DER MAULBEERBAUMDer „Führer“ verweigert den Ruhm

Die getrockneten Maulbeeren im Müsli oder auf dem Knabberteller sind in der Regel rot oder schwarz, denn die Früchte der Weißen Maulbeere schmecken eher langweilig. Ihre Blätter aber sind die Leib- und Magenspeise des Seidenspinners, jenes Schmetterlings, dessen Raupe sich in einen Kokon aus reiner Seide einhüllt. Chemiker faszinierte besonders das Liebesleben der kleinen Tiere: Wenn die Weibchen ihr Sexualhormon verströmen, nehmen die Männchen das mit ihren buschigen Antennen schon in aberwitzig geringen Mengen wahr. Was für eine Wundersubstanz das genau ist, dieses Bombykol, hat ein Deutscher herausgefunden, nämlich ADOLF BUTENANDT – nach zweiundzwanzig Jahren Forschung. Als seine Publikation 1961 erschien, war er schon Präsident der Max-Planck-Gesellschaft. Lohn einer Forscherkarriere, die er im Dritten Reich begonnen hatte, mit ambivalenter Haltung: Einerseits äußerte sich Butenandt „ganz begeistert“ über den „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich, andererseits zögerte er seinen Eintritt in die NSDAP so lange hinaus, wie es eben ging für einen, der als Direktor ans höchst renommierte Kaiser-Wilhelm-Institut für Biochemie berufen werden sollte. Dass er allerdings 1939 den Nobelpreis für seine Arbeiten über menschliche Sexualhormone nicht annehmen durfte, weil Hitler dies allen Reichsbürgern verboten hatte – damit haderte Butenandt sehr lange.

Zum Artikel

Erstellt:
9. Januar 2019, 03:14 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen