Das Bize im Weissacher Tal wird zum Start-up-Zentrum

50 Schülerinnen und Schüler entwickeln einen Tag lang Geschäftsideen. Eine Fachjury kürt nach dem „School Pitch“ das Siegerteam.

Die Gruppe 9, „Greenseal“, bekommt den Sonderpreis für die nachhaltigste Idee – einen aus ökologisch abbaubaren Materialien gefertigten Kronkorken. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Gruppe 9, „Greenseal“, bekommt den Sonderpreis für die nachhaltigste Idee – einen aus ökologisch abbaubaren Materialien gefertigten Kronkorken. Foto: Alexander Becher

Von Christoph Zender

Weissach im Tal. Wo normalerweise physikalische Experimente gelingen oder auch nicht, herrscht am vergangenen Montag eine elektrisierende Atmosphäre wie in der bekannten TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“. Rund 50 Schülerinnen und Schüler fiebern im Hörsaal am Gymnasium im Bildungszentrum Weissacher Tal der Präsentation ihrer Geschäftsidee vor einer Fachjury entgegen. Bereits zum zweiten Mal findet dort ein „Innovation Workshop&Pitch“ statt. Dahinter verbirgt sich die seit 2017 laufende Kampagne „Start-up BW“ des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg. „Unser Ziel ist es, den Gründergeist bereits an die Schule zu bringen“, sagt Levin Trautwein vom Steinbeis-Innovationszentrum für Unternehmensentwicklung an der Hochschule Pforzheim, das landesweit diese Veranstaltungen betreut. Zum Programm gehört auch, so Trautwein, die angehenden Start-up-Unternehmer mit modernen Kreativitätstechniken wie Design Thinking, der 6-3-5-Methode oder dem Canvas-Business-Modell (siehe Infotext) vertraut zu machen.

Doch alle Theorie bleibt grau, wenn sie nicht in der Praxis angewendet wird. Getreu diesem Motto entwickeln die Schülerinnen und Schüler in neun Gruppen selbstständig Geschäftsideen. Welchen Nutzen bringt mein Produkt dem Kunden? Wie finanziere ich mein Vorhaben? Gibt es bereits Konkurrenten am Markt? Auch darauf mussten Antworten gefunden werden. Schließlich wartet am Nachmittag der „School Pitch“ auf die jungen Leute. In drei Minuten eine externe Fachjury zu überzeugen, die einen ebenso lang mit Fragen löchern darf, weckt bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Klassen 10a und 10b Ehrgeiz. „Ich habe heute meine Schüler von einer ganz anderen Seite kennengelernt: innovativ, kreativ und selbstbewusst präsentierend“, schildert Claudia Jaworski begeistert ihren Eindruck. Mit Kerstin Bojeczan und Niklas Kamm unterrichtet sie das Fach „Wirtschafts-, Berufs- und Studienorientierung“ am Bize und begleitet die Start-up-Initiative.

In nur wenigen Stunden zur fertigen Idee

Es ist nicht überliefert, wie viel Zeit die Titanen der baden-württembergischen Gründerszene von einst – Daimler, Benz, Steiff, Bosch oder die SAP-Gründer – für ihre Geschäftsideen benötigten. In nur wenigen Stunden liefern ihre jungen Nachfolger bereits Ideen für spezielle Apps wie „My Perfect Look“ oder „Mobile Health“ ab. Wie bekomme ich unterwegs mein Essen aufgewärmt? Was tun gegen kalte Finger beim Basketballspielen im Winter – oder gegen die vielen Glasscherben in Parks und auf Spielplätzen? Fragen, auf die die jungen Entwickler ebenso mit innovativen Produkt- und Konzeptideen antworteten.

Für die Fachjury folglich keine leichte Aufgabe, ein Siegerteam zu küren, das sich für die Teilnahme an der Landesauswahl von „Start-up BW Young Talents“ qualifizieren kann. Nicole Sieber (Talbau-Haus), Franz-Peter Broens (Barmer-Krankenkasse) und Nico Seifried (Harro Höfliger), stellten sich der Herausforderung. Nach intensiver Diskussion stehen die Sieger fest: Platz eins geht an das „Sound-Control-Team“. „Mit Musik kann man besser lernen und arbeiten. Wissenschaftliche Studien belegen dies. Deshalb braucht es unser App-gesteuertes Kopfhörersystem“, erklären die Gewinnerinnen Melinda, Ina, Alona, Jette und Elisa in ihrem Pitch. Knapp geschlagen auf dem zweiten Rang landet die Geschäftsidee „Resomat“. An speziellen App-gesteuerten Leihautomaten kann man sich bei plötzlichem Regen oder zu viel Sonne einen Schirm ausleihen. Der Sonderpreis für die nachhaltigste Geschäftsidee geht an die Gruppe „Greenseal“ für das Konzept eines aus ökologisch abbaubaren Materialien gefertigten Kronkorkens.

„Wir wissen nicht, ob und wie viele Ideen aus den bisher fast 300 Start-up-Workshops tatsächlich realisiert wurden. Entscheidend ist für uns, dass sich fast 12000 Schülerinnen und Schüler mit der Gründung eines Unternehmens beschäftigt haben“, so Levin Trautwein zum Abschluss der Veranstaltung. Ob einer der Weissacher Teilnehmer sich einmal in „Die Höhle der Löwen“ wagt, wird die Zeit zeigen. Am vergangenen Montag haben 50 junge Leute zumindest den ersten Schritt unternommen.

Start-up-Glossar

Pitch wird die kurze Vorstellung einer Geschäftsidee genannt.

Design Thinking ist ein Ansatz, der zum Lösen von Problemen und zur Entwicklung neuer Ideen führen soll.

6-3-5-Methode ist eine Kreativitätstechnik, mit der eine Gruppe von Menschen schnell ungewöhnliche Ideen zu entwickeln lernt.

Canvas-Business-Modell ist eine grafische Darstellung verschiedener Komponenten eines Geschäftsmodells.

Weitere Informationen zur Veranstaltungsreihe sind erhältlich im Internet unter www.startupbw-schule.de.

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Erstellt:
29. November 2023, 11:00 Uhr

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