Deutschland will Fracking-Gas aus USA

Konflikt um Ostsee-Erdgasleitung: Bundesregierung geht auf Washington zu

Um die Trump-Regierung im Streit über das Projekt Nord Stream 2 zu besänftigen, plant Berlin mehr Gasimporte aus den USA. Es geht um Flüssiggas – hergestellt mit der Fracking-Methode.

Berlin Im Konflikt über den Bau der russischen Erdgasleitung Nord Stream 2 bemüht sich die Bundesregierung weiter um eine Begrenzung der politischen Begleitschäden. Nachdem sich Deutschland in der vergangenen Woche mit den EU-Partnern auf eine Reform der europäischen Gasrichtlinie verständigt hatte, versucht die Regierung nun, die Bedenken der USA gegen das Pipelineprojekt zu zerstreuen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) empfing dazu am Dienstag Vertreter der amerikanischen Gaswirtschaft zu einer Konferenz, an der auch der stellvertretende US-Energieminister Dan Brouillette teilnahm. Es ging dabei um Möglichkeiten eines verstärkten Imports von verflüssigtem Erdgas (LNG) aus den USA. Diese sind dank der umstrittenen Fracking-Technologie der größte Gasproduzent der Welt und vermarkten den Rohstoff zunehmend im Ausland. Sie wollen auch im großen Stil LNG nach Europa und Deutschland liefern. Neben sicherheitspolitischen Erwägungen ist das der Hauptgrund, warum sich die Regierung von US-Präsident Donald Trump mit aller Macht gegen die umstrittene Ostseepipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland stemmt.

Altmaier betonte bei der Konferenz in ­seinem Ministerium demonstrativ die ­gemeinsamen Interessen Deutschlands und der USA in Energiefragen: In den kommenden Jahren werde Deutschlands Bedarf an Erdgas wegen des Ausstiegs aus Atom und Kohle deutlich steigen, zugleich versiegten die heimischen Quellen und die in den ­benachbarten Niederlanden. Ziel sei es, künftig das Gas aus möglichst vielen ­Quellen zu beziehen. „Der Staat hat ein Interesse, dass die Diversifizierung gelingt“, sagte Altmaier. Neben russischem ­Pipelinegas komme etwa Erdgas aus dem Mittelmeer oder eben LNG infrage, auch solches aus den USA. Was Nord Stream 2 ­betreffe, so sei er der Auf­fassung, dass ­darüber ausschließlich in Europa entschieden werden solle und nicht anderswo. Noch ist LNG deutlich teurer als Pipelinegas. Wenn aber die US-Produzenten ihre Exportkapazitäten deutlich ausbauen, könnte sich das grundlegend ändern. „Ich gehe davon aus, dass im Laufe einer Dekade die Preise dramatisch sinken werden“, sagte US-Vizeminister Brouillette in Berlin. Das hätte dann auch erhebliche geopolitische Folgen: Russland nutzt unter der Führung von Präsident Wladimir Putin seinen ­Rohstoffreichtum, um die Empfängerländer in Abhängigkeitsverhältnisse zu bringen. Bislang wird Erdgas vor allem über lange Rohrleitungen nach Europa transportiert, Nord Stream 2 ist ein weiteres Projekt dieser Art. LNG hingegen lässt sich mit speziellen Tankern rund um den Globus schiffen. Neben den USA stehen beispielsweise auch Katar oder Australien als Lieferanten ­bereit. LNG kann sehr viel kurzfristiger und flexibler gehandelt werden als Pipelinegas.

Ein Problem aus Sicht der Bundesregierung und der Gaswirtschaft: In Deutschland gibt es bislang kein Terminal für die Anlandung von LNG. Wenn verflüssigtes Erdgas für den deutschen Markt geliefert wird, dann kommt dies in den Niederlanden oder Belgien an. Es gibt aber mehrere LNG-Terminal-Projekte in Deutschland, und die Bundesregierung ist entschlossen, den Bau von einer oder mehrere Anlagen finanziell zu unterstützen. „Ich sehe an mindestens zwei Standorten die Chance, dass wir rasch etwas verwirklichen können“, sagte Altmaier am Dienstag. Um wie viel Geld es geht, wollte er nicht sagen. Mögliche Standorte für LNG-Terminals sind Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Stade. Bereits in den kommenden Wochen sei mit konkreten Entscheidungen zu rechnen, sagte der Minister. An den Hafenstandorten haben sich private Konsortien gebildet, die neue Terminals bauen und betreiben wollen.

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Erstellt:
13. Februar 2019, 03:04 Uhr

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