes Bemühen um Kontakt und Nähe honoriert wurde, nicht nur für einen kurzen Vortrag besucht; sie war für persönliche Gespräche mit den 46 CSU-Abgeordneten sogar schon am Abend zuvor angereist. Am letzten Tag fiel dann auch die offizielle Aussprache länger aus als geplant. Dabei, so Dobrindt, habe man „viele, viele Gemeinsamkeiten“ entdeckt, und Kramp-Karrenbauer ergänzte, nachdem man 2018 „in den Abgrund geschaut“ habe, werde man künftig „mit wesentlich mehr Gemeinsamkeit“ unterwegs sein.
Auffällig war aber auch, wie sehr besonders Dobrindt die Unterschiedlichkeit der beiden Parteien betonte. So forderte er gleich zweimal, Kramp-Karrenbauer solle „den Geist von Seeon inhalieren“ – was eine unverhohlene Anspielung auf den berühmten „Geist von Wildbad Kreuth“ war. Bei der Winterklausur dort hatte die CSU 1976 die Trennung der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU beschlossen. Allerdings hielt der Beschluss nicht lange.
Dobrindt, der sich freimütig als einer der „Beteiligten“ am schweren Unionsstreit des vergangenen Jahres bezeichnete, versprach eine „Balance zwischen Zusammenhalt und Auseinandersetzung“. Kramp-Karrenbauer ihrerseits hob hervor, die beiden Unionsparteien seien „nicht deckungsgleich“; das Verhältnis werde „spannend“ bleiben. Und sie ergänzte: „Ich bin mit fünf Geschwistern groß geworden. Da galt die Regel: Man streitet miteinander, aber wenn die Nachbarskinder kommen, hält man zusammen.“
Unter anderem wollen CDU und CSU nun den Europawahlkampf mit gemeinsamem Programm bestreiten. Und die CDU-Vorsitzende will demnächst „Praktiker“ der Schwesterpartei zu einem Werkstattgespräch über Fragen zu Migration, Abschiebungen und innere Sicherheit einladen. Da gehe es nicht um neue Gesetzesforderungen, sondern um die Klärung, was warum nicht ausreichend funktioniere, sagte Kramp-Karrenbauer – während Dobrindt ankündigte, die CSU unterstütze das von Innenminister Horst Seehofer geplante „Rückführungsbeschleunigungsgesetz“.
Dem gemeinsamen Europa-Spitzenkandidaten der Union sowie der gesamten Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, sicherte Dobrindt in Seeon die „Unterstützung mit allen Kräften“ zu. Das war nicht immer so. Noch 2014, bei der bisher letzten Europawahl, hatte CSU-Chef Horst Seehofer dem eigenen Spitzenkandidaten Weber einen sehr populären Europa-Kritiker an die Seite gestellt: Peter Gauweiler. Damit sollten sowohl Europa-Freunde als auch Skeptiker angesprochen werden. Die Taktik ging damals schief. Die Europawahl 2014 gilt als die erste einer Serie von Wahlniederlagen für die CSU.
Heute hat der auch von Kramp-Karrenbauer gelobte CSU-Mann Manfred Weber die Chance, nach einem Wahlerfolg der Konservativen zum Chef der EU-Kommission aufzusteigen und in diesem Amt Jean-Claude Juncker zu beerben. Dobrindt sagte, die CSU wolle im Wahlkampf „mit der europäischen Union begeistern“. Weber wiederum sagte, er wolle auch die Antieuropäer in der EU selbst „stellen.“ Einen Bruch aber mit umstrittenen Machthabern wie dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán schloss Weber aus. Man müsse im Dialog bleiben, sagte er. Gleichzeitig versicherte er, einen „Rabatt an Rechtsstaatlichkeit“ werde es für niemanden geben. Austrittsplänen für Deutschland – wie sie die AfD hegt – erteilte Weber eine Absage. Das würde zu einer chaotischen politischen Lage wie in London und in eine wirtschaftlich unsichere Zukunft führen.