Der Traum vom Ringbus muss warten
Auf dem Weg zur klimaneutralen Stadt wollen Verwaltung und Gemeinderat den Busverkehr in Backnang attraktiver machen. Eine neue Linie, die wichtige Punkte der Stadt umsteigefrei verbindet, könnte dazu beitragen. Erfüllen wird sich dieser Wunsch aber frühestens 2025.

© Tobias Sellmaier
Endstation ZOB: Fahrgäste aus den Schöntalen, die in einen anderen Backnanger Stadtteil wollen, müssen hier umsteigen. Würde man die Linien 363 und 370 zusammenlegen, könnten sie bis zum Wonnemar durchfahren.Foto: T. Sellmaier
Von Kornelius Fritz
Backnang. Alle Wege führen in Backnang zum Bahnhof – zumindest, wenn man mit dem Bus unterwegs ist. Wer von einem Backnanger Stadtteil in einen anderen möchte, muss in der Regel am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) umsteigen. Und das kann ziemlich umständlich sein, wie CDU-Stadträtin Sabine Kutteroff weiß: „Wenn ich vom Plattenwald ins Gesundheitszentrum oder auf den Stadtfriedhof fahren möchte, brauche ich mit dem Bus 44 Minuten. Davon sitze ich 27 Minuten am Bahnhof und warte.“ Zu Fuß schafft Kutteroff dieselbe Strecke in 20 Minuten. Für viele ältere Menschen ist das allerdings keine Option. Sie nehmen dann lieber das Auto.
Im Gemeinderat kam deshalb nun wieder eine Idee auf den Tisch, die in Backnang in der Vergangenheit immer mal wieder diskutiert wurde: ein sogenannter Ringbus. Der soll auf einem Rundkurs die nördlichen und die südlichen Stadtgebiete umsteigefrei miteinander verbinden. Erste Ideen für eine solche Linie habe es schon 2013 gegeben, erinnert sich die für den ÖPNV zuständige Ordnungsamtsleiterin Gisela Blumer. Damals war die Stadt noch selbst Trägerin des sogenannten BK-Busses, der vom Omnibusunternehmen OVR bedient wurde. Im ÖPNV-Beirat des Gemeinderats wurde damals bereits über eine solche Linie gesprochen, aus Kostengründen verzichtete man am Ende jedoch auf die Umsetzung.
Doch die Idee vom Ringbus lebt weiter: Die Grünen im Backnanger Gemeinderat haben ihn schon mehrfach gefordert, bei den jüngsten Haushaltsberatungen stellten nun auch die Fraktionen von CDU und Bürgerforum/FDP/BIG entsprechende Anträge. Wobei sich die Vorstellungen zur Streckenführung im Detail unterscheiden: CDU und Grüne wollen eine größere Schleife, die auch die äußeren Bezirke mit einschließt, das Bürgerforum hätte gerne einen „Hop-on/Hop-off-Bus“, der kostenlos und in hoher Frequenz durch die Innenstadt zirkuliert. Um die neue Linie wenigstens versuchsweise möglichst schnell zu realisieren, schlagen die Fraktionen vor, die Stadt solle sich bei Bund und Land um Fördermittel bemühen. Statt eines großen Linienbusses würde aus Sicht der Fraktionen ein Kleinbus genügen, möglichst mit Elektroantrieb.
Erst wenn der Konzessionsvertrag endet, kann die Stadt neue Wünsche äußern.
Doch ganz so schnell, wie die Stadträte es gerne hätten, wird sich dieser Wunsch wohl nicht erfüllen lassen. Denn selbst wenn sie wollte, könne die Stadt nicht einfach eine neue Buslinie einrichten, erklärt Gisela Blumer. Für den öffentlichen Personennahverkehr ist nämlich seit 2019 der Landkreis zuständig. Der hat die Leistungen damals europaweit ausgeschrieben und die Konzessionen für den Raum Backnang an die Friedrich Müller Omnibusunternehmen GmbH (FMO) aus Schwäbisch Hall vergeben, der Vertrag läuft bis Ende 2024. „In dieser Zeit haben wir keinen vertraglichen Einfluss auf FMO“, erklärt Blumer. Weder könne die Stadt der Firma, die die Linien eigenwirtschaftlich betreibt, neue Strecken vorschreiben, noch dürfe sie ihr mit einem eigenen Angebot Konkurrenz machen. Lediglich ehrenamtlich betriebene Bürgerbusse, die zum Beispiel Einkaufs- oder Arztfahrten für Senioren anbieten, sind erlaubt.
