Überlastete Netze

Das sind die Schattenseiten des Solarbooms

Auf deutschen Dächern gibt es immer mehr Solaranlagen. Ausbauziele der Bundesregierung werden übertroffen. Der Boom hat aber teils drastische Folgen.

Solarmodule stehen in einem Solarpark bei Wismar in Mecklenburg-Vorpommern.

© Jens Büttner/dpa/Jens Büttner

Solarmodule stehen in einem Solarpark bei Wismar in Mecklenburg-Vorpommern.

Von Markus Brauer/dpa

Der Boom der Solarenergie in Deutschland erschwert laut einer Untersuchung zunehmend die Steuerung der Stromnetze.

Keine optimale Nutzung

In einer Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin heißt es, die Solarstromerzeugung sei stark um die Mittagsstunden sonniger Tage konzentriert. „Dies kann in den Stromnetzen, vor allem auf der Verteilnetzebene, zu zeitweisen Engpässen führen.“

Bereits vorhandene Flexibilität bei der Netzintegration von Photovoltaik (PV) werde nicht immer optimal eingesetzt, heißt es weiter. So seien zuletzt viele PV-Anlagen in Gebäuden in Kombination mit Batteriespeichern installiert worden. Diese erlaubten es den Haushalten oder Gewerbetreibenden, den Anteil ihres selbst genutzten PV-Stroms zu vergrößern.

 

 

„Allerdings gibt es kaum Anreize, diese Speicher möglichst netz- oder marktorientiert einzusetzen, da weder die Einspeisevergütung noch in der Regel die Haushaltsstromtarife entsprechende Signale dafür geben: Vergütungen und Preise sind für jede Kilowattstunde gleich, unabhängig vom aktuellen Marktpreis“, heißt es in der Studie.

Belastung der Netze

So könne es beispielsweise zu der Situation kommen, dass die PV-Speicher in den Sommermonaten in den Stunden der höchsten PV-Erzeugung bereits vollgeladen seien und die Anlagen dann mit voller Leistung in das Netz einspeisen. Dies belaste die lokalen Stromnetze. Um Stromnetze effizienter zu steuern, ist laut Studie mehr Tempo beim Einbau „intelligenter“ Stromzähler erforderlich.

Boom von Solaranlagen

Der Ausbau der Solaranlagen hat deutlich Fahrt aufgenommen:

  • Im vergangenen Jahr verdoppelte sich der Zubau nach Zahlen der Bundesnetzagentur im Vergleich zum Vorjahr auf nahezu 14 Gigawatt.
  • Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums betrug Ende Juni die gesamte Leistung der installierten Solaranlagen mehr als 90 Gigawatt.
  • Damit ist bereits das Ziel der Bundesregierung einer installierten Leistung von 88 Gigawatt im Jahr 2024 erreicht.
  • 2030 soll die installierte Leistung dann bei 215 Gigawatt liegen.

Um dieses Ausbauziel zu erreichen, müsse die Geschwindigkeit noch weiter steigen, heißt es in der DIW-Studie. Haupttreiber des Ausbaus sei derzeit ein kräftiger Zubau von kleineren PV-Anlagen auf Gebäuden, die aufgrund von Eigenverbrauchsvorteilen attraktiv sei. „Neben viel Licht gibt es aber auch Schatten: Bei den Freiflächenanlagen gibt es noch Potenzial.“ Ein wesentlicher Grund des zuletzt starken Wachstums sei der Verfall der Preise für Solarmodule.

Abhängigkeit von China

In den vergangenen Jahren seien vor allem in China riesige Produktionskapazitäten aufgebaut worden. Diese seien aber zurzeit bei weitem nicht ausgelastet, was die Modulpreise drücke. China dominiere die globale PV-Produktionskette.

Der PV-Ausbau habe damit noch eine weitere „Schattenseite“. Da es kaum noch eine Produktion von Solarzellen in Deutschland oder der EU gebe, sei der weitere Zubau stark auf Importe aus China angewiesen.

 

 

Wo lohnen sich eine PV-Anlage oder ein Balkonkraftwerk?

Doch wo in Deutschland lohnt sich ein Balkonkraftwerk, eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und/oder an der Hauswand oder einer Agri-Photovoltaik auf Feldern, in Obstanlagen oder Weinbergen? Der Solaratlas, eine neue Karte mit Zoom-Effekt zeigt, welche Gebäude in Deutschland das Potenzial für eine Solaranlage besitzen und wie gut sie für die Stromgewinnung mittels Photovoltaik geeignet sind.

Auf der Webseite eosolar.dlr.de können Sie den Solaratlas einsehen und erkunden, ob hier Haus auch für Solarenergie geeignet ist.

Der im Internet frei verfügbare interaktive Solar-Atlas hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in akribischer Detailarbeit erstellt. Die Basis für die aufwendige Kartierung bilden Geodaten, Daten zu Dachneigung und -richtung sowie Sonnenstunden und Verschattung.

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Erstellt:
14. August 2024, 08:56 Uhr

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