Europawahl 2024

Das fordern die Parteien in der Flüchtlings- und Migrationspolitik

Die Migrations- und Flüchtlingspolitik nimmt in allen Wahlprogrammen zur Europawahl viel Raum ein. Die Standpunkte gehen dabei weit auseinander. Wer will strengere, wer laxere Regeln? Ein Überblick.

Wie soll mit Menschen umgegangen werden, die über das Mittelmeer nach Europa kommen. Diese Frage beschäftigt die EU seit Langem.

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Wie soll mit Menschen umgegangen werden, die über das Mittelmeer nach Europa kommen. Diese Frage beschäftigt die EU seit Langem.

Von Michael Bosch

Das Thema Migrationspolitik bewegt vor den Kommunal- und Europwahlen das Land. Vor dem Hintergrund der Vorfälle in Mannheim, bei denen ein Polizist getötet wurde, ist eine Debatte entbrannt. Besonders die AfD – aber auch die anderen Oppositionsparteien – versuchen das Thema für sich zu nutzen.

Die Positionen, mit denen die Parteien Europawahlkampf machen, sind dabei höchst unterschiedlich. Wie also stehen die verschiedenen Parteien zur Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik? Die wichtigsten Standpunkte im Überblick:

CDU/CSU

Die Union will Zuwanderung begrenzen, irreguläre Migration zu stoppen, ist ein erklärtes Ziel. Ein Leitprinzip aus dem Wahlprogramm lautet „Humanität und Ordnung“. Auf legal eingewanderte Fachkräfte könne man aber nicht verzichten, heißt es.

Die EU-Außengrenzen wollen CDU/CSU besser schützen, deshalb soll auch die Grenzschutzagentur Frontex besser ausgestattet werden. Sie müsse eine „echte Grenzpolizei und Küstenwache“ werden. An den Binnengrenzen der EU – beispielsweise in Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz sollten die Mittel, die man schon nutze, um Schleuserkriminalität zu unterbinden, weiter ausgeschöpft werden.

Fluchtursachen müsse die EU „wirksam bekämpfen“, entsprechende Abkommen mit Drittstaaten hält die Union für sinnvoll.

SPD

Im SPD-Programm wird „für eine solidarische Migrations- und Geflüchtetenpolitik“ plädiert. Das individuelle Asylrecht wird als „Eckpfeiler sozialdemokratischer Politik“ bezeichnet. Die europäische Einigung zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) sei durchaus gelungen, es bestünden jedoch Mängel in der Regelung für Familien mit Kindern. Die SPD stellt heraus, dass auch künftig jeder Asylantrag individuell geprüft werden müsse.

Die Arbeit der Grenzschutzagentur Frontex müsse überprüft werden, vor allem vor dem Hintergrund illegaler Pushbacks. Seenotrettung müsse staatlich gewährleistet werden.

Der Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt müsse einfacher werden.

Grüne

Die Partei spricht sich klar gegen Verschärfungen im Asylrecht aus und sieht eine globale Verantwortung für Geflüchtete. Die Grünen fordern eine „langfristige, geordnete und faire gemeinsame EU-Asylpolitik“ – derzeit würde die UN-Völkerrechtskonvention regelmäßig gebrochen.

Die EU sei in der Pflicht, „Menschen in ihren Heimatregionen ein sicheres und friedliches Leben zu ermöglichen“, aber: Europa dürfe sich vor dem Hintergrund der globalen Krisen nicht abschotten. In den Krisenregionen müsse die Hilfe deshalb ausgebaut werden.

„Große Haftlager wie Moria“, dürften keine Folge von Asylverfahren an den EU-Außengrenzen sein; die Grenzen müssten aber selbstverständlich kontrolliert werden. Die Situation im Mittelmeer ist aus Sicht der Grünen nicht tragbar. Es brauche „endlich eine europäische Initiative für eine staatlich koordinierte und finanzierte Seenotrettung“.

Gut integrierte Menschen, die aber keinen dauerhaften Aufenthaltstitel haben, sollen ähnlich wie Fachkräfte behandelt werden.

AfD

Wenig verwunderlich fährt die AfD beim Thema Migration/Flüchtlinge die härteste Linie. Eine der drei Hauptaufgaben Europas sei „den wirksamen Schutz der Außengrenzen gegen illegale Zuwanderung“ zu gewährleisten. Die Zuwanderung müsse strikt beschränkt werden – und strikten Regeln folgen. Es brauche eine „Trendwende“, da der bisherige Kurs „zu massiven gesellschaftlichen Verwerfungen geführt“ habe.