Ein neuer Ringbus könnte somit frühestens 2025 starten. Ob er dann tatsächlich kommen wird, ist aber noch längst nicht sicher. Zwar erklärte Oberbürgermeister Maximilian Friedrich jüngst im Gemeinderat: „Ich halte das für eine gute Idee und bin bereit, sie zu unterstützen.“ Landkreis und Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) tun das jedoch nicht: „Sie betrachten eine solche Verbindung als nicht sinnhaft“, erklärte Gisela Blumer im Gemeinderat. Bleibt es dabei, könnte die Stadt zwar auf den Ringbus bestehen, müsste die Kosten dafür allerdings in voller Höhe selbst bezahlen – eine mindestens sechsstellige Summe pro Jahr.
Zahl potenzieller Fahrgäste wird weiter wachsen
Gisela Blumer ist aber zuversichtlich, dass es gelingen wird, Landkreis und VVS bis zur nächsten Ausschreibungsrunde für weitere Verbesserungen beim Backnanger Busverkehr zu gewinnen. Zumal die Zahl potenzieller Fahrgäste mit der Aufsiedelung der Oberen Walke und des IBA-Quartiers in den nächsten Jahren weiter wachsen wird. „Dadurch entsteht eine neue Situation“, erklärt die Amtsleiterin. Ob am Ende tatsächlich nur ein Ringbus die erhofften Verbesserungen bringen kann, lässt Gisela Blumer offen. Eine Ringlinie habe nämlich auch Nachteile: Sei die Schleife zu groß, könne das zu sehr langen Fahrzeiten führen: „Und wir wollen ja keine Spazierfahrten.“
Blumer kann sich vorstellen, dass sich die gewünschten Stadtteil-Verbindungen auch anders herstellen ließen. Würden zum Beispiel die Linien 363 und 370 zusammengelegt, wäre bereits eine umsteigefreie Verbindung von den Schöntalen über die Innenstadt bis zu den Murrbädern geschaffen. Noch ist das alles Zukunftsmusik, aber im Gemeinderat scheint es eine klare Mehrheit für einen Ausbau des Busverkehrs zu geben, selbst wenn die Stadt dafür Geld in die Hand nehmen muss. „Der BK-Bus hat uns früher schließlich auch mehr als 400000 Euro pro Jahr gekostet“, erinnert Grünen-Fraktionschef Willy Härtner. Und Sabine Kutteroff fügt hinzu: „Wenn ich möchte, dass mehr Leute mit dem ÖPNV fahren, muss ich ihn attraktiver machen.“ Und sie ist sich sicher: Ein Ringbus könnte dazu einen wichtigen Beitrag leisten.
Neben dem Wunsch nach
einer Ringbuslinie gab es im Gemeinderat noch weitere Kritikpunkte und Anregungen zum Busverkehr:
Taktzeiten Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen stellte den Antrag, die Taktzeiten im Busverkehr zu verdichten. Ziel müsse ein durchgehender 15-Minuten-Takt in alle Stadtteile und Teilorte sein. Die Stadtverwaltung hält die aktuelle Frequenz für ausreichend. Auf den Hauptstrecken entlang der Sulzbacher Straße, der Aspacher Straße und der Weissacher Straße gebe es unter der Woche tagsüber zwischen fünf und zehn Fahrten pro Stunde. Der Stadt gehe es deshalb nicht vorrangig um eine Taktverdichtung, sondern „um die Stabilisierung der Verkehrsverhältnisse insgesamt.“
S-Bahn Ein Ärgernis sind aus Sicht von Grünen-Fraktionschef Willy Härtner auch die Anschlüsse zur S-Bahn. Vor allem bei der S4 komme es regelmäßig vor, dass den Fahrgästen, die aus der
S-Bahn aussteigen, der Bus vor der Nase wegfahre. Gisela Blumer erklärte, man könne nicht alle Verbindungen aufeinander abstimmen. Im Zweifel habe die stärker genutzte S3 Priorität.