Böller-Wahnsinn zu Silvester
Debatte um Böllerverbot - GdP mahnt rasches Handeln an
Nach dem Böller-Wahnsinn zu Silvester in Berlin werden weiter die richtigen Antworten gesucht. Die Gewerkschaft der Polizei mahnt den Senat, rasch zu handeln.
Von red/dpa/bb
Nach der folgenreichen Knallerei mit Verletzten und Sachschäden in der Silvesternacht appelliert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) an den Berliner Senat, auf Landesebene nun alle Möglichkeiten für ein Böllerverbot auszuschöpfen. „Es gibt keine gesetzlichen Hürden, hier etwas zu machen“, sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro der dpa. „Sich zurückzulehnen und auf den Bund zu zeigen, reicht nicht aus.“
Änderungen auf Bundesebene wären sicherlich die beste Lösung, sagte er. „Aber Berlin als Land kann und sollte hier auch tätig werden.“ Jendro erinnerte daran, dass der Senat seit einigen Jahren einzelne Böllerverbotszonen ausweise. Dieses Konzept könne man auf die ganze Stadt ausweiten. Die Landesebene könne auch regeln, welche Geschäfte Pyrotechnik anbieten dürfen. „Es gibt also mehrere Stellschrauben für den Senat, um zu handeln.“
Viel Unterstützung für Petition
Rund 320.000 Menschen unterzeichneten bis Freitagnachmittag online eine Petition für ein bundesweites Böllerverbot. Gestartet worden war sie vom GdP-Landesbezirk Berlin bereits nach Böllerexzessen vor zwei Jahren, wie ein Sprecher erläuterte. „Bis 30. Dezember 2024 hatten wir rund 90.000 Unterschriften.“ Seither sei diese Zahl stark gestiegen, vor allem seit dem 1. Januar.
SPD-Politiker für, CDU-Politiker gegen Böllerverbot
Innensenatorin Iris Spranger hatte am Neujahrstag für ein generelles Böllerverbot in Deutschland plädiert, sieht dabei aber in erster Linie den Bund in der Pflicht. Gleichzeitig fordert die SPD-Politikerin Änderungen im Sprengstoffrecht, die den Bundesländern erlauben, an festgelegten Orten Ausnahmen von dem Verbot zu gestatten. Sie sprach von „Pyroerlaubniszonen“, in denen das Abbrennen von Feuerwerk gestattet ist.
Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) wiederum ist seit längerem gegen ein Böllerverbot, nun sprang ihm auch CDU-Generalsekretärin Ottilie Klein bei. „Die Böller-Verbotsdebatte geht in die falsche Richtung“, sagte sie. „Nicht unsere Art zu leben muss sich ändern, weil Einzelne ihre Gewaltfantasien ausleben wollen. Sondern umgekehrt: Niemand darf andere vorsätzlich in Gefahr bringen.“ Der Besitz von illegalem Sprengstoff wie Kugelbomben und bewusste Angriffe auf Menschen müssten härter bestraft werden.
Viele Verletzte und Festnahmen
An Silvester und Neujahr waren in Berlin zahlreiche Menschen unter anderem durch illegale Böller teils schwer verletzt worden. Fachleute beobachteten, dass vermehrt sogenannte Kugelbomben detonierten, die wegen ihrer hohen Explosionskraft hierzulande eigentlich nicht für den Allgemeingebrauch zugelassen sind. Folge waren auch Schäden an Häusern. Es gab zudem wieder Angriffe auf Polizisten, Rettungskräfte oder andere Menschen mit Pyrotechnik. Die Polizei bilanzierte rund 400 vorläufige Festnahmen.
Die AfD-Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker kündigte eine parlamentarische Anfrage an den Senat an, um die Vornamen der Verdächtigen zu erfahren. „Nicht der generelle private Einsatz von Pyrotechnik, sondern die hemmungslosen Verhaltensweisen bestimmter, offenbar zugewanderter Gruppen aus Problembezirken, die sie missbräuchlich einsetzen, erzeugten die erheblichen Schäden der vergangenen Silvestertage“, erklärte Brinker dazu.
Neue Vornamen-Debatte?
Die Diskussion um ein Böllerverbot sei eine „Scheindebatte“, die von den tatsächlichen Problemen ablenke. Ursache für die Probleme sei eine „falsche Migrationspolitik“. Nach den Krawallen in der Silvesternacht 2022 hatte die CDU 2023 im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses nach den Vornamen von Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit gefragt. Es folgte eine heftige Debatte über Ursachen für Jugendgewalt, über Tatverdächtige mit Migrationshintergrund und deren Nationalität.
Nach der Explosion einer Kugelbombe, bei der ein siebenjähriger Junge lebensgefährlich verletzt wurde, ist der Täter unterdessen noch nicht gefasst. Das sagte eine Polizeisprecherin auf Anfrage. Bei dem Vorfall im Bottroper Weg in Berlin-Tegel wurden in der Silvesternacht insgesamt acht Menschen verletzt. Nach einem „B.Z.“-Bericht soll der Täter das illegale Feuerwerk laut einer möglichen Zeugin bewusst in die Menge geworfen haben, die Polizei prüft das.
Bewohner beschädigter Häuser dürfen wieder in ihre Wohnungen
Auch in Schöneberg war in der Silvesternacht mutmaßlich eine Kugelbombe explodiert - an der Ecke Belziger Straße/Vorbergstraße/Hauptstraße. Durch die Wucht der Explosion wurden Häuserfassaden und Autos teils schwer beschädigt, viele Fensterscheiben gingen zu Bruch. 36 Wohnungen waren nach Angaben der Feuerwehr zwischenzeitlich unbewohnbar, mehrere Menschen wurden verletzt.
Die Mieterinnen und Mieter des beschädigten Häuserkomplexes dürfen nun wieder in ihre Wohnungen zurückkehren, wie ein Sprecher des Immobilienunternehmens Heimstaden der Deutschen Presse-Agentur sagte. Die Standsicherheit des Gebäudes wurde demnach von einem Tragwerksprüfer überprüft, es ist demnach nicht einsturzgefährdet. Allerdings stehen noch zahlreiche Reparaturarbeiten an, etwa der beschädigten Fenster.