Den Klimawandel hält er für „Nonsens“
Bundestagswahl 2021: Andreas Wörner ist der Direktkandidat für die AfD im Wahlkreis 269 Backnang/Schwäbisch Gmünd. Er ist für die konsequente Abschiebung von geflüchteten Straftätern, gegen die EEG-Umlage, die CO2-Steuer und gegen Ideologie in den Schulen.
Von Melanie Maier
Schwäbisch Gmünd. Zum Treffpunkt schickt Andreas Wörner GPS-Koordinaten. Das ist auch notwendig, denn der Lieblingsort des AfD-Bundestagskandidaten für den Wahlkreis 269 Backnang/Schwäbisch Gmünd ist weder auf Google Maps noch auf einer Karte verzeichnet. Es ist das Gartengrundstück seiner Eltern, genauer gesagt seiner Mutter, die das Stückchen Erde von Wörners Großvater, einem Bauern, geerbt hat. Jetzt im Sommer schaut Wörner fast täglich dort vorbei, um Kartoffeln, frühe Äpfel oder Himbeeren zu ernten. Zucchini und Kürbisse wachsen dort außerdem, Möhren, Feuer- und Buschbohnen, Salate, Zwiebeln, Johannis- und Stachelbeeren, Apfel-, Birnen-, Walnussbäume. Zwischen den Malven und den Sonnenblumen fliegen Bienen und Hummeln. „Hier summt’s und brummt’s“, sagt der 56-Jährige mit deutlich schwäbischem Einschlag. „Hier ist ein Ort, an dem man einfach runterkommen kann.“
Wörner führt an den Beeten vorbei, reicht Himbeeren, die er direkt vom Strauch pflückt, zeigt die Kompostecke und die Holzkohle, die aus Baumschnitt entstanden ist und nun als Langzeitdünger dient. Da kommt schnell die Frage auf: Wie passt so viel Engagement für die Natur dazu, dass seine Partei den menschengemachten Klimawandel abstreitet, nicht gegen die Erderwärmung vorgehen möchte? „Das passt trotzdem“, meint Wörner. Der Klimawandel ist seiner Ansicht nach Nonsens. „Klima“, führt er aus, „ist ein Wetterzeitraum von 30 Jahren, das ist ein statistischer Begriff. Wir können für keine drei Tage das Wetter vorhersagen, meinen aber, das Klima bis 2050 prognostizieren zu können.“ Er lacht. „Ich spür’s ja hier selber. Es ist ganz klar, dass sich das Klima ändert, dass es wärmer wird. Aber wir sind noch lang nicht bei Wetterausschlägen wie im Römischen Reich. Die Römer haben in England Wein angebaut!“
Von Klimaschutz mit EEG-Umlage (kurz für: Erneuerbare-Energien-Gesetz-Umlage) und CO2-Steuer hält der Fertigungsplaner wenig. Wörner würde lieber Umweltschutz betreiben, aber auch den „mit Maß und Ziel“. Man müsse schauen, dass generell weniger Ressourcen verbraucht werden, meint er. Da sieht er vor allem auch den Einzelnen in der Pflicht. Wörner glaubt, dass jeder einen großen Einfluss auf das System hat, auf Angebot und Nachfrage. „Wenn ich schon im Februar Biospargel im Supermarktregal liegen sehe, muss ich den ja nicht kaufen“, sagt er. Das Fleisch, das er isst, stammt von einem Bauernhof in Sichtweite des Gartengrundstücks seiner Eltern. Wörner hat aber auch Verständnis dafür, dass sich nicht jeder teures Fleisch leisten kann. „Aber auch da kann sich jeder dafür entscheiden, nicht jeden, sondern vielleicht nur jeden zweiten Tag Fleisch zu essen.“
Wörner setzt sich auf einen der vier blauen Plastikstühle in dem überdachten Unterschlupf am Eingang des Grundstücks. Gartengeräte sind hier untergebracht, es ist angenehm kühl im Schatten. An diesem Freitag sind es rund 30 Grad. Wörner bietet Mineralwasser an, mehrere Plastikflaschen stehen auf dem Boden. Er sei schon immer politisch interessiert gewesen, sagt er. Schon zu Schulzeiten, im Gemeinschaftskundeunterricht. Dass er 2018 in die AfD eingetreten ist, hat aber einen anderen Grund. „Wie viele andere hat auch mich das Jahr 2015 verwundert“, erklärt er. Dass „man sehr viele Leute reinlässt, ohne zu überprüfen, wer sie sind“, ist für ihn ein „offener Gesetzesbruch“. „Das kann nicht sein“, sagt er und betont jedes Wort. Dem Bargauer macht die Vorstellung Angst, dass Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) als Flüchtlinge getarnt nach Deutschland kommen könnten. „Die Leute, die beim IS waren, haben ein hohes Gefährdungspotenzial“, merkt er an. „Die bringen jeden um, der vor ihnen steht.“ Ein weiterer Verdacht, der ihn umtreibt: dass die afrikanische Mafia Drogendealer unter dem Deckmantel des Asyls einschleusen könnte.
Es sei ja nicht so, dass er gegen das Asylsystem sei, so Wörner weiter, „und es ist auch nicht so, dass ich sage: Alle wieder raus – nein, nein. Deutschland braucht auch Arbeitskräfte.“ Doch der AfD-Kandidat stellt klar: „Asyl gibt es auf Zeit, das heißt, solange die Situation im Heimatland besteht.“ Habe die sich geändert, so müsse ein Rückführungsangebot erfolgen. Wer aber eine Ausbildung mache oder einen Job finde und sich dann um die deutsche Staatsbürgerschaft bemühe, sei „sogar sehr willkommen hier“. Sprach- und Integrationskurse können ihm zufolge ein Anschub dafür sein. Unterhalten hat sich das Kreistagsmitglied noch nie bewusst mit einem Asylbewerber. „Ich würde aber behaupten: Die meisten sind in Ordnung. Und die, die brav sind, können ja auch bleiben.“
Kein Verständnis hat Wörner dagegen für Geflüchtete, die straffällig werden. Straftäter – ganz gleich, ob Mörder oder Drogenhändler – würde er „sofort und jederzeit abschieben, egal in welches Land“. Auch in das noch immer im Bürgerkrieg befindliche Syrien oder nach Afghanistan, wo die Taliban nun die Macht an sich gerissen haben. „Ab ins Flugzeug, trotzdem“, sagt Wörner. Wer eine Straftat begehe, sei selbst für die Folgen verantwortlich. Dass ein Mensch aufgrund seiner Fluchterfahrung traumatisiert sein könnte, diesen Einwand lässt er nicht gelten: „Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Leute auch traumatisiert, sind aber nicht mit der Machete auf andere losgegangen oder haben Menschen mit dem Lkw überfahren.“ Das Attentat des Islamisten Anis Amri, der 2016 auf dem Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche in Berlin einen Sattelzug in eine Menschenmenge steuerte und dabei zwölf Personen tötete, hätte nicht passieren dürfen, sagt Wörner: „Dafür ist der Staat da, dass er die Sicherheit der Menschen garantiert.“
Seine Eltern seien „leicht entsetzt“ gewesen, als sie erfuhren, dass er in die AfD eingetreten war, berichtet er. „Die schauen ARD und ZDF, die haben dann gleich gemeint, ich sei ein Nazi.“ Er habe das entkräftet, indem er ihnen erklärt habe, für was die AfD und für was er stehe. Wörner bezeichnet seine Partei als „rechts der Mitte“. Dass viele sie eher rechts außen verorten, ist ihm bewusst. Er führt das vor allem auf die Medien zurück, die seiner Meinung nach oft nicht objektiv über die AfD berichten. Die Rede seines Parteikollegen Alexander Gauland etwa, in der dieser wörtlich sagte, Hitler und die Nazis seien „nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“, sei bewusst falsch zitieren worden – „der Kontext fehlte“. Im Übrigen müsse Gauland die Verantwortung dafür übernehmen, wenn er eine Rede halte. „Ich distanziere mich nicht von der AfD und von einzelnen Mitgliedern“, betont Wörner.
Er zeigt zum Apfelbaum gegenüber. „Da! Auch ein Migrant“, sagt er und deutet auf ein schwarzes Eichhörnchen (Anm. d. Red.: Alle hier lebenden Eichhörnchen sind einheimisch. Entgegen Gerüchten haben es die Grauhörnchen aus den USA nie nach Deutschland geschafft.). Ob ihm das etwas ausmacht? „Nein“, winkt er ab. „Das ist die Natur, das setzt sich durch. So, wie sich die Migranten in Deutschland durchsetzen werden.“ Ab 2050, glaubt er, werde die Lage zugunsten der islamischen Bevölkerung „massiv kippen“: „Wenn Sie sich die Reproduktionsraten anschauen, dann ist das nur eine Rechenaufgabe. Wenn Sie eine Tochter haben, wird sie einmal Kopftuch tragen.“
Wenn er selbst nur eine Sache an seinem Heimatland ändern könnte, dann diese: „Die Ideologie muss aus den Schulen raus. Es muss wieder Wissen vermittelt werden.“ Was er unter Ideologie versteht? „Gendersprache, Schreiben nach Gehör“, sagt er. Und: „Die politische Einflussnahme. Die Schüler sollen nicht in die Richtung Grün erzogen werden.“ Dass nicht die Grünen, sondern die SPD und CDU in den Umfragen vorn liegen, erklärt er damit: „Die haben die Alten! Auch meine Eltern werden die CDU wählen. Die zwei Stimmen habe ich nicht.“
Andreas Wörner (AfD),über die Reaktion seiner Eltern zu seinem Parteieintritt „Die schauen ARD
und ZDF, die haben dann gleich gemeint, ich sei ein Nazi.“
Schule Aufgewachsen ist der im Jahr 1965 geborene Andreas Wörner in Bargau nahe Schwäbisch Gmünd. Das Abitur machte er am Gymnasium in Ellwangen an der Jagst.
Beruf Nach dem Wehrdienst studierte er ein Jahr Wirtschaftswissenschaften in Hohenheim, brach das Studium ab und begann eine Lehre als Automechaniker in Stuttgart. Später machte er den Industriemeister mit Fachrichtung Metall. Aktuell arbeitet er als Fertigungsplaner in der Automobilzuliefererindustrie nahe Schwäbisch Gmünd.
Partei Seit 2018 ist Wörner bei der AfD. 2019 wurde er Mitglied des Kreistags im Ostalbkreis. Diesen Juli wurde er einstimmig zum Direktkandidaten im Wahlkreis 269 gewählt.
Privatleben Andreas Wörner ist geschieden. Er hat einen 25-jährigen Sohn und eine 24-jährige Tochter, die beide in den USA leben. Wörner selbst wohnt in Bargau.