Asyl in Deutschland

Der Poker um die Migrationspolitik: Wie stellen sich die Parteien auf?

Friedrich Merz will im Bundestag über seine migrationspolitischen Vorschläge abstimmen lassen. Das gilt auch für den Fall, dass sein Antrag die Zustimmung der AfD finden sollte. Nun müssen sich alle Parteien positionieren. Ein Überblick.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz will seine Vorschläge trotz aller Warnungen in den Bundestag einbringen.

© dpa/Michael Kappeler

Unionsfraktionschef Friedrich Merz will seine Vorschläge trotz aller Warnungen in den Bundestag einbringen.

Von Tobias Peter und

Werden in dieser Woche im Deutschen Bundestag erstmals Anträge und auch ein Gesetz beschlossen, für die eine Mehrheit nur mit Stimmen der AfD zustande kommt? Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) will trotz aller Warnungen seine Vorschläge in der Migrationspolitik einbringen – egal, wer zustimmt.

Es ist ein beispielloses Pokerspiel, das den Wahlkampf stark beeinflussen kann. Wie positionieren sich die Parteien?

Union „Wir können uns von niemandem davon abbringen lassen, die Politik zu machen, die wir für richtig halten“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion Thorsten Frei am Dienstag in Berlin. Konkret will die Union am Mittwoch über zwei Entschließungsanträge und am Freitag über einen Gesetzentwurf abstimmen lassen. Der erste Antrag enthält einen Fünf-Punkte-Plan, darunter die Forderung, alle illegalen Einreisen – auch von Asylbewerbern – nach Deutschland zu verhindern. Es ist umstritten, ob das rechtlich möglich wäre.

CDU: AfD „bringt Verschwörungstheorien in Umlauf“

Der zweite Antrag konzentriert sich auf die innere Sicherheit. Um der AfD die Zustimmung zu erschweren, enthalten die Anträge eine Passage, die der AfD vorwirft, „Probleme, Sorgen und Ängste“ zu nutzen, „die durch die massenhafte illegale Migration entstanden sind, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren und Verschwörungstheorien in Umlauf zu bringen“.

Bei dem Gesetzentwurf, der am Freitag abgestimmt werden soll, handelt es sich um das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz. Es sieht unter anderem vor, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte zu streichen. Sollte der Bundestag den Entwurf beschließen, müsste aber noch der Bundesrat zustimmen. Dort ist eine Mehrheit schwer vorstellbar.

SPD „Jeder Versuch, mit der AfD hier im Deutschen Bundestag abzustimmen, wird uns und wird unser Land auf eine Rutschbahn bringen“, sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich am Dienstag. Kanzler Olaf Scholz hat bezweifelt, ob das Brandmauer-Versprechen von Unionskanzlerkandidat Merz, nach der Wahl nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten, noch gilt. Die SPD will jetzt darauf dringen, dass vorliegende Gesetzentwürfe der Regierung Realität werden, etwa zur Terrorismusbekämpfung. Sie wirft der Union vor, diese blockiert zu haben.

AfD Kann man einem Antrag zustimmen, der einen Passus mit Kritik an der eigenen Partei enthält? In dem Text, den die Union am Mittwoch vorlegen will, wird die AfD immerhin als „politischer Gegner“ bezeichnet. AfD-Fraktions- und Parteichef Tino Chrupalla sagte am Dienstag, man werde „auf solche Scharmützel nicht hereinfallen“ und zustimmen. Er begründete das mit den Inhalten der Anträge. Das seien Forderungen, die die AfD seit Jahren stelle.

Grüne Bei den Grünen ist man über Merz‘ Vorgehen entsetzt. Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge sprach von einem „wirklich eklatantem Bruch mit dem, was wir als demokratische Fraktionen im Deutschen Bundestag über Jahre hinweg miteinander verabredet, vereinbart und gehalten haben“. Die Grünen wollen den Entwurf zur nationalen Umsetzung der Reform des europäischen Asylsystems in den Bundestag einbringen. Sie dringen außerdem darauf, Vollzugsdefizite in Behörden zu beheben und Geld für eine Sicherheitsoffensive bereitzustellen.

Die FDP macht mit, auch wenn AfD und BSW zustimmen

FDP Die FDP legt Wert darauf, dass es in der Ampel viel weitergehende Verschärfungen in der Migrationspolitik gegeben hätte, wenn SPD und vor allem die Grünen mitgemacht hätten. Die FDP werde die Vorschläge von Merz’ für eine härtere Linie unterstützen – „unabhängig davon, wer auch im Bundestag diese Anträge passieren lassen will“: So hat es FDP-Chef Christian Lindner formuliert. Die FDP macht mit, auch wenn AfD und BSW zustimmen.

BSW Von Sahra Wagenknecht gab es widersprüchliche Signale. Man werde für das Zustrombegrenzungsgesetz stimmen, sagte sie. Nach aktuellem Stand werde das BSW aber nicht für den Unionsantrag mit einem Fünf-Punkte-Plan gegen irreguläre Migration votieren. Am Wochenende hatte Wagenknecht zu den Vorschlägen von Merz gesagt: „Wir werden zustimmen, aber die Merz-Anträge sind teilweise bloße Symbolik und werden das Problem nicht lösen.“ Ohne die Stimmen des BSW würde es für die Union schwieriger, eine Mehrheit im Bundestag zu finden.

Linke Die Linke wird die Unions-Anträge nicht unterstützen.

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Erstellt:
28. Januar 2025, 17:18 Uhr
Aktualisiert:
28. Januar 2025, 17:20 Uhr

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