Das „Draußen“ schon in frühen Jahren erleben
Im Waldkindergarten der Paulinenpflege bei Allmersbach im Tal halten sich die Mädchen und Jungen selbst bei schlechtem Wetter überwiegend im Freien auf.
Allmersbach im Tal. „Wir erleben die Natur mit allen Sinnen und mit dem ganzen Körper“, erklärt Annika Kreutle, die stellvertretende Leiterin des Waldkindergartens der Paulinenpflege. Und das von Montag bis Freitag von 7.30 bis 13.30 Uhr, und dabei fast immer draußen. „Klar gefällt es den Kindern, wenn es jetzt wieder wärmer wird, aber wir sind auch im Winter so viel wie möglich im Freien“, so Annika Kreutle. Im Winter seien sie viel gewandert, denn in Bewegung zu bleiben sei im Winter noch wichtiger als im Sommer.
Der Waldkindergarten befindet sich an der Freizeitanlage Hörnle südwestlich von Allmersbach im Tal. So wie man üblicherweise einen Kindergarten erkennt, funktioniert das hier nicht: Kein Haus in einem eingezäunten Grundstück mit einem verschlossenen Tor am Eingang. Stattdessen viel Natur, aber keine Mauern und Zäune. Als Gebäude hat die Kindergartengruppe einen großen, speziell für Kinder eingerichteten Bauwagen. Darin halten sich die Kinder aber nur selten auf, selbst im Winter. Das Spielmaterial der Kinder ist die Natur und alles, was man in ihr findet: „Ein Stock kann alles sein oder werden“, so Annika Kreutle, „zum Beispiel ein Pferd oder ein Zauberstab.“ Grundsätzlich bekommen die Kinder kein vorgefertigtes Spielmaterial – stattdessen aber all das, was die Natur bietet und ihre Fantasie anregt. Sie lernen Pflanzen und Bäume kennen und erkennen und werden zu Experten in Sachen Natur. Der Alltag im Waldkindergarten ist nicht durchgetaktet, denn die Kinder sollen freie und ungestörte Zeit haben. Der Tagesablauf ist auch deshalb nicht immer planbar, weil vieles vom Wetter abhängt.
Anders als manche Kritiker von Waldkindergärten behaupten, lernten die Kinder auch Stillsitzen, so heißt es aus den Reihen der Paulinenpflege, und das obwohl sie tatsächlich sehr viel mehr in Bewegung seien als in einem „normalen“ Kindergarten. Stillsitzen aber lernten sie beispielsweise, wenn die Kindergartengruppe ganz bewusst dem Singen der Vögel zuhöre. „Wir nehmen die Schöpfung wahr“, so beschreibt dies Annika Kreutle, „und wir haben Achtung vor der Schöpfung.“ Denn die Tiere und die Pflanzen leben hier in der Natur, so die Kindergartenleiterin, die Kinder und die Erzieherinnen seien nur Besucher. Auch die Feinmotorik der Kinder wird trainiert. Scheren und Klebstoff gibt es im Bauwagen, kommen aber selten zum Einsatz. Stattdessen wird geschnitzt. Auch geschrieben wird im Waldkindergarten, beispielsweise die Namen der Kinder in den Schnee. Oder die Buchstaben werden mit Stöcken auf den Boden gelegt. Die Ostergeschichte haben die Kinder und die Erzieherinnen mit einem Ostergarten anschaulich gemacht.
Musik begleitet den täglichen Morgenkreis
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Manches ist auch ähnlich wie in „normalen“ Kindergärten. Gesungen wird auch häufig, begleitet von Gitarre, Klangspiel, Flöte und Kalimba, einem Klangspiel auf einem Holzbrett. Mit solchen Tönen werden die Kinder zum täglichen Morgenkreis eingeladen.
Eröffnet wurde der Waldkindergarten im Herbst 2022. Das Alter der Kinder geht von drei bis sechs Jahren. Eltern, die ihre Kinder in einem Waldkindergarten anmelden, haben sich bewusst für dieses besondere Angebot entschieden. Viele der „Waldeltern“ seien selbst sehr naturverbunden. Bei manchen Eltern sei dies nicht so, aber trotzdem sei es ihnen wichtig, ihren Kindern sehr intensive Naturerfahrungen zu ermöglichen. „Klar, die Kinder brauchen auch andere Kleidung als in einem Regelkindergarten“, so Annika Kreutle, „sehr wetterfeste Kleidung und Schuhe, und zweifellos muss die Kleidung auch häufiger gewaschen werden als bei ‚normalen‘ Kindergartenkindern. Die Vorteile aber überwiegen deutlich. Vor allem die, die im Waldkindergarten nicht erklärt, sondern erlebt werden“, sagt Annika Kreutle. „Wer die Natur mit allen Sinnen erlebt und mit ihr achtsam umgeht, kann auch achtsam mit seinen Mitmenschen umgehen.“ pm