Emotionale Oscar-Momente

Das haben Sie verpasst, wenn Sie lieber geschlafen haben

Während Sie schliefen: „Anora“ kommt aus der Außenseiterposition nach ganz vorn. Meg Ryan und Billy Crystal haben eine bejubelte Reunion. Adrien Brody hält eine bemerkenswerte Rede. Die Momente, die von den 97. Oscars bleiben werden.

Der Oscar für den besten Film ging an „Anora“ – präsentiert wurde er von Meg Ryan und Billy Crystal.

© dpa/Chris Pizzello

Der Oscar für den besten Film ging an „Anora“ – präsentiert wurde er von Meg Ryan und Billy Crystal.

Von Theresa Schäfer

Die 97. Oscars sind vergeben – und „Anora“ feiert einen Überraschungserfolg. Fünf Oscars holt die Low-Budget-Produktion über eine New Yorker Stripperin, die sich in einen russischen Oligarchensohn verliebt. Die Stars aus „Harry und Sally“, Meg Ryan und Billy Crystal, feiern zum zweiten Mal Reunion. Und politisch wird es auch. Was von den 97. Academy Awards in Erinnerung bleiben wird...

Eine Liebeserklärung an Los Angeles

Der Oscar-Abend (naja, an der amerikanischen Westküste war es eigentlich noch heller Nachmittag) begann mit einer emotionalen Liebeserklärung an Los Angeles, die Stadt, die erst vor wenigen Wochen von verheerenden Waldbränden heimgesucht wurde. Zuerst wurde ein Zusammenschnitt berühmter Filme aus der Metropole gezeigt, dann intonierten die „Wicked“-Stars Ariana Grande und Cynthia Erivo vor dem Hintergrund der Lichter der Millionenstadt ein Medley aus „Somewhere Over The Rainbow“ und „Defying Gravity“ – zu „Standing Ovations“ des illustren Oscar-Publikums.

Conan O’Brien feiert sein Oscar-Debüt

Um auf die Oscar-Bühne zu gelangen, entstieg er „The Substance“-artig einer Körperhülle – denn ähnlich wie Demi Moore ist Conan O’Brien mit 61 kein „spring chicken“ mehr (so würden es die Amerikaner sagen). Seine Comedy-Karriere ist lang, aber die Academy Awards moderierte O’Brien zum ersten Mal. Er machte es routiniert, politische Seitenhiebe verkniff er sich beinahe vollständig, legte dafür lieber eine Musical-eske Tanzeinlage ein. Der Abend war bereits weit fortgeschritten, da machte O’Brien doch noch einen expliziten Scherz auf Kosten des Mannes im Weißen Haus: Der Film „Anora“ sei ja sehr erfolgreich. „Ich schätze, die Amerikaner freuen sich, endlich jemanden zu sehen, der sich gegen einen mächtigen Russen stellt.“ Jubel und Applaus im Publikum.

Solidarität für die von Russland angegriffene Ukraine zeigten aber auch andere: Die Schauspielerin und Aktivistin Daryl Hannah zum Beispiel, die als Presenter auftrat – und der lettische Macher von „Flow“, eine kleine, charmante Produktion, die als bester animierter Film ausgezeichnet wurde. Gints Zilbalodis sagte in seiner Dankesrede: „Wir sitzen alle im selben Boot, wir müssen unsere Differenzen beilegen und Wege finden zusammenzuarbeiten.“

The Oscar goes to... Schwäbisch Hall: Ein dritter Oscar für Gerd Nefzer

Wenn Schwäbisch auf der Oscar-Bühne des Dolby Theater erschallt, dann muss es Gerd Nefzer sein. Zwei Oscars hatte der 59-Jährige schon. Für seine Arbeit an „Dune: Part Two“ bekam der schwäbische Spezialeffekte-Künstler jetzt seinen Dritten. „Dankeschön, das ist großartig“, sagte Nefzer auf Deutsch und dankte seiner Frau, seinen Kindern und seinen Eltern. „Mein Vater hat mich in dieses Business gebracht.“

Die Oscars für die emotionalsten Dankesreden gehen an... Zoë Saldaña und Adrien Brody

„Mummy, Mummy“ konnte Zoë Saldaña erst einmal nur unter Tränen sagen, als sie den Oscar für die beste weibliche Nebenrolle in den Händen hielt. Dabei waren sich schon vorab eigentlich alle einig gewesen, dass sie in „Emilia Pérez“ als Anwältin Rita viel mehr war als eine Nebendarstellerin war. Ihre Mutter saß im Publikum und hörte Saldañas emotionale Rede live: Sie sei die stolze Tochter von Einwanderern, sagte die 46-Jährige im Hinblick auf Donald Trumps Politik, „mit Träumen und Würde und hart arbeitenden Händen“.

Kurz noch der Freundin den Kaugummi zuwerfen (das muss wahre Liebe sein) und los geht’s zur Bühne: Für Adrien Brody hörte sogar das Orchester noch einmal auf zu spielen – obwohl er bei seiner Dankesrede deutlich überzog. Doch der Schauspieler, der zwölf Jahre nach „Der Pianist“ den Oscar als bester Hauptdarsteller für seine Rolle in „Der Brutalist“ gewann, hatte Wichtiges zu sagen: „Lasst den Hass nicht einfach so durchgehen“, sagte Brody auf der Bühne und sprach sich gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus aus. „Lasst uns dafür kämpfen, was richtig ist.“

Paul Tazewell schreibt Oscar-Geschichte

Er kreierte die spektakulären Kostüme für das „Oz“-Prequel „Wicked“ – und schrieb in dieser Nacht Oscar-Geschichte: Paul Tazewell ist der erste schwarze Kostümbildner, der den Academy Award für das beste Kostümdesign verliehen bekommt. Dafür bekam er stehenden Applaus.

Lisa, Doja Cat und Raye legen eine spektakuläre James-Bond-Würdigung hin

Barbara Broccoli und ihr Halbbruder Michael G. Wilson geben nach Jahrzehnten die Produktion der James-Bond-Reihe ab – der neue Boss von 007 ist künftig Amazon. Für die Geschwister gab es dafür im Herbst bereits den Ehrenoscar. Wurde die Reihe deshalb nun noch einmal extra geehrt? Mag sein. Die Ehrung erfolgte musikalisch: Gleich drei Superstars interpretierten legendäre Bond-Songs aus drei großartigen Bond-Filmen. Lisa von der K-Pop-Girlband Blackpink sang “Live and Let Die“ von den Wings, Doja Cat gab ihre Version von Shirley Basseys „Diamonds Are Forever“ und Raye intonierte Adeles „Skyfall“.

Kieran Culkin holt den Oscar – und kriegt jetzt Kind Nummer drei und vier?

Wie zu erwarten war: Der erste Oscar des Abends, für die beste männliche Nebenrolle, ging an Kieran Culkin, ehemaliger Kinderstar und Bruder von „Kevin allein zu Haus“ Macaulay, für seine Darbietung in der Tragikomödie „A Real Pain“. Er spielt darin einen Mann, der auf den Spuren seiner Großmutter, einer Holocaust-Überlebenden, nach Polen reist. Culkin freute sich gleich zweifach: Zum einen über den Goldmann – und zum anderen, weil seine Frau ihm einmal leichtfertig versprochen hatte, wenn er jemals einen Oscar gewinne, würden sie ein drittes und viertes Kind bekommen.

Die größte Überraschung des Abends: Der Oscar für Mikey Madison

Eigentlich hatten alle geglaubt, dass Demi Moore den Oscar für die beste weibliche Hauptrolle sicher hätte – aber die Academy entschied anders: Der Goldmann ging an die erst 25-jährige Schauspielerin Mikey Madison, die in „Anora“, der kurz darauf zum besten Film gekürt wurde, eine Sexarbeiterin spielt, die sich in einen russischen Oligarchensohn verguckt. Demi Moore bleibt Oscar-los.

Helden der LA-Brände erzählen schlechte Witze – und werden gefeiert

Um ihren Einsatz während der Waldbrände zu würdigen, hatten die Feuerwehrleute von LA einen Auftritt – und wurden mit stehendem Applaus begrüßt. Dann, bevor es zu emotional wurde, lasen sie Conan O’Briens schlechteste Witze vom Teleprompter ab.

Die Rückkehr von Harry und Sally

Das Publikum erhob sich, um Meg Ryan und Billy Crystal zu begrüßen, die den Oscar in der Königsklasse „Bester Film“ präsentierten. Crystal, der neun Mal durch die Academy Awards führte, hatte noch ein schönes „Harry und Sally“-Zitat, bevor „Anora“ als bester Film ausgezeichnet wurde: „Wenn du die Chance hast, für den Rest deines Lebens Oscar-Gewinner zu sein, willst du, dass der Rest deines Lebens so schnell wie möglich beginnt.“

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Erstellt:
3. März 2025, 05:14 Uhr
Aktualisiert:
3. März 2025, 09:34 Uhr

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