„Der ideale Kandidat war nicht dabei“

Bürgermeisterwahl Auenwald: Schlappe für Ostfalk, Hoffnungsschimmer für Ernst und Bacher. Was sagen Bürger zum Ergebnis der Wahl? Wir haben in Lippoldsweiler und Mittelbrüden nachgefragt. Keine repräsentativen, aber dennoch interessante Aussagen.

Mit der Arbeit des amtierenden Bürgermeisters Karl Ostfalk sind viele Bürger nicht ganz einig. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Mit der Arbeit des amtierenden Bürgermeisters Karl Ostfalk sind viele Bürger nicht ganz einig. Foto: A. Becher

Von Florian Muhl

AUENWALD. Gestern Vormittag auf den beiden Parkplätzen der Lebensmittelmärkte in Lippoldsweiler und Mittelbrüden. Es regnet. Schmuddelwetter. Ein bisschen so, wie der Wahlausgang am Abend zuvor. Einer, der Amtsinhaber, war richtig geknickt, die anderen beiden, die Herausforderer, nicht richtig glücklich. Aber das Leben geht weiter, die Bürger, die Wähler, kaufen ein. „Ich hab’ mich im Vorfeld längere Zeit mit Herrn Bacher unterhalten, den hab’ ich auch gewählt“, verrät eine 57-jährige Frau aus Hohnweiler, und sagt auch, wie’s zu dem Gespräch kam: „Der Nachbar hat’s ausgemacht und dann sind wir einfach mit auf der Straße gestanden. Da haben wir lange miteinander gesprochen. Und er hat einen guten Eindruck gemacht.“ Weniger schön fand sie, dass man ihr das große Baugebiet Hauäcker vor die Nase gesetzt hat, das gehe schon mit auf die Kappe des Bürgermeisters. Eine Nummer kleiner hätte es auch getan.

Ein 62-Jähriger aus Unterbrüden sagt, dass er nur an der Landtagswahl teilgenommen hat. Ja und warum dann nicht gleich auch an der Bürgermeisterwahl? „Da war kein Kandidat für mich dabei. Keiner von der AfD dabei gewesen.“ Auch Anja Stephan aus Lippoldsweiler hat ihre Stimme nicht abgegeben. Aber das hatte einen anderen Grund: „Mein Personalausweis ist abgelaufen“, gesteht die 29-Jährige. Aber wenn sie hätte wählen können, dann „den ganz jungen, na, wie heißt er denn?“ Kai-Uwe Ernst, „ja genau, den hätte ich gewählt“.

„Als Bürgermeister kann man es nicht allen recht machen.“

Ja selbstverständlich haben sie an der Wahl teilgenommen, sagen die Eheleute aus Hohnweiler, die sich auf Einkaufstour begeben. Und zwar das erste Mal per Briefwahl, wie sie betonen. Und wen haben sie gewählt? „Nicht unseren Bürgermeister“, sagt die 54-Jährige. Und ihr 64-jähriger Mann fügt noch hinzu: „Den Herrn Ernst.“ Den hätten die beiden über die Video-Auftritte kennengelernt. Und was hat ihnen am amtierenden Verwaltungschef missfallen? „Eigentlich sein überhebliches Auftreten, so als sicherer Bürgermeister. Wobei ich den Herrn Bacher auch nicht so ideal finde, der ist mir zu alt“, sagt die Frau aus Hohnweiler. Und es fehle bei ihm auch die Verwaltungserfahrung. Weil auch Kai-Uwe Ernst keine Erfahrungen in der Gemeindeverwaltung hat, sei der ideale Kandidat nicht dabei. „Einen idealen Kandidaten gibt es gar nicht, weil man es als Bürgermeister nicht allen recht machen kann“, sagt die 54-Jährige. Beide werden mit Sicherheit in 14 Tagen wieder zur Wahl gehen und mit Sicherheit nicht Ostfalk wählen, sagen sie.

Persönlich ist auch der 59-Jährige am Sonntag zur Wahl gegangen, der gerade auf den Parkplatz des Edeka-Markts gefahren ist. „Ich habe Ostfalk gewählt“, bekennt der Mann aus Hohnweiler. Zum Wahlergebnis sagt er: „Ich bin überrascht, dass er so schlecht abgeschnitten hat.“ Woran das liege, wisse er nicht. „Ich hab’ immer wieder von verschiedenen Leuten gehört, dass sie nicht so zufrieden mit ihm sind.“ Aber er selbst könne jetzt nichts gegen den Bürgermeister sagen, wobei er auch bislang nicht so viel mit ihm zu tun gehabt hätte. Und einer der beiden Herausforderer? „Wenn jetzt vielleicht ein anderer Kandidat noch gewesen wäre..., aber ich finde: Beide kommen nicht infrage.“ In zwei Wochen wird er wieder zur Wahl gehen und: „Ich wähle den Ostfalk. Höchstens, es passiert jetzt noch was in den nächsten 14 Tagen, noch irgendetwas besonderes.“

