Überholte Traditionen

Das hatte es mit Damenkarten in Restaurants auf sich

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem eleganten Restaurant, studieren die Speisekarte und bemerken, dass etwas fehlt – die Preise. Genau so erging es Frauen in vielen gehobenen Restaurants der Vergangenheit, als sogenannte „Damenkarten“ üblich waren.

Früher gab es im Restaurant für Frauen spezielle "Damenkarten".

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Früher gab es im Restaurant für Frauen spezielle "Damenkarten".

Von Katrin Jokic

Die Praxis der Damenkarten entstand in einer Zeit, in der die Geschlechterrollen strikt getrennt und stark reglementiert waren. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als die Idee des „Gentleman“ stark verbreitet war, wurde von Männern erwartet, dass sie die Kosten eines Restaurantbesuchs vollständig übernahmen. Frauen sollten sich nicht mit solchen „weltlichen“ Dingen wie Geld beschäftigen müssen. Diese Norm führte dazu, dass Restaurants spezielle Menükarten für Frauen erstellten, die keine Preise enthielten, um zu vermeiden, dass sie sich über die Kosten Gedanken machten.

In Städten wie Paris, London und New York war diese Praxis besonders verbreitet. Sie spiegelte nicht nur die gesellschaftlichen Normen wider, sondern trug auch dazu bei, das Bild der passiven, finanziell abhängigen Frau zu festigen. In einer Welt, in der Männer die Ernährer und Beschützer waren, galten Frauen als die Zierde des sozialen Lebens, aber nicht als gleichberechtigte Partner in finanziellen Belangen.

Kritik und Wandel

Obwohl die Damenkarten in ihrer Blütezeit weitgehend akzeptiert wurden, regte sich auch damals schon Kritik. Frühe Feministinnen und fortschrittliche Denker sahen in dieser Praxis ein Symbol für die Unterdrückung und die systematische Ausgrenzung von Frauen aus der Welt der finanziellen Selbstbestimmung. Mit der zunehmenden Emanzipation der Frau und der Wandlung der Gesellschaft in den 1960er und 1970er Jahren verschwanden die Damenkarten allmählich aus den Restaurants.

Die Entwicklung hin zu mehr Gleichberechtigung und die veränderte Sichtweise auf die Rolle der Frau führten dazu, dass immer mehr Frauen selbstständig über ihre Finanzen bestimmten und sich gegen die Bevormundung durch solche Praktiken wehrten. Schließlich wurde die Idee, dass Frauen keine Preise sehen sollten, als überholt und diskriminierend erkannt.

Heute ist es in Restaurants undenkbar, unterschiedliche Menükarten für Männer und Frauen anzubieten. Die Idee, Frauen von finanziellen Entscheidungen auszuschließen, erscheint nicht nur archaisch, sondern auch unvereinbar mit den modernen Vorstellungen von Gleichberechtigung. Diese hat in vielen Bereichen der Gesellschaft Einzug gehalten, und Diskussionen über Geschlechterrollen in der Gastronomie beziehen sich heute eher auf die Repräsentation von Frauen in Führungspositionen oder als Spitzenköchinnen.

Die Damenkarten mögen aus den Speisesälen verschwunden sein, doch sie erinnern uns daran, wie tief verwurzelt geschlechtsspezifische Normen einst waren – und wie weit wir gekommen sind, diese zu überwinden. Sie sind ein Beispiel dafür, wie subtil und gleichzeitig mächtig gesellschaftliche Konventionen das Leben der Menschen beeinflussen können, und wie wichtig es ist, diese immer wieder zu hinterfragen.

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Erstellt:
3. September 2024, 19:14 Uhr

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