Der Meister der bewegten Linie wird 100
Vor 100 Jahren ist der Maler und Grafiker Adam Lude Döring in Dresden geboren worden. Die Galerie Keim würdigt den 2018 verstorbenen Künstler in einer großen Schau.

© dpa/Bernd Weissbrod
Adam Lude Döring (1925–2018) in seinem AtelierAdam Lude Döring (1925-2018) in seinem Atelier.
Von Iris Frey
Stuttgart - Er ist ein Künstler, den Kurator Thomas Niecke über Jahrzehnte begleitet hat. Jetzt zeigt die Galerie Keim 100 Werke von Adam Lude Döring in Bad Cannstatt – Arbeiten in Acryl, auf Papier sowie Radierungen und Grafiken. Seit 45 Jahren begleitet Niecke den Ausnahmekünstler, der 2018 in Sachsenheim verstorben ist. In diesem Jahr wäre Döring 100 Jahre alt geworden. „Sein Malstil war unverkennbar und somit originär von Inhalt und Formensprache“, sagt Niecke. Hervor stechen seine 100-Felder-Bilder in unendlichen Variationen. In den Bildern hat der Künstler ein Quadratgitternetz zugrunde gelegt und darüber gezeichnet und gemalt. Teilweise scheinen sie noch hervor. Döring nannte sie Hundertfelder. Ihre Wirkung: Das Gitter erhöhte die Plastizität seiner figürlichen Arbeiten.
Nicht nur formal hat Döring gespielt, auch inhaltlich-thematisch, insbesondere in seinen sportlichen Bildern, in denen er Menschen beim Tanz, Tennis, Schach oder Schwimmen oder auch musizierend etwa am Klavier zeigte, oft in simultanen Szenerien. „Immer stand der Mensch im Mittelpunkt“, sagt Niecke.
Kurator Niecke zitiert den Künstler, wenn es um die Art des Arbeitens geht: „Ich komme von der Linie her, beobachte Konturen und Nahtstellen, mache Zeichen. Immer tangieren die Linien Bedeutungen, Erinnerungen, Neues, Überraschungen. Ich bin ganz Linie, lasse Formen hinter mir, werde versorgt mit Einfällen und Zufällen.“ Er werde immer sicherer, wenn das Bild in eine Stimmung getaucht sei, die er erhalten und steigern wolle, und er höre – wenn es gut gehe – im richtigen Moment auf.
Unter den gezeigten Werken sind die für Döring typischen Kopfstudien zu entdecken, oft ohne Augen, sehr formatfüllend, auch Arbeiten mit handschriftlichen Bemerkungen, wie beim „Berliner Coupé“ von 1991 oder beim „Gespräch 1986“, bei dem zwei Frauen sich unterhalten, in leichtem und scheinbar lockerem Strich skizziert und spärlich koloriert. Ebenso schwebend wirken die gestylten Besucher mit Hut und Schoßhund beim „Pferderennen in Iffezheim“.
Hauptthemen seines Werkes, die heute in Sammlungen wie dem Museum Würth Künzelsau, der Staatsgalerie Stuttgart und der Städtischen Galerie Bietigheim vertreten sind, sind Menschen, Köpfe, Hände, Alltags- und Sportszenen. Der gebürtige Dresdner musste nach einer Lehre bei der Reichspost 1942 zum Kriegsdienst. Nach dem Krieg floh er in den Westen, war dort zunächst als Hilfsschreiner und Holzfäller tätig und arbeitete bei der IG Farben in Köln. 1950 siedelte nach Angaben des Archivs Adam Lude Döring nach Stuttgart über, wo er an der Waldorfakademie eine Ausbildung zum Werklehrer absolvierte und anschließend sechs Semester an der freien Kunstschule Albrecht Leo Merz studierte. Bis 1964 arbeitete er als freier Grafiker und begann autodidaktisch zu malen und zu zeichnen. Ab 1967 studierte er als Gasthörer vier Semester Philosophie bei Max Bense in Stuttgart. 1958 bezog Döring sein erstes Atelier. 1962 zog er mit Frau und Tochter nach Gutenberg am Albtrauf und stellte seit 1968 auch international aus.
Termin Am Sonntag, 30. März, wird die Ausstellung um 14 Uhr eröffnet. Weitere Informationen stehen unter: www.galerie-keim.de.