Das Backnanger Viadukt wächst Stück für Stück
Die Verantwortlichen des Regierungspräsidiums sind zuversichtlich, dass die Brücke über das Murrtal im nächsten Sommer fertiggestellt ist. Die Arbeiten liegen nach anfänglichen Problemen inzwischen voll im Zeitplan.
Von Matthias Nothstein
Backnang. Auch wenn man es von der Fahrbahn des Backnanger Viadukts nicht auf den ersten Blick so richtig erkennen kann, gleich nebenan wird mit Hochdruck am zweiten Brückenbauwerk gearbeitet. Aktuell zum Beispiel entsteht der erste Brückenbogen, der einmal die Murr überspannt und künftig die eigentliche Fahrbahn der Bundesstraße tragen wird. Ein Dutzend Arbeiter des Generalbauunternehmens Wolff und Müller haben gestern ein weiteres Segment des Brückenbogens betoniert. Früh morgens um 6 Uhr ist der erste Betonmischer angerückt, gegen 13 Uhr konnten die Arbeiten abgeschlossen werden. 36,7 Kubikmeter Beton wurden in dieser Zeit von fünf Lastwagen herangekarrt und portionenweise in einen großen Betonkübel gegossen. Ein Kran wiederum hievte den Kübel über die Schalung, wo ein Mitarbeiter das zähflüssige Gemisch über einen riesigen Schlauch gleichmäßig verteilte, ständig assistiert von den Kollegen ringsum.
Das zweite Backnanger Viadukt wächst und wächst
Im Sommer nächsten Jahres kann die neue Brücke über das Murrtal in Betrieb genommen werden
Zwei Doppelbögen der Brücke mit insgesamt 20 Segmenten
Jeder Brückenbogen wird in fünf Abschnitten betoniert. Und da für jede Fahrbahn ein Bogen benötigt wird und da es jenseits der Murr noch einen weiteren Doppelbogen gibt, kommen in der Summe 20 Segmente zusammen, die auf die geschilderte Weise gefertigt werden müssen. Für jedes Segment benötigen die Arbeiter etwa eine Woche. Carl Pollen, der für die Stuttgarter Firma Zetcon Ingenieure die Bauaufsicht innehat, ist zuversichtlich, dass die Arbeiten zügig vorangehen. Immerhin stehen schon 12 Pfeiler des zweiten Viadukts. Auch zwei sogenannte Kämpfer sind bereits fertig. Sie bilden die Auflager für die Brückenbögen. Der dritte Kämpfer ist gerade in Arbeit. Dazu muss sein Vorgänger erst beseitigt werden. Denn an der Stelle, an der derzeit das zweite Viadukt entsteht, stand bereits dessen Vorgänger aus dem Jahr 1937.
In der Nachkriegszeit wurden die alten Kämpfer einfach wiederbenutzt
Die Brücke war in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs von der deutschen Wehrmacht gesprengt und 1949 wieder aufgebaut worden. In der Nachkriegszeit nutzten die Bauherren die alten Kämpfer. Für den jetzigen Neubau war dies laut Sabawun Khostwal nicht möglich. Der Leiter des Baubüros des Regierungspräsidiums Stuttgart für das Gesamtprojekt B-14-Neubau verweist darauf, dass die Anforderungen an die Betongüte zum Beispiel heute eine komplett andere wäre. Und so musste der alte Kämpfer mühevoll zerkleinert und geschreddert werden. Weil dies nicht schon beim Abriss des Vorgängerviadukts 2012 gemacht wurde, verzögerte sich auch der Zeitplan um einige Monate. Nicole Liebeskind, die Projektleiterin des Regierungspräsidiums Stuttgart, ist nun aber zuversichtlich, dass der Anfang 2023 letztmalig korrigierte Zeitplan nun sicher eingehalten werden kann. Das heißt: Das zweite Back- nanger Viadukt ist bis Juli 2025 fertiggestellt. Und zwar inklusive der Lärmschutzwand in Richtung Stadt. Carl Pollen bestätigt dies: „Die größte Herausforderung war das Erbe aus der Vergangenheit. Alles, was im Boden vergraben ist, ist immer mit gewissen Unwägbarkeiten verbunden.“
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Die beiden Brückenbögen weisen bei einer Spannweite von je 107 Metern eine Höhe über Grund von etwa 20 Metern auf. Die Breite zwischen den Geländern beträgt je Brückenüberbau mehr als 14 Meter. Die Brücke überspannt das Murrtal auf einer Länge von 394 Metern. Für das Bauwerk werden 14600 Kubikmeter Beton und 1790 Tonnen Stahl benötigt.
