Problem Varroamilbe

Größter Feind der Bienen –Manchem Imker kommen nach dem Winter die Tränen

In fast jedem Bienenvolk leben Varroamilben – oft sind sie für den Zusammenbruch der Völker im Winter verantwortlich. Das Land beteiligt sich jetzt an Forschungsprojekten, um resistentere Bienen zu züchten.

Weltweit gibt es nur wenige Honigbienenvölker, die nicht gegen die Varroamilbe zu kämpfen haben.

© Patrick Pleul/dpa

Weltweit gibt es nur wenige Honigbienenvölker, die nicht gegen die Varroamilbe zu kämpfen haben.

Von Thomas Faltin

Manchem Imker kommen die Tränen, wenn er am Ende eines Winters nach seinen Bienen schaut – denn oft haben Varroamilben ganze Völker dahingerafft, unten im Gitterboden der Behausung liegen tausende toter Bienen. Dieser Parasit hat mittlerweile fast jedes Bienenvolk weltweit befallen. Die kleinen schildförmigen Spinnentiere vermehren sich in den geschlossenen Wabenzellen und saugen dort an den Larven oder später im Stock an den erwachsenen Bienen. Die Jungbienen können verkrüppeln, teils werden auch Krankheiten übertragen. Werden es zu viele Milben, stirbt das Bienenvolk. Ein mittlerer Verlust von 20 bis 30 Prozent pro Jahr gilt beinahe als normal.

Seit Jahrzehnten wird deshalb daran geforscht, diesen Eindringling in den Griff zu bekommen, der vor etwa 50 Jahren aus Asien eingeschleppt worden ist. Die Östliche Honigbiene in Asien kommt mit den Milben ganz gut zurecht, ist aber nicht geeignet, ihre westliche Verwandte mit den beliebten Carnica- oder Buckfast-Unterarten zu ersetzen. Dazu erzeugen die asiatischen Bienen zu wenig Honig, auch sind sie eher in tropischen Regionen beheimatet.

Derzeit werden Honigbienen mit Säuren behandelt

Derzeit behelfen sich die deutschen Imker mit chemischen Produkten oder organischen Säuren. Im Südwesten ist dieses Konzept weit verbreitet: Im Frühsommer wird die Drohnenbrut entfernt, weil sich dort sehr viele Milben sammeln. Im Sommer nach der Honigentnahme wird Ameisensäure im Stock verdampft, und im Winter erfolgt mit flüssiger Oxalsäure eine zusätzliche Entmilbung. Die Säuren töten die Milben ab, während die Bienen die Behandlung überleben. Als besonders angenehm dürften sie die Säure aber nicht empfinden.

Gerhard Kottek sieht dieses Vorgehen mittlerweile skeptisch: Letztlich selektiere man so jene Milben, die mit den Säuren klar kämen, warnt er. Kottek hat von 2019 bis 2022 als Imker und Agraringenieur der Landsiedlung Baden-Württemberg das große Varroaprojekt „SetBie in Baden-Württemberg“ geleitet. Das Projekt mit einem Etat von 700 000 Euro wurde von vielen Imkern getragen, aber es waren auch die Universitäten Hohenheim und Tübingen beteiligt.

Längst hat sich die Erkenntnis durchgesetzt: Der Königsweg ist, Bienen zu züchten, denen die Varroamilben nicht mehr viel anhaben können. Tatsächlich gibt es solche Völker bereits, in denen die Bienen die Brutwaben vor dem Verdeckeln inspizieren und erkrankte Larven und mit ihnen die Milben ausräumen. Besonders bekannt ist der Luxemburger Züchter Paul Jungels, der seit 40 Jahren an dem Thema arbeitet und dessen Völker seit mehreren Jahren weitgehend varroafrei sind. Er hält unermüdlich Vorträge zu diesem Thema.

In Baden-Württemberg ist der Imker Matthias Arndt aus Degenfeld (Ostalbkreis) der Experte für die varroaresistente Zucht. Er hat als Zuchtkoordinator des Vereins Buckfastimker Süd ebenfalls maßgeblich im Projekt SetBie mitgemacht und besitzt resistente Völker, die aber noch nicht so stabil seien wie jene von Paul Jungels, sagt er selbst. Es sei jedenfalls sehr wichtig, weiterzumachen mit der Züchtung geeigneter Völker und mit deren Verbreitung in der Imkerschaft. Viele Imkerverbände haben sich mittlerweile zusammengeschlossen mit dem Ziel, dass sich die Varroaresistenz bis 2033 durchsetze. Ob das bis dahin gelinge, sei dahingestellt, dämpfte Torsten Ellmann, der Präsident des Deutschen Imkerbundes, aber die Erwartungen.

Denn gerade die notwendige Verbreitung macht viel Mühe. Ein Problem ist, dass die gewünschten Merkmale schnell wieder abnehmen, wenn neue Generationen an Bienen schlüpfen – diese Gene werden nämlich rezessiv vererbt.

Da Bienen als sehr wichtige Bestäuber gelten, unterstützt jetzt auch das Land Baden-Württemberg die Forschung an varroatoleranten Bienen. Genauer gesagt, haben die Grünen- und die CDU-Fraktion zusammen 200 000 Euro bereit gestellt aus Mitteln, die ihren Fraktionen exklusiv zur Verfügung stehen. Die Gelder sollen dazu beitragen, dass „die Fortschritte auch in Baden-Württemberg stärker verbreitet werden“, sagt dazu der grüne Landtagsabgeordnete Ralf Nentwich, der nach eigenen Angaben der einzige Imker im baden-württembergischen Landtag ist. Gerhard Kottek und Matthias Arndt hoffen auf einen Teil dieser Fördergelder. Sie wollen Vorträge und Schulungen für Imker anbieten.

Für den Hobbyimker könnte es bald interessant werden

Konkret sollen mit den Mitteln der Forschungsansatz der „Varroa Sensitive Hygiene“ vorangetrieben werden; dabei geht es eben um Bienen, die Milben aus den Brutwaben holen. Offenbar riechen die Bienen die kranken Larven und räumen sie aus. Daneben spielt die „Single Drone Insemination“ eine wichtige Rolle. Dabei werden geeignete Königinnen nur mit einer Drohne begattet, die die erforderliche Genetik besitzt. So bilden sich deutlich schneller resistente Völker. In der Natur vereinigt sich eine Königin immer mit 20 bis 30 Drohnen; sie kann den Samen bis zu vier Jahre lang speichern.

Jeder Imker könne an ihrem Projekt mitarbeiten oder auch davon profitieren, betont Matthias Arndt. So kann man etwa im Frühsommer junge Königinnen zu einem speziellen Bienenstand auf dem Truppenübungsplatz Münsingen bringen, wo sie mit genetisch ausgewählten Drohnen begattet werden.

Imker in Deutschland

VölkerzahlErnsthaft bedroht ist die Westliche Honigbiene derzeit nicht. Denn durch die – allerdings mühevolle – Pflege der Imker kann die Varroamilbe oft in Schach gehalten werden. Zudem ist das Imkern seit einigen Jahren wieder sehr beliebt, weshalb die Völkerzahlen trotz mancher Verluste sogar steigen. Im Jahr 2007 gab es in Deutschland 670 000 Bienenvölker – zuletzt war es rund eine Million.

VeranstaltungAm 25. und 26. Januar finden im Stuttgarter SSB-Veranstaltungszentrum auf der Waldau die Bienenzuchttage des Vereins der Buckfastimker Süd statt. Dort werden auch Paul Jungels und Matthias Arndt Vorträge halten. Kontakt zu Matthias Arndt bezüglich einer Projektteilnahme ist unter der Adresse VSH@buckfastimker.de möglich.