Der Murrsteg in Backnang kann jetzt abgerissen werden
Dank einer Änderung im Backnanger Gasnetz kann die Leitung im Boden der Fußgängerüberführung außer Betrieb genommen werden. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, das Bauwerk abzubauen. Während des Abbruchs fallen 40 Parkplätze auf der Bleichwiese weg.
Von Matthias Nothstein
Backnang. Der Fußgängersteg, der von der Mitte der Bleichwiese über die Murr in Richtung der Treppe zur Backnanger Innenstadt führt, fristet seit Jahren ein jämmerliches Dasein. Genaugenommen seit dem Oktober 2020, als er von einem Tag auf den anderen gesperrt wurde. Seitdem sind die beiden Eingänge mit Brettern vernagelt. Wie es mit dem maroden Bauwerk weitergeht, war schon Thema vieler Diskussionen. Mehrere Überlegungen standen im Raum. Nun jedoch ist klar: Der Steg wird abgerissen. Und zwar im nächsten Frühjahr. Dies verkündete Tiefbauamtsleiter Lars Kaltenleitner in der jüngsten gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Technik und Umwelt sowie Verwaltung und Finanzen.
Den Ausschlag dafür, dass nun Bewegung in die unendliche Steggeschichte gekommen ist, haben die Stadtwerke gegeben. Denn eines der Hauptargumente, weshalb der Steg bislang nicht zumindest abgebrochen werden konnte, war, dass unterhalb des Bauwerks Versorgungsleitungen laufen, die nicht ohne Weiteres gekappt oder verlegt werden können, so zum Beispiel eine Gasleitung der Stadtwerke.
Diese Leitung wurde zu Beginn der 90er-Jahre extra für die Versorgung des Biegels verlegt. Der Ausgangspunkt ist ein Hochdruckübergabepunkt im Bereich der Feuerwehr. Vor dort führt die Leitung an der Bleichwiese entlang, an der Unterseite des Stegs über die Murr und weiter bis zum Heizkraftwerk im Biegel-Verwaltungsgebäude. Notwendig wurde der Bau der neuen Leitung damals, weil der Gasbedarf für den Biegel und für mögliche Neuanschlüsse in diesem Gebiet nicht von der bestehenden Leitung in der Grabenstraße gedeckt werden konnte. Ganz genau verhielt es sich so: Wäre diese Leitung benutzt worden, dann hätte es keinen Sicherheitspuffer mehr gegeben. Thomas Steffen, der Geschäftsführer der Stadtwerke, beschreibt die Überlegung, die dahinter steckt, so: „Wir als Versorger haben immer gerne eine gewisse Reserve.“
Neue Berechnung der Stadtwerke eröffnet neue Möglichkeiten
Nun – eineinhalb Jahre nach dem Ausbruch des Ukrainekriegs – haben die Verantwortlichen der Stadtwerke noch einmal neu gerechnet und berücksichtigt, dass der Energiebedarf des Biegels im Zuge der Klimawende eher abnehmen wird und gleichzeitig keine neuen Gasanschlüsse realistisch sind. Das Ergebnis der Berechnung laut Steffen: „Wir können den Biegel nun guten Gewissens mit der Leitung aus der Grabenstraße versorgen und brauchen daher die Leitung aus Richtung Feuerwehr nicht mehr. Also kann auch die Leitung unter dem Steg außer Betrieb genommen und abgebaut werden.“
Die Arbeiten für diesen Umschluss laufen bereits. An der Stelle, wo Markt- und Grabenstraße parallel verlaufen, klafft seit vergangener Woche eine tiefe Baugrube. Dort kappen Arbeiter die Leitung vom Feuerwehrhaus und binden das restliche Stück, das zur Biegelheizzentrale führt, an die alte Leitung in der Grabenstraße an.
Den Großteil der Arbeiten erledigt der Bauhof
Dass es mit dem Abriss des Stegs dann nicht sofort weitergeht, hängt damit zusammen, dass die Arbeiten in erster Linie von städtischen Baubetriebshof erledigt werden sollen. Und der hat erst im Frühjahr wieder freie Kapazitäten, wenn der Winterdienst beendet werden kann. Erfahrung haben die städtischen Mitarbeiter bereits. Denn auch jener Steg, der vor einigen Jahren wenige Meter weiter flussaufwärts für den heutigen Ernst-Riecker-Steg weichen musste, wurde von ihnen abgebaut.
Der Steg, um den es jetzt geht, hat aber ein Ziegeldach. Kaltenleitner kündigte an, dass sich der Bauhof Unterstützung von anderen Fachfirmen holen wird, um dieses Dach abzubauen. Sobald dies gelungen ist, soll ein riesiger Autokran die gesamte restliche Brücke aus der Verankerung herausheben und auf der benachbarten Bleichwiese lagern. Dort können die Bauhofmitarbeiter das Brückenbauwerk dann in Einzelteile zerlegen und diese abtransportieren.
An der Bleichwiese werden Parkplätze gesperrt
Für den Kran und die Lagerfläche sollen etwa 40 Parkplätze auf der Bleichwiese für etwa zwei Wochen gesperrt werden. Rolf Hettich (CDU) mahnte zur Eile: „Schauen Sie, dass die Brücke so schnell wie möglich wegkommt, schließlich fallen laut dieser Planung etliche Parkplätze auf der Bleichwiese weg. Das ist nicht gut für den lokalen Handel und die Innenstadt von Backnang.“ Grundsätzlich bezeichnete es Hettich als gut, dass die marode Brücke wegkommt, „das hätte auch schon früher geschehen können“, so seine leichte Kritik. Fraktionskollege Gerhard Ketterer riet, man möge sofort wieder eine neue Brücke verlegen: „Wenn der große Kran schon da ist, dann sparen wir einen Haufen Geld.“ Dafür erntete er sofort Widerspruch von Ulrike Sturm. Die Grüne erinnerte daran, dass es auch schon andere Pläne mit der Brücke gab, wonach die Innenstadt besser und schöner angebunden werden könnte. Sturm räumte zwar ein, dass es angesichts der Haushaltslage und dem ohnehin schon bestehenden Rekordinvestitionsvolumen wenig Spielraum für ein solches Projekt gibt, „aber mittelfristig sollte die große Lösung nicht aus den Augen verloren werden“.
Von Matthias Nothstein
Schlimmer, als etwas nicht zu haben, ist, etwas zu haben, das nicht funktioniert. Der Steg ist ein typisches Beispiel. Würde es ihn nicht geben, so würden ihn wohl wenige vermissen. So aber steht er verrammelt da als stummer Schrei: „Hier liegt etwas im Argen.“ Insofern ist es ein gutes Signal, dass er jetzt abgerissen wird. Es mag sein, dass dies nicht schon früher möglich war. Das Gasleitungsargument erscheint schlüssig. Ist der Steg erst einmal weg, gibt es keinen Grund mehr, eine Entscheidung übers Knie zu brechen. Vielmehr ist es Backnang zu wünschen, dass dann eine optimale Lösung gefunden wird, die die Attraktivität der Stadt noch erhöht. Es besteht aber auch die Gefahr, dass nie mehr etwas passiert. Das wäre die schlechteste aller Entscheidungen.
m.nothstein@bkz.de