Studie zu Alkohol-Konsum

Das Gläschen Wein . . . ist doch nicht gesund

Ist Alkohol in Maßen gesund? Darauf hatten gelegentlich Studien hingewiesen. Doch eine Analyse widerspricht und nennt konkrete Gründe für jene Resultate.

„Es gibt einfach keine absolut sichere Menge an Alkohol“, sagen die australischen Forscher.

© dpa/Finn Winkler

„Es gibt einfach keine absolut sichere Menge an Alkohol“, sagen die australischen Forscher.

Von Stefan Parsch (dpa)/Markus Brauer

Alkohol ist auch dann nicht gesundheitsfördernd, wenn er in Maßen genossen wird. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse vieler verschiedener Studien zum Zusammenhang von Alkoholkonsum und Gesundheit.

Frühere Untersuchungen hatten wiederholt darauf hingedeutet, dass Menschen, die wenig Alkohol trinken, im Vergleich zu Abstinenzlern weniger anfällig für manche Krankheiten sind. Doch solche Ergebnisse seien nur dann zustande gekommen, wenn die Gruppe der Abstinenzler nicht gut abgegrenzt war oder aber wenn die Probanden relativ alt waren, schreibt eine Gruppeum Tim Stockwell von der kanadischen Universität Victoria im „Journal of Studies on Alcohol and Drugs“.

Here's the link to the study in question "Why Do Only Some Cohort Studies Find Health Benefits From Low-Volume Alcohol Use? A Systematic Review and Meta-Analysis of Study Characteristics That May Bias Mortality Risk Estimates"https://t.co/KsBW6fEtxR — Pivní Filosof® (@Pivnifilosof) July 25, 2024

Schützt mäßiger Alkohol-Genuss vor Krankheiten?

„Annahmen über gesundheitliche Vorteile von Alkohol beeinflussen die Schätzungen der globalen Krankheitslast und die Richtlinien zum Trinken erheblich“, schreiben die Autoren. Sie prüften nun, warum einige Studien dem mäßigen Konsum von Alkohol eine gesundheitsfördernde Wirkung zuschreiben, andere hingegen nicht.

Als mäßigen Konsum nahmen sie eine Menge bis 25 Gramm Alkohol pro Tag an, das entspricht 0,25 Litern Wein mit zwölf Prozent Alkohol oder 0,6 Litern Bier mit fünf Prozent Alkohol. Moderater Alkoholgenuss soll Studien zufolge unter anderem vor bestimmten Formen von Herzinfarkten und Schlaganfällen sowie Diabetes Typ 2 schützen.

Qualitativ höherwertige Studien zeigen keinen Unterschied

Stockwell und Kollegen werteten 107 Langzeituntersuchungen zum Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Mortalität aus. Daran hatten gut 4,8 Millionen Menschen teilgenommen, im Verlauf der Untersuchungen gab es mehr als 420 000 Todesfälle.

Als wichtiges Kriterium für die Qualität einer Studie nahm das Team um Stockwell die Messung des Alkoholkonsums: Wurde er über mehr als 30 Tage gemessen, waren die Messwerte aussagekräftiger als wenn dies in einem kleineren Zeitraum geschah. Es zeigte sich: Bei den qualitativ höherwertigen Studien lag das Sterberisiko bei moderatem Konsum gleichauf mit dem von Abstinenz.

Zudem betrachteten die Forscher die Altersstruktur der Studienteilnehmer. Sie fanden auffällige Unterschiede je nachdem, wie alt die Probanden einer Kohorte zu Beginn der Langzeituntersuchung waren:

  • Lag ein bestimmter Mittelwert, der Medianwert, zwischen 56 und 78 Jahren, dann war das Sterberisiko für mäßige Alkoholtrinker deutlich geringer als für Abstinenzler – auf alle Studien gerechnet um 14 Prozent.
  • Lag das Medianalter der Kohorte jedoch unter 55 Jahren und wurde die Untersuchung der einzelnen Teilnehmer bis zum Alter von mindestens 56 Jahren fortgeführt, lagen die Sterberisiken nahezu gleichauf.

Es gibt keine absolut sichere Menge an Alkohol

Allerdings galt das nur, wenn die jeweiligen Teams bei der Definition von Abstinenz rigoros vorgegangen waren. Dazu mussten sie Menschen, die gelegentlich Alkohol tranken, und jene, die früher Alkohol getrunken hatten, von der Gruppe der Abstinenzler ausgeschlossen haben.

Das war in den meisten Studien nicht der Fall: Teilweise wurden moderate Alkoholtrinker also verglichen mit früheren Konsumenten, die aus gesundheitlichen Gründen mit dem Trinken aufgehört hatten. „Das lässt Menschen, die weiterhin trinken, im Vergleich viel gesünder erscheinen“,erläutert Stockwell.

Der Grund dafür, dass Studien Gesundheitsvorteile für mäßigen Alkoholkonsum ermittelt hätten, liege in Verzerrungen wegen Mängeln im Studiendesign. In qualitativ hochwertigen Studien ergebe sich kein Gesundheitsvorteil für Menschen mit moderatem Konsum.

Den Umstand, dass keine große Gesundheitsorganisation jemals eine risikofreie Menge an Alkoholkonsum festgelegt habe, kommentiert Stockwell mit den Worten: „Es gibt einfach keine absolut sichere Menge an Alkohol.“

Info: Trinken Sie zu viel? Ein Selbsttest

Alkoholsucht Trinken Sie zu viel? Greifen Sie zu oft zur Flasche? Testen Sie Ihren persönlichen Alkoholkonsum. Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation, WHO) hat einen Selbsttest – den Audit-Screen „Alcohol Use Disorders Identification Test“ – mit zehn Fragen entwickelt, um genau diese Fragen zu beantworten. Wenn Sie mehrere der folgenden Testfragen mit „Ja“ beantworten können, sollten Sie nachdenklich werden:

Zehn Fragen zum persönlichen Alkoholkonsum

  • 1. Trinken Sie mehrmals pro Monat oder sogar pro Woche Alkohol?
  • 2. Wie viel Alkohol trinken Sie typischerweise an einem Tag?
  • 3. Trinken Sie fünf oder mehr alkoholische Getränke bei einer Gelegenheit?
  • 4. Wie oft haben Sie in den letzten zwölf Monaten erlebt, dass Sie mit dem Trinken nicht mehr aufhören konnten?
  • 5. Konnten Sie aufgrund Ihres Alkoholkonsums normale Erwartungen an Sie nicht mehr erfüllen?
  • 6. Müssen Sie am Morgen nach einer durchzechten Nacht öfter Alkohol trinken, um sich wieder fit zu fühlen?
  • 7. Hatten Sie während der letzten zwölf Monate öfters Schuldgefühle wegen Ihres Trinkverhaltens?
  • 8. Können Sie sich während der letzten zwölf Monate nicht mehr an den vorangegangenen Abend erinnern, weil Sie zu viel getrunken haben?
  • 9. Haben Sie schon mal sich oder jemand anderen im betrunkenen Zustand verletzt?
  • 10. Hat Ihr Umfeld, ein Verwandter oder Freund, ein Arzt oder Therapeut wegen Ihres Alkoholkonsums schon mal Bedenken geäußert?

Vorsicht, Alkoholabhängigkeit! Je mehr dieser zehn Punkte auf Sie zutreffen, desto eher sollten Sie Ihr Trinkverhalten hinsichtlich Alkohol überdenken und sich professionelle Hilfe bei einer Beratungsstelle, einem Facharzt oder Therapeuten holen.

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Erstellt:
27. Juli 2024, 19:12 Uhr
Aktualisiert:
27. Juli 2024, 19:13 Uhr

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