Während das zweite Viadukt in einem Jahr fertig sein soll, dauern die Arbeiten beim benachbarte Bauabschnitt, der bis zum Wasserturm reicht, bis ins Jahr 2027. Das Regierungspräsidium teilt mit, „dass die Fertigstellung und damit die verkehrswirksame Inbetriebname der ausgebauten B14 zwischen den Anschlussstellen Backnang-Mitte und Backnang-West für Ende 2027 geplant ist“. Die genehmigten Kosten für diese beiden Abschnitte betragen laut der Behörde 90 Millionen Euro.
Die Gesamtkosten des B-14-Ausbaus betragen 289 Millionen Euro
Die B-14-Abschnitte zwischen der Alten Schule Maubach und der Genfer Straße, in denen auch die Anschlussstelle Backnang-Süd liegt, werden laut Regierungspräsidium gesondert ausgeschrieben. Zum Zeitplan der Ausschreibung erklärt die Behörde: „voraussichtlich Anfang 2025“. Der Baubeginn ist in diesem Fall für Ende 2025 vorgesehen. Für den Bauabschnitt 1.2 (Tunnel Waldrems) soll noch in in diesem Jahr ein Plangenehmigungsverfahren eingeleitet werden. Dieser Bauabschnitt, also der Knoten Waldrems, dauert vermutlich am längsten. Das RP erklärt dazu: „Mit der Fertigstellung dieser Baumaßnahmen kann der gesamte noch nicht ausgebaute Abschnitt von Nellmersbach bis zum Wasserturm voraussichtlich bis Ende 2029 fertiggestellt und für den Verkehr freigegeben werden.“ Die Kosten des Gesamtprojekts vom Bauanfang bei der Anschlussstelle Nellmersbach bis zum Bauende bei der Anschlussstelle Backnang-West betragen rund 389 Millionen Euro.
Bahnbrücken Das europaweite Ausschreibungsverfahren für den Neubau der Bahnbrücken der Strecken Backnang-Waiblingen und Backnang-Marbach über die B 14 ist abgeschlossen. Dazu zählt auch der Straßenbau der B 14 und der Bau der „Genfer Straße“. Das Regierungspräsidium Stuttgart hat nach Genehmigung durch das Bundesverkehrsministerium den Zuschlag für den Hautvertrag in diesem Abschnitt erteilt.
Meilenstein Damit konnte ein weiterer Meilenstein beim Neubau der B 14 erreicht werden, der in den vergangenen Jahren intensiv vorbereitet wurde. Im Vorfeld waren neben den Ausführungsplänen und den Ausschreibungsunterlagen auch Vereinbarungen mit der Stadt Backnang, der DB und dem Stromnetzbetreiber Syna abgeschlossen worden. Aufgrund der Vielzahl von Beteiligten, dem Zusammenspiel unterschiedlicher technischer Planungen und rechtlicher Belange sowie der schon vor Jahren avisierten Sperrpausen der Bahnstrecken handelt es sich um einen sehr anspruchsvollen Bauabschnitt.
Zuschlag Die Bietergemeinschaft Max Bögl Stiftung & Co. KG, Heinrich Feess GmbH & Co. KG haben den Zuschlag erhalten. Nach einem Startgespräch mit der Baufirma soll zeitnah mit den Vorbereitungen begonnen werden. Dazu gehören unter anderem die Erstellung von Ausführungsplänen.
Zeitplan Das Bauphasenkonzept sieht vor: Im Herbst sollen die Rodungsarbeiten beginnen. Voraussichtlich im Frühjahr 2025 folgen weitere vorbereitenden Arbeiten, wie das Herstellen der Baustelleneinrichtungsflächen. Der Start der eigentlichen Bauarbeiten ist dann im Sommer 2025 vorgesehen. Im Jahr 2027 sind dreimonatige Sperrungen der beiden Bahnstrecken geplant, während derer die Brücken eingeschoben, der Bau der Bahnanlagen und der Straßenbau der B 14 durchgeführt werden. Der Bauabschnitt kann nach aktueller Planung voraussichtlich 2029 abgeschlossen werden.
Lärmschutz Weitere Arbeiten für diesen Abschnitt – Straßenausstattung und Lärmschutzwände – werden in den nächsten Monaten ausgeschrieben.
Kosten Der Bund investiert mit dem Neubau der Bahnbrücken und dem dazu gehörenden Straßenbau der B 14 und der Genfer Straße rund 46 Millionen Euro in den Ausbau der Infrastruktur.