Das Weindorf stand auf der Kippe

Monatelang drohte eine Absage des Weindorfs, aus ungewöhnlichem Grund. Was war passiert?

Von Frank Rothfuß

Stuttgart - Er stand schon ziemlich lange dort. Am Eck des Marktplatzes zur Münzstraße ragte ein Kran empor. Dort hatte die VIW Gmbh das Haus gegenüber vom Breuninger gekauft – und, wie man das als verantwortungsvoller Bauherr mit Blick aufs Stadtbild und die Wertsteigerung so macht, mit der Sanierung begonnen. Während der EM hatte man die Baustelle mit einem großen Plakat kaschiert, mit jubelnden Fans und einem Spruch: „Welcome 2 Stuttgart“. Das war hübscher als die Baustelle zum Haus des Tourismus, da grüßte nur ein schnöder Bauzaun. Der ist mittlerweile weg, der Kran auch. Aber der Kran nur für kurze Zeit. Bald kommt er wieder und muss weiter Lasten in die Höhe schleppen. Er hat Sommerferien.

Während der EM war der Kran kein Problem, auch fürs Forum der Kulturen allenfalls ein optisches. Aber das Weindorf hätte er beinahe verhindert. Denn der Marktplatz ist mit Lauben zugebaut, der Rand zu den Häusern hin ist Rettungsweg und Zufahrt für die Feuerwehr. In der stand der Kran. Die Konsequenz: Gegenüber dem Kran hätten einige Lauben nicht aufgebaut werden dürfen. Das hätte drei Wirte betroffen. „Und das hätte die drei Wirte fast zur Absage ihrer Teilnahme bewogen“, verriet Jens Zimmermann bei der Eröffnung des Weindorfes. Der Vorstand des Veranstalters, der Bürgervereins Pro Stuttgart, hatte wie seine Kollegen und der neue Geschäftsführer Dominik Schwab ziemlich lange um eine Lösung gerungen.

So richtig will keiner den Grund fürs Dilemma benennen, keiner gibt gerne den Schwarzen Peter weiter, zumal man ja zusammenschaffen will. Es lässt sich erahnen, dass in Rathausstuben der Termin fürs Weindorf nicht im Kalender markiert war, als man die Genehmigung für den Aufbau des Krans erteilte. Doch was nun tun? Man erwägte Ausweichmöglichkeiten für die Lauben. An andere Orte an den Rand des Weindorfs wollten die Wirte aber nicht.

Wie zumeist helfen warme Worte und harte Münze. Oder wie Zimmermann das ausdrückt: „Dominik Schwab hat in intensiven Gesprächen den Bauherrn für einen Abbau des Krans und somit eine Unterbrechung des Baus gewinnen können. Die Kosten für den Ab- und Wiederaufbau des Krans sowie den Bauverzug tragen wir als Pro Stuttgart.“ Man sei dankbar für das Verständnis. „Aber das ist wahrlich kein Pappenstiel, und Sie können sich vorstellen, dass uns das als Verein schwer trifft.“ So ist Stuttgart: Selbst wenn man nicht baut, kann einen das teuer zu stehen kommen.

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Erstellt:
30. August 2024, 22:08 Uhr
Aktualisiert:
31. August 2024, 21:55 Uhr

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