Dem ländlichen Raum verpflichtet
Landtagswahl 2021: CDU-Kandidat Georg Devrikis ist es wichtig, dass der Wahlkreis Backnang beim Verkehr noch besser angebunden wird, wirtschaftlich gut aufgestellt bleibt und man die Lage der Kommunen jenseits des Speckgürtels im Blick behält.
Von Christine Schick
MURRHARDT/BACKNANG. Es ist ein regnerischer Tag, als Georg Devrikis zu dem Standort kommt, den er sich als Ausgangspunkt für ein Gespräch ausgesucht hat – die Fußgängerbrücke am Backnanger Wasserturm. Man sieht auch nicht ganz so weit, aber dennoch lässt sich ausmachen, worum es ihm geht: die Bundesstraße14, das Backnanger Gewerbegebiet Lerchenäcker und die umliegenden Kommunen, sprich der ländliche Raum.
„Der Ausbau der B14 läuft ja nicht wie geplant, wichtig ist ebenso der Autobahnzubringer, die Landesstraße1115“, sagt der Landtagskandidat. „Das hat Wilfried Klenk schon 2000/2001 im Wahlkampf thematisiert.“ Insofern wisse er, dass es kein Zuckerschlecken sein wird, sich hier einzusetzen. Natürlich gebe es im Hintergrund unterschiedliche Interessen, hinzu käme die Finanzierung. Doch die Anbindung sei wichtig für die Menschen in der Region. „Ich sage das, wohl wissend, dass der Verkehr im Wahlkreis nicht nur aus der B14 und der S-Bahn besteht.“ Er denke da an das in Schuss zu haltende Straßennetz im ländlichen Raum oder an einen öffentlichen Nahverkehr, der mancherorts und zu bestimmten Zeiten vor allem aus Schulbussen bestehe, sprich vom Takt her ausgebaut werden müsste. Besonders die großen Flächengemeinden hätten es da nicht einfach. Und die Lerchenäcker stehen für ihn für Wirtschaft und Gewerbe. Der Mittelstand sei zentral für die Region, am Herzen liege ihm genauso das Handwerk, insbesondere die kleineren Betriebe. „Gerade jetzt geht es darum, Arbeitsplätze zu erhalten“, sagt der 39-Jährige.
Sein Wahlkreis bestehe außer Backnang als Großer Kreisstadt vor allem aus ländlich geprägten Kommunen, stellt der CDU-Politiker fest. Von der Brücke über der B14 aus zeigt er in Richtung Aspach, Kirchberg an der Murr und Burgstetten, dann auf die Seite von Strümpfelbach, Oppenweiler mit der Burg Reichenberg – und Sulzbach an der Murr sowie Murrhardt, die nicht mehr wirklich auszumachen sind. So sehr das Ländliche auch seine Reize habe, kenne er eben auch die andere Seite. Aufgewachsen in Oberrot und Murrhardt seien schon damals die Standortnachteile eines Oberen Murrtals gegenüber dem Remstal, Filderstadt oder der Region Ludwigsburg klar zu spüren gewesen. Mittlerweile hieße es, in puncto Arbeit auf technische Innovation und Weiterbildung zu setzen, um „Käpselebundesland“ zu bleiben. Auch die strukturellen Voraussetzungen wie Datenautobahnanbindung seien entscheidend.
Angesprochen auf den Klimawandel und die Frage, ob der Weg angesichts der ökologischen Umweltbelastungen weiterhin einer ist, bei dem man auf Auto und Individualverkehr setzen sollte, sagt er: „Jede Mobilitätsform ist wichtig.“ Der öffentliche Nahverkehr solle gefördert werden, „die Straße braucht man im ländlichen Raum aber einfach noch“. Sein Motto: Das eine tun und das andere nicht lassen. Es wäre gut, „wenn wir das mit einem pünktlichen, öffentlichen Nahverkehr hinbekommen, sodass eine Familie auch ohne zwei Autos aufs Dorf ziehen kann“. Eine zuverlässige, leistungsstarke Murrbahn sei ein weiterer Baustein, mehr Güterverkehr auf der Schiene, Radwegeausbau und vielleicht in der Zukunft auch das Wasserstoffauto. Aber hier heißt es für ihn ebenso, auch in kleineren Kategorien beziehungsweise in der Breite zu denken und zu handeln: „Nicht nur den ICE berücksichtigen, sondern auch den Schulbus.“ Aber was, wenn aufgrund begrenzter Finanzmittel eine Entscheidung getroffen werden muss? Devrikis bleibt dabei: Er setzt auf einen Mix und die parallele Entwicklung verschiedener Mobilitätsformen. Zudem habe die Bürokratisierung zu enormen Kostensteigerungen bei Projekten geführt – eines seiner Beispiele neben der B14 ist der Bau des Hochwasserrückhaltebeckens Gaab bei Murrhardt, dessen Planung sich über viele Jahre hinausgezögert hat. Könne man einen Abbau der Hürden und dadurch eine schnellere Umsetzung erreichen, bedeute dies auch wieder mehr Finanzmittel. Diese Fragen und Themen würde er auch mit Mitgliedern der jungen Bewegung „Fridays for Future“ diskutieren. Bisher habe er noch keinen Kontakt mit Vertretern gehabt, generell sagt er aber: Sie hätten sich wichtige Ziele gesetzt, und eine Jugendbewegung sei etwas Gutes. Da könne schon auch Reibung entstehen, genauso wie Kraft.
Die Hürden der Bürokratie sind für eine zügige Umsetzung von Infrastrukturprojekten zu groß.
Diese Diskussionen und die Begegnung mit Menschen im Wahlkampf fallen vor dem Hintergrund der Coronapandemie so gut wie aus. „Das fehlt mir wirklich saumäßig“, sagt Georg Devrikis, der dies in Wahlkämpfen für den Murrhardter Gemeinderat als wertvoll und spannend erlebt hat. Zumindest seine Nominierung fiel noch in eine Zeit, in der ein Zusammenkommen der CDU-Mitglieder mit entsprechenden Regeln möglich war. Was sind für ihn die Gründe, dass er sich gegen seine beiden Konkurrenten – Christina Stumpp und Reinhold Sczuka – als Kandidat, der über die Grenzen des Oberen Murrtals hinaus noch nicht stark in Erscheinung getreten ist, durchgesetzt hat? Er habe keine dezidierte Erklärung und wolle da auch demütig sein. Was ihm möglicherweise jedoch nicht geschadet habe, sei, sich zu zeigen, wie er ist. „Ich verstell mich nicht“, sagt er. Und dazu gehört auch: Eine typische politische Karriere beispielsweise mit einem Politikstudium könne er nicht vorweisen. „Ich leb in einer Zweizimmerwohnung in Murrhardt und fahr einen alten Ford Fiesta.“ Er versteht sich vor allem als Volksvertreter und findet, in einem Parlament, in diesem Fall dem Landtag, sollten Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen sitzen. Er erzählt, dass er in jungen Jahren nach dem Abitur erst mal einfach viel arbeiten musste – beispielsweise in der stationären Pflege, an einer Tankstelle in Murrhardt oder bei einer Bekleidungskette in Stuttgart. Bevor er seine Ausbildung zum Bankkaufmann bei einem regionalen Geldinstitut gemacht hat, wo er heute als Finanzberater seine Brötchen verdient, hat Devrikis an Wochenenden selten frei gehabt. Die hatte er ursprünglich nun wieder für den Wahlkampf eingeplant, aber mit Corona ist alles anders. Ein kleiner konzeptioneller Teil ließ sich noch realisieren: seine Aktion unter dem Motto „Schorsch schafft mit“, bei der er in ganz unterschiedlichen Berufssparten und Lebenswelten von Dorfmetzgerei und Supermarkt über Pflegeheim, Wochenmarkt und landwirtschaftlichem Hof bis hin zur Hilfsorganisation mit angepackt hat und so über die jeweiligen Probleme mehr erfahren hat.
Wer Georg Devrikis nicht kennt, könnte sich nun – trotz des schwäbisch abgewandelten Vornamens „Schorsch“ – fragen, auf welche Wurzeln der Nachname verweist. Er berichtet, dass sein Vater in jungen Jahren aus Griechenland als Gastarbeiterkind nach Deutschland kam. Seine Mutter ist Deutsche. Wie gut verträgt sich eine CDU-Parteimitgliedschaft und -identität mit einer Migrationsfamiliengeschichte? Georg Devrikis würde es begrüßen, wenn dies im Grunde genommen gar kein Thema mehr sein müsste und in den Gremien ganz selbstverständlich Menschen verschiedener Nationalitäten säßen. Als Schaffer, bodenständiger Vertreter aus der Mitte der Bevölkerung und im Sinne christlicher und konservativer Werte sieht er sich ganz mit der CDU verbunden. Trotzdem sind die Fußstapfen, in die er nun treten will, groß, was ihm durchaus bewusst ist. Die CDU hat bisher stets das Direktmandat geholt, Wilfried Klenk, der nicht wieder zur Wahl antritt, viermal. Der Druck ist da, aber Devrikis sagt auch: „Wer kämpft, kann verlieren, aber wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ Angesichts der manchmal harten Bandagen, mit denen auch online im Wahlkampf agiert wird, hatte er Bedenken, wie das für seine 16-jährige Tochter wird. „Ich hab sie deshalb auch gefragt, ob die Kandidatur für sie in Ordnung ist. Sie war einverstanden.“ Jetzt heißt es für ihn, sich in dieser ungewöhnlichen Wahlkampfzeit weiter zu engagieren, und er hofft, dass ihm sein Schaffenkönnen in dieser Hinsicht eben auch zugute kommt.
Georg Devrikis ist 1981 in Stuttgart geboren, in Oberrot und später in Murrhardt aufgewachsen, wo er 2000 sein Abitur gemacht hat. Er ist ledig und hat eine Tochter.
Nach seinem Zivildienst in einem Murrhardter Pflegeheim war er beruflich unter anderem als Pflegehelfer, Verkäufer und Leiter einer Tankstelle tätig, bevor er eine Ausbildung zum Bankkaufmann absolviert hat. Heute arbeitet er als Finanzberater bei einer regionalen Bank im Kreis.
Georg Devrikis ist 2000 in die CDU eingetreten. 2009 wurde er für die CDU/FWV-Fraktion in den Murrhardter Gemeinderat gewählt. Seit 2013 ist er Vorstandsmitglied der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands Rems-Murr. Zwei Jahre später wurde er zum Vorsitzenden des CDU-Stadtverbands Murrhardt gewählt. Seit 2018 ist er Vorstandsmitglied der CDU Rems-Murr sowie Delegierter der CDU Rems-Murr für den Bezirks- und Landesparteitag.