Wie Asyl- und Zuwanderungspolitik gehandhabt wird, solle künftig wieder jeder Staat selbst entscheiden. „Illegale Migranten“ sollten möglichst an den EU-Außengrenzen abgewiesen werden. Die AfD befürwortet das Modell der sicheren Drittstaaten – Asylverfahren sollten möglichst schon außerhalb der EU beschieden werden.

Auch bei Geflüchteten, die aus Kriegsgebieten nach Europa kommen, fährt die AfD eine äußerst harte Linie: Asyl sei nur während der Dauer eines Kriegs zu gewähren und dürfe nicht zu „dauerhafter Einwanderung“ führen. Heißt: Sobald in den meisten Gebieten eines Herkunftslands wieder Frieden herrsche, habe die EU umgehend „Bedingungen für eine Rückkehr der hier aufgenommenen Asylbewerber auszuhandeln und diese Rückkehr auch konsequent durchzusetzen“.

An den EU-Außengrenzen will die AfD „wirksame physische Barrieren“ errichten, „eine moderne technische Überwachung und den Einsatz von Grenzschutzpersonal“ sei notwendig. Außerdem fordert die AfD „Gewahrsamszentren“ in der Nähe der Grenze, um „aufenthaltsbeendende Maßnahmen im Falle von unzulässigen Schutzanträgen“ schnell umzusetzen.

Die Linke

Eine sehr liberale Flüchtlings- und Migrationspolitik enthält das Wahlprogramm der Linken – auch das ist wenig überraschend. Der Slogan lautet: „Keine Festung Europa“, Menschen müssten dementsprechend sicher hierher gelangen. Armuts-, Klima- und Umweltflüchtlinge müssten entsprechende Schutzrechte genießen, so die Forderung.

Die Partei verurteilt den derzeitigen Umgang mit Menschen, die nach Europa wollen; die EU verstoße derzeit regelmäßig gegen die Genfer Konvention. „Schutzsuchende werden an den EU-Außengrenzen misshandelt und rechtswidrig abgeschoben.“ Auch die Situation in den Flüchtlingslagern wird kritisiert.

Die Linke schlägt vor, die Grenzschützer von Frontex in eine „europäische Rettungsmission“ umzuwandeln. Private Organisationen, die sich in der Seenotrettung engagieren, müssten straffrei bleiben.

Im Programm findet sich eine „europäische Fluchtumlage“, mit der die Kosten für die Flüchtlingspolitik gerecht verteilt werden soll. Städte, die Menschen aufnehmen, sollen mit einem neuen Fonds entlastet werden.

Folgende Maßnahmen lehnt die Linke ab:

– Grenzkontrollen innerhalbe des EU-Schengen-Raums

– Asyl-Schnellverfahren

– Auslagerung von Asylverfahren in Nicht-EU-Länder

– Abschiebungen „insbesondere in Krieg, Verfolgung und Elend“

FDP

Die FDP will Bürgerinnen und Bürger davon überzeugen, dass die europäischen Außengrenzen sicher sind, dass irreguläre Migration unterbunden wird – und Menschen, die abgeschoben werden sollen, „zügig zurückgeführt“ werden.

Die Liberalen plädieren für mehr „Kontrolle und Ordnung“. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) sieht sie als Erfolg, die Regelungen müssten schnell umgesetzt werden.

Die FDP fordert einen härteren Umgang mit Menschen, die kein Bleiberecht haben. Diese Personen sollten „möglichst gar nicht erst einreisen“. Der Schutz der EU-Außengrenzen müsse verstärkt werden, beispielsweise mit moderner Sicherheitstechnik. Asylanträge in Drittstaaten zu stellen, hält die Partei für sinnvoll.

Und was sagen die anderen Parteien zum Thema Klimaschutz?

Eine Übersicht der Wahlprogramme der anderen Parteien – wie Freie Wähler, Die Partei, ÖDP, Piraten, Volt, Familienpartei, Partei Mensch Umwelt Tierschutz, Bündnis Sahra Wagenknecht – finden sich etwa auf der Seite der Internetplattform „abgeordnetenwatch“.

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Erstellt:
7. Juni 2024, 11:28 Uhr

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