Der 59-Jährige aus Hohnweiler ist einer derjenigen, die Ostfalk zu seinem besten Ergebnis verholfen haben, nämlich im Wahlbezirk „Lippoldsweiler, Mehrzweckhalle“. Dort hat der Amtsinhaber knapp 43 Prozent der Stimmen von denjenigen Wählern erhalten, die nicht per Briefwahl, sondern im Wahllokal ihr Kreuz gemacht haben. Im Wahlbezirk „Oberbrüden, Sporthalle“ dagegen kommt der Verwaltungschef gerade mal auf 37,6 Prozent und kann sich damit nur knapp gegen seinen Herausforderer Matthias Bacher aus Mittelbrüden behaupten, der dort 35,3 Prozent der Stimmen der Urnengänger erhielt. Schwächster Wahlbezirk für den Diplomingenieur war „Unterbrüden, Auenwaldhalle“, wo der 58-Jährige nur 21 Prozent erhielt. Finanzwirt Kai-Uwe Ernst aus Berglen, mit 26 Jahren der Jüngste im Kandidaten-Trio, erhielt zwischen 25,6 Prozent in Oberbrüden und 35,9 Prozent in Unterbrüden. Um die Wahlstatistik der Bürgermeisterwahlen in Auenwald zu komplettieren: Der Anteil der Briefwähler lag bei 47,2 Prozent.

Und dann kommt noch ein 64-Jähriger mit seiner Frau aus Unterbrüden zum Einkaufen, der selbst von sich und seiner Frau sagt: „Wir haben uns mit dem Ganzen schon ein bissle beschäftigt.“ Das Ergebnis dieser Gedanken gibt zu denken: „Wir waren wählen, aber wir haben ungültig gewählt.“ Er begründet auch seine Entscheidung: „Was wir definitiv vermisst haben, ist ein fähiger Kandidat.“ Die Themen der zwei neuen Kandidaten seien ihm etwas zu einfältig.

„In Auenwald gibt’s so viele Missstände bezüglich Infrastruktur.“

„Ich wohne jetzt seit über 60 Jahren in der Gemeinde. Ich hab’ die guten Zeiten miterlebt, wie beispielsweise das Radnetz ausgebaut wurde. Aber das Radnetz auszubauen ist eins, aber das Radnetz zu erhalten...“, der Unterbrüdener macht eine eindeutige Handbewegung. „In Auenwald gibt’s so viele Missstände bezüglich Infrastruktur, wo man, wenn man mit offenen Augen durch die Gemeinde geht, sehr viel sieht, was man tun muss.“ Von daher findet er die Themen der beiden Herausforderer mit Fremdenverkehr ein bisschen zu wenig. „Für uns war klar: Den einen, den wählen wir nicht mehr. Der hatte jetzt 16 Jahre Zeit, hier was zu bewegen, und es kam nicht viel heraus dabei.“ Und der 64-Jährige bringt einen ganz neuen Gedanken ins Spiel: „Wenn jetzt jemand noch kommen würde, dem würde ich definitiv noch Chancen einräumen. Beispielsweise der Neumann aus Künzelsau, das wäre ein Kandidat, der würde hier bestimmt einschlagen.“ Der Unterbrüdener will aber auch klarstellen: „Nichts gegen die zwei Kandidaten, die sich da – alle Achtung – hineinwerfen. Aber ohne ein großes Konzept einfach so zu kommen und kriegen dann so viele Stimmen, das zeigt eigentlich, wie viel Frust in den Auenwäldern steckt.“

Zum Thema Fremdenverkehr sagt der 64-Jährige noch, dass die Gemeinde finanziell gesehen nicht groß profitieren würde, wenn zwei Wohnmobile auf den Ebersberg gestellt würden. Im Gegenteil, es könne auch Ärger geben. Das gleiche treffe auch für den Zwiebelberg zu. „Deswegen war’s ein K.o.-Kriterium für die zwei neuen Kandidaten.“ Das Auftreten von Ostfalk komme für viele recht arrogant heraus. Auch die Fotos, die da jetzt entstanden sind, hätten Model-Charakter. Da sei ihm der Gedanke gekommen: Hätte er sich an seinen Schreibtisch gesetzt, wäre mehr dabei herausgekommen. Und zum Schluss hat der ambitionierte Fahrradfahrer noch eine Anregung parat: „Ich hab’ schon zu meiner Frau gesagt: Eigentlich müsste der neue Bürgermeister eine kleine Runde machen, einfach die Bevölkerung mit dazu nehmen und fragen: Leut’, wo brennt’s euch unter den Nägeln.“

Die Neuwahl findet am 28. März statt. Bis Mittwoch, 17. März, 18 Uhr können die bisherigen Kandidaten sich entscheiden und sich andere Interessenten bewerben.

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Erstellt:
16. März 2021, 06:00 Uhr

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