Das Unwetter im Rems-Murr-Kreis hinterlässt sichtbare Spuren
Heftige Gewitter sorgen am Donnerstagabend nicht nur für umgestürzte Bäume, sondern auch für den einen oder anderen Schreckmoment.

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Carola Mertesackers Suzuki wurde von einer Baumspitze getroffen. Foto: privat
Von Kai Wieland
Rems-Murr. Als am Freitagmorgen der Regen erneut einsetzt und sich ein weiteres Gewitter abzuzeichnen scheint, macht sich bei Carola Mertesacker wieder Unruhe breit. Der Schock vom Vortag sitzt noch tief bei der jungen Mutter aus Backnang. Nach einem Waldspaziergang mit Freunden war sie am Donnerstagabend beim ersten Donnergrollen mit ihrer einjährigen Tochter und den beiden Hunden ins Auto gestiegen und informierte auf der Heimfahrt via Freisprechanlage ihren Mann über die Lage, als dieser plötzlich einen Schrei und dann nur noch Stille in der Leitung hörte.
„Ich kann mich an das Telefonat gar nicht mehr erinnern“, sagt Carola Mertesacker, der die Ereignisse des Vorabends noch immer nachgehen, denn der Vorfall an sich ist ihr noch völlig gegenwärtig. „Kurz nach dem Waldfriedhof hat eine Böe einen Baum geköpft und das Stück ist uns auf die Frontscheibe gekracht“, beschreibt sie die Situation. „Ich habe dann versucht, weiterzufahren, um aus dem Wald rauszukommen, aber ich musste auch immer wieder anhalten, weil ich einfach nichts sehen konnte.“ Hauptsache weg vom Wald, war der einzige Gedanke der 34-Jährigen.
Erst als das geschafft war, brachte sie das Fahrzeug zum Stehen, um sich zu sammeln. „Meine Tochter war auch geschockt, sie hat erst nach einiger Zeit angefangen zu weinen. Irgendwann konnte ich dann die Tür auf der Beifahrerseite aufdrücken.“ Ein junger Mann habe schließlich angehalten und der Frau samt Tochter und den beiden Hunden in seinem Auto Zuflucht gewährt, bis das Unwetter vorbei war.
Rund 40 Minuten brauchten die Rettungsdienste
Der Mann von Carola Mertesacker hatte zwischenzeitlich alles stehen und liegen gelassen und den Notruf alarmiert. Rund 40 Minuten brauchten Rettungsdienst und Polizei bis zur Unfallstelle, weil viele Wege durch umgestürzte Bäume blockiert waren. „Wir hatten Glück im Unglück“, sagt die Backnangerin. „Wäre der Baum direkt auf das Dach gefallen, hätte es anders ausgehen können.“ Das Auto wurde schwer beschädigt und musste abgeschleppt werden.
Es war bei Weitem nicht der einzige Notruf für die Rettungskräfte am Donnerstagabend, doch die Auswirkungen der schweren Unwetter unterschieden sich punktuell stark. Über 50 Einsätze zählte das Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Aalen in allen drei Landkreisen. Den Großteil machten dabei umgestürzte Bäume, beschädigte Oberleitungen und Blitzeinschläge aus. Der Rems-Murr-Kreis war laut Polizei mit etwa 30 Einsätzen am stärksten betroffen.
In Oppenweiler hats den Friedhof erwischt
In Oppenweiler wurde die Feuerwehr nur zu einem Einsatz gerufen, bei dem sie allerdings wenig ausrichten konnte. „Auf dem Friedhof hat es eine sehr große Linde erwischt“, berichtet Bürgermeister Bernhard Bühler. Der Baum sei an einer Gabelung gespalten worden, ob durch Blitzeinschlag oder Sturm sei nicht zweifelsfrei zu sagen. Sicherungsseile konnten Bühler zufolge Schlimmeres verhindern, nun müsse man aber aus Rücksicht auf das Friedhofsgelände und die Friedhofstraße den Baum Stück für Stück abtragen. Dafür seien Baumfällspezialisten mit einem Fällkran im Einsatz.
In Teilen von Affalterbach, Marbach am Neckar, Kirchberg an der Murr, Leutenbach und Winnenden sowie in kleinen Bereichen von Erbstetten und Erdmannhausen kam es indessen laut Syna gegen 17.25 Uhr zu einer Unterbrechung in der Stromversorgung. Offenbar war ein Baum in eine Freileitung gefallen und hatte dabei einen Stromausfall verursacht. Gegen 20 Uhr waren laut dem Unternehmen alle betroffenen Haushalte wieder mit Strom versorgt.
Nicht im „eye of the storm“ sei diesmal Großerlach gewesen, die Feuerwehr habe nicht ausrücken müssen, teilt Bürgermeister Christoph Jäger mit. „In Folge von Überspannung durch Blitzschlag sind aber in Neufürstenhütte Messeinrichtungen in der Kläranlage und ein Netzteil im Hochbehälter ausgefallen.“
Zu einem spektakulären Vorfall kam es auf der Bahnstrecke bei Germannsweiler. Eine Bahn war um 18.40 Uhr in Richtung Backnang unterwegs, als der Zugführer einen auf der Oberleitung liegenden Baum erkannte, eine Notbremsung einleitete und so eine Kollision verhinderte. Zwischenzeitlich fingen Teile des Baums Feuer, welche aufgrund des starken Regens jedoch wieder erloschen. Alarmierte Kräfte von Landes- und Bundespolizei, sowie der Deutschen Bahn, der Feuerwehr und des Rettungsdienstes waren vor Ort. Von den etwa 300 Fahrgästen wurde offenbar niemand verletzt. Der Bahnverkehr stand daraufhin stundenlang still.