Demonstranten prangern „Behördenversagen“ an

Rund 20 Personen versammeln sich vor dem Veterinäramt in Backnang und später vor dem geschlossenen Schlachtbetrieb Kühnle in Backnang.

Tierrechtsdemo von Liberation Stuttgart vor dem Veterinäramt in Backnang. Foto: Florian Muhl

Tierrechtsdemo von Liberation Stuttgart vor dem Veterinäramt in Backnang. Foto: Florian Muhl

Von Florian Muhl

Backnang. „Ämtermafia muss weg!“, „Knast für den Tierquäler“ und „Warum bezahlen wir für Gewalt?“ – so lauteten einige Aufschriften auf Schildern, die rund 20 Demonstranten gestern vor sich her trugen. Die Frauen und Männer hatten sich gegen 11 Uhr vor dem Veterinäramt des Rems-Murr-Kreises in Backnang versammelt. Anlass waren Vorgänge im Schlachtbetrieb der Metzgerei Kühnle in Backnang, die der Report-Mainz-Beitrag im ARD-Fernsehen am Dienstagabend geschildert hatte.

Die Demo vor dem Veterinäramt wurde initiiert vom anarchistischen Bündnis Liberation Stuttgart. „Minutenlanger Todeskampf unter den Tieren, zahlreiche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und ein Veterinärarzt, der nicht nur zuschaut, sondern mitmacht. Im Backnanger Schlachthaus der Metzgerei Kühnle wurden über mehrere Monate hinweg Aufnahmen über die Brutalitäten gesammelt, die in diesem Betrieb zur Tagesordnung gehören“, sagt Liebration-Sprecherin Scarlett Treml. Die Agrarwissenschaftlerin und Tierrechtsaktivistin erklärt: „Wir von Liberation Stuttgart haben uns heute an der Veterinärbehörde in Backnang versammelt, um hier unseren Unmut gegen dieses systematische Behördenversagen kundzutun. Es ist der vierte Schlachthof innerhalb weniger Jahre in Baden-Württemberg und der 13. Schlachthof deutschlandweit, den die Tierrechtsorganisation Soko Tierschutz mit massiv tierschutzwidrigem Recherchematerial konfrontiert hat, woraufhin eine Schließung der jeweiligen Betriebe als Konsequenz eingeleitet wurde.“

Viele der Demonstranten sind angereist, beispielsweise aus Stuttgart und Künzelsau. Extra aus Bonn gekommen ist Aaron Bangert. Er studiert dort Betriebswirtschaftslehre (BWL). „Ich bin in Unterweissach aufgewachsen“, sagt der 25-Jährige. „Die Bilder, die ich im Fernsehen gesehen habe, haben mich bewegt. Ich weiß nicht, warum Menschen Tieren so etwas antun können.“ Er habe als Kind immer gedacht, der Metzger von nebenan sei ein guter Metzger. „Ich wünsche mir, dass die Menschen aus den Bildern Konsequenzen ziehen und auf ihren Tellern auf tierische Nahrung verzichten und sich künftig pflanzlich ernähren.“

Nach der Ausstrahlung des Report-Mainz-Beitrags habe er sich mit Freunden ausgetauscht. Seine Gesprächspartner seien empört, wütend und traurig gewesen. Von ehemaligen Schulkameraden habe er die Rückmeldung erhalten, dass sie ihr Essverhalten nun ändern wollen. „Wir sind hier, denn wir fordern gerechte Strafen für den verantwortlichen Veterinärarzt, der nicht nur weggeschaut, sondern – schlimmer – mitgequält hat, sich nicht nur schuldig gemacht hat, sondern sein gesamtes Amt entwürdigt hat“, sagte dann Tierrechtsaktivistin Scarlett Treml in ihrer Rede über eine Lautsprecheranlage.

Es sei ein Armutszeugnis für die Veterinärbehörde, „die sich nun mit jämmerlichen Ausreden versucht den Vorwürfen zu entziehen, wie beispielsweise, dass die in dem Skandalvideo gezeigten Elektroschocker batterielos eingesetzt wurden“, so Treml. Und direkt an das Amt gewandt sagte die Liberation-Sprecherin: „Wir hoffen, Sie sind mit der Rechtslage bekannt und wissen: Auch mit batterielosen Elektroschockern ist das Treiben von Tieren verboten, sofern diese – wie im Fall Kühnle – Metallspitzen besitzen.“

Treml forderte zudem: „Landwirtschaftsminister Peter Hauk muss zurücktreten und seine Aufgabe des Tierschutzes endlich abgeben.“ Es sei höchst blamabel, dass er immer noch darauf beharre, dies seien bedauerliche Einzelfälle. Die etwa 20-köpfige Gruppe gab an, sich nach der Kundgebung vor dem Veterinäramt zum Schlachtbetrieb Kühnle in der Sulzbacher Straße zu begeben, um dort mit Mitgliedern von weiteren Tierrechtsorganisationen gegen die eventuelle Wiedereröffnung des Schlachtbetriebs zu demonstrieren. „Wir sind prinzipiell für die Schließung aller Schlachthäuser“, erklärte Treml. Als Grund gab sie an: „Wir sind gegen Tierausbeutung in jeglicher Hinsicht und für die Förderung bioveganer Landwirtschaft in Deutschland.

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Erstellt:
27. August 2022, 06:00 Uhr

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