Arbeitsmarkt unter Druck
DGB: Kurzarbeitergeld in der Krise ausweiten
Die Eintrübung am Arbeitsmarkt beutelt die Bundesagentur für Arbeit. Der DGB im Land will dennoch ein altes Erfolgsmodell wiederbeleben.
Von Matthias Schiermeyer
Die Wirtschaftskrise verschlechtert die Beschäftigungssituation und damit auch die Kassenlage der Bundesagentur für Arbeit (BA). Nach dem Bruch der Ampelkoalition ist es für die Regierung jedoch deutlich schwieriger, mit Arbeitsmarktmaßnahmen auf die Eintrübung zu reagieren. Diese Notwendigkeit könnte vor allem bei der Kurzarbeit eintreten, die im Südwesten besonders stark nachgefragt wird.
Vorsorglich regt der Gewerkschaftsbund im Land in einem neuen arbeitsmarktpolitischen Papier an, die Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes auf 36 Monate auszuweiten. Branchen wie der Maschinenbau seien geprägt durch langfristige Zyklen, „sodass die geltende Bezugsdauer von zwölf Monaten teilweise nicht angemessen ist“, heißt es. Zudem „werden die zwölf Monate absehbar nicht ausreichen“, befürchtet DGB-Landeschef Kai Burmeister. Wahrscheinlich werde es bald Betriebe in Baden-Württemberg geben, die an diese Grenze stoßen werden.
„Quorum für Kurzarbeit auf zehn Prozent der Belegschaft absenken“
Auch hält es der DGB für „sinnvoll, dass das Quorum für Kurzarbeit auf zehn Prozent der Belegschaft abgesenkt wird“. Bisher muss mindestens ein Drittel der Beschäftigten im Betrieb vom Arbeitsausfall von mehr als zehn Prozent betroffen sein. Ferner wird eine Weiterentwicklung des Kurzarbeitergeldes für länger dauernde Transformationsphasen befürwortet. Und es wird angemahnt, „die Erneuerung industrieller Strukturen durch ein strukturpolitisch ausgerichtetes Kurzarbeitergeld zu unterstützen“.
Doch wer soll das zahlen? Die zerbrochene Bundesregierung ist zwar noch arbeitsfähig, kann mangels eigener Mehrheiten aber keine wichtigen Entscheidungen mehr treffen. Das erschwert die Finanzierung einer Ausweitung. Eine Erhöhung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung ist schon deswegen unrealistisch, weil die Wirtschaft dagegen Sturm laufen würde – und auch der DGB hält dies nicht für sinnvoll. So keimt die Idee, dass die Bundesregierung der Bundesagentur für Arbeit ein Darlehen gewähren könnte – wie schon im Jahr 2020 zur Finanzierung von Aufgaben rund um Kurzarbeit.
Rücklagen nur noch 2,8 Milliarden Euro
Jedenfalls sind die Rücklagen von knapp 26 Milliarden Euro Ende 2019 in der Coronakrise weggeschmolzen. Nun betragen sie noch 2,8 Milliarden Euro – Tendenz sinkend. Auch wegen der Kosten für Kurzarbeit und Arbeitslosengeld steuert die BA schon in diesem Jahr auf ein Minus im Etat zu. 2025 geht es möglicherweise nur noch mit einer Finanzhilfe aus dem Bundeshaushalt.
Ferner wenden politische Entscheider ein, dass man doch eher die Wechselfähigkeit der Beschäftigten erhöhen müsste, anstatt deren Verbleib in der alten Branche zu finanzieren. Der DGB setzt jedoch darauf, „dass für den nächsten Aufschwung ausreichend Fachkräfte in den Branchen zur Verfügung stehen“, wie es in dem Papier heißt.