Wenig Interesse an Gesundheits-Apps
Darum floppen viele Apps auf Rezept
Gesundheits-Apps sollen Patienten bei der Behandlung ihrer Krankheit unterstützen. Doch digitale Gesundheitsanwendungen setzen sich in Baden-Württemberg nicht durch. Warum ist das so?
Von Viviana Bastone
Seit Oktober 2020 können Ärzte ihren Patientinnen und Patienten Gesundheits-Apps verschreiben. Doch die Nachfrage hält sich bislang in Grenzen: So wurden in Baden-Württemberg bei mehr als zehn Millionen Arztkontakten nur rund 43 000 Mal digitale Gesundheitsanwendungen verordnet. Das geht aus dem Barmer-Arztreport 2024 hervor. Für Winfried Plötz, Landesgeschäftsführer der Barmer in Baden-Württemberg, bleiben die sogenannten DiGA damit hinter den Erwartungen zurück.
Was sind DiGA?
DiGA steht für „Digitale Gesundheitsanwendungen“ – also für Apps auf Rezept, die Patienten bei ihrer Krankheit begleiten und bei der Behandlung mithilfe von Übungen und Informationen unterstützen sollen. Eine App für Tinnitus-Patienten enthält beispielsweise Entspannungsanleitungen, beruhigende Hintergrundgeräusche und einen Wissensteil. Laut dem Barmer-Arztreport wurden 2022 in Baden-Württemberg am häufigsten Apps verschrieben, die sich auf den Bewegungsapparat konzentrieren. Andere Anwendungsbereiche sind Adipositas, Depressionen, Angst- und Schlafstörungen. Ziel der DiGA ist unter anderem, die medizinische Versorgung in strukturschwachen Regionen zu verbessern. Die Kosten von durchschnittlich 367 Euro für die Nutzung einer App über 90 Tage werden von den Krankenkassen übernommen.
Für wen sind DiGA geeignet?
Geeignet sind die digitalen Helfer laut der Barmer-Krankenkasse für gesetzlich Versicherte, die motiviert und diszipliniert sind, DiGA regelmäßig anzuwenden. Von Vorteil sei außerdem eine gewisse Affinität zu digitalen Angeboten. Apps auf Rezept werden vor allem Patientinnen und Patienten im Alter von 30 bis 65 Jahren verordnet.
Welche Kritik gibt es an DiGA?
Die meisten DiGA werden in Kombination mit einer anderen Behandlungsmethode verschrieben. Der Barmer-Arztreport schließt daraus, dass durch die Apps keine anderen Behandlungen ersetzt werden. Ein Drittel der Versicherten, die eine DiGA verschrieben bekommen haben, breche die Nutzung sogar vorzeitig ab, weil die Anwendung ihre Erwartungen nicht erfüllt habe. Das Ziel, vor allem strukturschwache Regionen zu versorgen, konnte offenbar nicht erfüllt werden: Bis jetzt werden DiGA vor allem in Städten verschrieben, Spitzenreiter ist dabei Berlin mit 337 Verordnungen pro 100 000 Einwohner. Baden-Württemberg belegt in diesem Ranking den zehnten Platz, wie aus dem Arztreport hervorgeht.
Welchen Vorteil hat die Behandlung per App?
Digitale Behandlungsmethoden können überall und zu jeder Zeit angewendet werden. Das ermöglicht viel beschäftigten Patientinnen und Patienten eine gewisse Flexibilität. Die digitalen Helfer sind vor allem zur Selbsthilfe geeignet. Eine regelmäßige Nutzung kann Benutzern dabei helfen, ihre Symptome in Schach zu halten oder gar Schmerzfreiheit zu erlangen.
Warum setzen sich DiGA trotzdem nicht durch?
Eine Antwort liefert eine bundesweite Umfrage der Barmer: Ein Drittel der befragten Ärztinnen und Ärzte gab an, schlechte Kenntnisse über die DiGA zu haben. Rund 44 Prozent hätten noch nie eine verschrieben. „Diese Wissenslücke dürfte auch ein Grund dafür sein, dass die Apps auf Rezept bisher zurückhaltend und wenn, dann nicht selten falsch verordnet werden“, sagt Barmer-Landesgeschäftsführer Plötze.
Umfrage unter Versicherten und Ärzten
Barmer-Arztreport 2024Für den Arztreport wurden die Verordnungsdaten der Jahre 2020 bis 2022 ihrer bundesweit rund 8,5 Millionen Versicherten ausgewertet und auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet.
Barmer-UmfrageFür die Umfrage wurden 1700 Versicherte und 1000 Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in ganz Deutschland befragt.