Raumsonde „New Horizons“

Das Universum ist doch dunkler als gedacht

Wie hell oder dunkel ist das Weltall? Von der Erde aus kann man diese Frage nicht beantworten. Doch „New Horizons“, die am weitesten entfernte Raumsonde, gibt Antworten auf die Frage nach dem extragalaktischen Hintergrundlicht.

Die Nasa-Raumsonde „New Horizons“ hat vom bisher fernsten Standort im Sonnensystem aus gemessen, wie dunkel das Weltall ist.

© © Nasa/JHUAPL/SwRI/Serge Brunier (ESO)/Marc Postman (STScI)/Dan Durda

Die Nasa-Raumsonde „New Horizons“ hat vom bisher fernsten Standort im Sonnensystem aus gemessen, wie dunkel das Weltall ist.

Von Markus Brauer

Wie viel schwaches Streulicht erfüllt den Kosmos jenseits der Sterne und Galaxien? Eine neue Antwort liefert die Raumsonde „New Horizons“ – vom fernsten und dunkelsten jemals für eine solche Messung genutzten Ort.

Die Sonde der US-Raumfahrtbehörde Nasa enthüllt, dass das Universum dunkler ist als gedacht und dass es darin wohl doch keinen größeren Anteil von extragalaktischen Hintergrundlicht aus noch unerklärten Quellen gibt, wie die Astronomen im Fachblatt „Astrophysical Journal“ berichten.

Was ist das extragalaktische Hintergrundlicht?

Das Universum ist Billionen Galaxien und noch mehr Sternen erfüllt, die um die Wette leuchten. Doch warum erscheint uns der Nachthimmel dunkel? Eine optische Täuschung? Fakt ist: Der unendliche kosmische Raum zwischen den hellen stellaren Lichtquellen wird von einem schwachen, für das menschliche Auge nicht sichtbare Licht erfüllt – dem sogenannten optischen Hintergrundleuchten (Extragalactic background light, EBL).

Dieses kosmische Leuchten erfüllt das gesamte Weltall. Die Extragalaktische Hintergrundstrahlung im infraroten bis ultravioletten Wellenlängenbereich besteht aus Photonen, die sich über die Geschichte des Universums hinweg angesammelt haben. Es ist also ein Überrest allen Lichts, das von sämtlichen Quellen wie Sternen oder Galaxien jemals ausgestrahlt wurde. Die gestreuten Photonen verraten, wie viele ferne, für uns nicht sichtbare Galaxien es noch gibt.

 

 

Irdischer Sensor im Kuipergürtel

Wie hell oder dunkel dieses kosmische Restlicht in Wirklichkeit ist, lässt sich von der Erde aus nicht zu beantworten. „In unserem Teil des Sonnensystems gibt es einfach zu viel Sonnenlicht und von interplanetarem Staub reflektiertes Streulicht“, erklärt Marc Postman vom Space Telescope Science Institute in Baltimore. Dieses Streulicht überstrahle im inneren Sonnensystem das schwache kosmische Restlicht.

Es gibt jedoch einen irdischen Sensor, der fernab des inneren Sonnensystems unterwegs ist: die Nasa-Raumsonde „New Horizons“. Die Sonde befindet sich derzeit an den Außengrenzen des Sonnensystems im Kuipergürtel.

 

 

Hinter der Umlaufbahn von Neptun beginnt diese unwirtliche, lebensfeindliche äußere Randzone unseres Sonnensystems. In der ringförmigen, flachen Region sind neben unzähligen eisigen Gesteinskörpern auch Zwergplaneten wie Pluto, Eris, Sedna und Quaoar beheimatet. Es wird spekuliert, dass sich der mysteriöse, neptungroße Planet 9 im Kuipergürtel verbergen könnte.

Fernste je ins Universum geschickte Restlicht-Kamera

Nach ihrem Vorbeiflug am Pluto im Jahr 2015 durchfliegt sie mit ihrer Kameraausrüstung LORRI (Long Range Reconnaissance Imager) in rund 7,3 Milliarden Kilometer Entfernung von der Erde den Kuipergürtel. „Mit 57 astronomischen Einheiten Abstand von der Sonne ist dies die fernste je ins All geschickte Restlicht-Kamera. Und sie blickt hinaus in die dunkelsten je gesehenen Himmel“, schreiben Postman und sein Team.

Damit bietet „New Horizons“ beste Voraussetzungen, um die bisher widersprüchlichen Ergebnisse zum kosmischen Restlicht zu klären. Denn diese ergaben mal mehr Restlicht und damit auch mehr Galaxien, mal weniger.

 

 

Wie erkennt man komisches Streulicht?

Für ihre Studie konzentrierten sich die Astronomen auf insgesamt 36 Himmelsausschnitte, welche mit der LORRI-Kamera von „New Horiozons“ aufgenommen wurden. Weil die Objekte im Kuipergürtel sehr wenig Licht abstrahlen und sich nur langsam bewegen, sind sie astronomisch nur schwer zu erkennen.

Trotz des dunklen Standorts gibt es aber auch vom Kuipergürtel aus verfälschendes Störlicht. „Das stärkste ist das diffuse galaktische Licht (DGL), das aus dem vom interstellaren Staub gestreuten Licht der Milchstraße besteht“, schreiben die Forscher.

Um die wahre Dunkelheit des Weltalls zu messen, muss dieses daher gesondert gemessen und herausgerechnet werden. „Wir haben den galaktischen Vordergrund neu berechnet und festgestellt, dass er mehr zum Gesamtlicht beiträgt als bei unseren früheren Messungen angenommen“, berichten die Wissenschaftler.

 

 

Weniger Restlicht als bisher angenommen

Die Messungen ergaben: Der der jetzt ermittelte Wert für das kosmische Restlicht ist deutlich niedriger als frühere Ergebnisse des „Hubble“-Weltraumteleskops und der „New-Horizons“-Sonde.

„Damit haben wir nun eine ziemlich gute Idee, wie dunkel das All tatsächlich ist“, betont Postman. Den neuen Messungen zufolge ist das Universum um 32 Prozent dunkler und wahrscheinlich auch etwas galaxienärmer als bisher angenommen.

„Die Resultate zeigen, dass die große Mehrheit des optischen Restlichts im Universum ursprünglich aus Galaxien stammt.“ Diese Strahlung umfasst alles Licht, das von den seit dem Urknall gebildeten Sternenansammlungen ins Weltall emittiert worden ist.

„Die einfachste Hypothese liefert die beste Erklärung für das, was wir sehen: Das kosmische Restlicht ist das Licht aller Galaxien innerhalb unseres Sichthorizonts“, resümieren Postman und seine Kollegen. „Wenn wir außerhalb der Galaxien schauen, finden wir Dunkelheit und sonst nichts.“

Zum Artikel

Erstellt:
3. September 2024, 14:18 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen