Rätsel der Astronomie
Das Geheimnis der Dunklen Kometen
Astronomen haben weitere Dunkle Kometen im Sonnensystem entdeckt: Objekte mit kometenähnlichem Flugverhalten, aber ohne Staubhülle und Schweif. Bisher sind insgesamt erst 14 dieser rätselhaften Himmelskörper bekannt.
Von Markus Brauer
Kometen – auch Schweifsterne genannt – sind kleine Himmelskörper, die nur wenige Kilometer Durchmesser haben. Sie ziehen einen leuchtenden Schweif aus flüssigem oder festen Material hinter sich her. Wie ihre größeren Vettern, die Asteroiden, sind sie Relikte aus der Zeit, als das Sonnensystem entstand.
Gebilde aus Eis, Staub und Gestein
Kometen bestehen aus Eis, Staub und Gestein. Der Kometenkern ist oft nur wenige Kilometer groß und wird von der Koma, einer nebeligen Hülle umgeben, die bis zu drei Millionen Kilometern messen kann. Der Schweif, den der Komet wie eine Mähne hinter sich herzieht, kann eine Länge von mehreren 100 Millionen Kilometern erreichen.
Anders als Asteroiden haben Kometen ihren Ursprung in den eisigen äußeren Gefilden des Sonnensystems wie dem Kuipergürtel. Wenn diese eisreichen Brocken dann auf ihren exzentrischen Bahnen bis ins innere Sonnensystem gelangen, heizt die Sonnenwärme sie auf. Als Folge gasen Eise und andere flüchtige Komponenten aus und reißen Staubteilchen mit sich – es entsteht der typische Kometenschweif.
- Zur Info: Hinter der Umlaufbahn von Neptun beginnt der Kuipergürtel - die unwirtliche, lebensfeindliche äußere Randzone unseres Sonnensystems. In dieser ringförmigen, flachen Region sind neben unzähligen eisigen Gesteinskörpern auch Zwergplaneten wie Pluto, Eris, Sedna und Quaoar beheimatet. Benannt ist der Kuipergürtel nach dem niederländischen Astronomen Gerard Kuiper (1905-1973). Dieser stellte im Jahr 1951 die Hypothese auf, dass einige Kometen aus der Region jenseits von Neptun stammen könnten. Das erste Objekt des Kuipergürtels wurde 1992 entdeckt, womit Kuipers Theorie bestätigt wurde.
Himmelsobjekte mit verborgener Schubkraft
In den letzten Jahren haben Astronomen mehrere Objekte entdeckt, die sich verhalten wie Kometen, doch ganz anders aussehen – Dunkle Kometen. Ihre Bewegung deutet darauf hin, dass sie durch Ausgasungen zusätzlichen Schub erhalten müssen. Das erste Objekt mit dieser Eigenart war der auf Höhe des Asteroidengürtels entdeckte Brocken (523599) 2003 RM.
Aber wie viele Dunkle Kometen gibt es im Sonnensystem? Um darüber mehr zu erfahren, hat Forscherteam um Farnocchia und Darryl Seligman von der Michigan State University in East Lansing die Datensammlung des Minor Planet Center der Nasa nach Hinweise darauf durchsucht. Ihre Studie ist im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlicht.
For some reason, the NASA folks did not link to the research paper describing the newfound dark comets. Allow me to correct that oversight. Here is "Two Distinct Populations of Dark Comets Delineated by Orbits and Sizes":https://t.co/1xQgVnUhWYpic.twitter.com/IMc35chN4p — Corey S. Powell (@coreyspowell) December 16, 2024
Zahl Dunkler Kometen hat sich verdoppelt
In dieser Datenbank sind die Informationen zu allen bekannten nichtplanetaren Himmelskörpern des Sonnensystems zusammengetragen. Die Astronomen fahndeten darin nach Objekten, die „verdächtige“ Abweichungen vom erwarteten Flugverhalten aufweisen.
Das Ergebnis: „Wir haben sieben weitere Objekte mit nichtgravitativen Beschleunigungen identifiziert“, berichten Seligman und seine Kollegen. Auch diese Brocken zeigen jedoch weder die typische Staubhülle (Koma) der Kometen noch ihren Staubschweif. Mit den sieben Neuzugängen verdoppelt sich die Zahl der bekannten Dunklen Kometen auf 14 – ohne den längst wieder aus dem Sonnensystem entschwundenen Oumuamua.
Die meisten Dunkle Kometen harren noch der Entdeckung
Die Neuentdeckungen beweisen, dass Dunkle Kometen keine Einzelfälle sind und es im Sonnensystem vermutlich noch mehr Vertreter dieser mysteriösen Objekte gibt. „Diese Objekte repräsentieren eine potenziell weit verbreitete Klasse kleiner Himmelskörper, die im Kontinuum zwischen Asteroiden und Kometen angesiedelt sind“, erklären die Astronomen. Ob sie jedoch eine Übergangsform darstellen oder eine auch physikalisch ganz eigene Kategorie, ist noch offen.
Zwei verschiedene Kometen-Populationen
„Die 14 Dunklen Kometen scheinen zwei verschiedenen Populationen anzugehören“, erläutern die Wissenschaftler:
- Die erste Gruppe, die äußeren Dunklen Kometen, besteht aus großen, meist mehrere 100 Meter messenden Brocken auf stark elliptischen Umlaufbahnen.
- Die zweite Gruppe der Dunklen Kometen kreist im inneren Sonnensystem und besteht aus meist kleineren Objekten mit Abmessungen von maximal einigen Dutzend Metern.
Was die beiden Populationen Dunkler Kometen verbindet, ist noch unklar. „Die inneren und äußeren Dunklen Kometen könnten verschiedene evolutionäre Stadien von wasserreichen Planetesimalen darstellen“, erläutern die Forscher.
- Zur Info: Planetesimale sind die Vorläufer und Bausteine von Planeten. Sie entstehen in der protoplanetaren Scheibe eines späteren Planetensystems.
„Es ist aber auch denkbar, dass nur die äußeren Kometen ein Spätstadium normaler Kometen darstellen, während die inneren eine ganz andere, zuvor nicht identifizierte Population von Objekten bilden.“